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Brandenburg: Zu viel Sulfat: Stopp für Trinkwasser aus Spree Wegen Tagebaufolgen soll für Frankfurt (Oder) neue Quelle zur Wasserversorgung gesucht werden

Potsdam - Die Befürchtungen von Umweltbehörden sind eingetreten: Wegen steigender Sulfatbelastung als langfristige Folge des Braunkohleabbaus in der Lausitz müssen in Brandenburg erste Wasserwerke ihre Trinkwassergewinnung umstellen. Auch in Berlin, wo Trinkwasser durch Uferfiltration an der Spree gewonnen wird, könnte es dazu kommen.

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Potsdam - Die Befürchtungen von Umweltbehörden sind eingetreten: Wegen steigender Sulfatbelastung als langfristige Folge des Braunkohleabbaus in der Lausitz müssen in Brandenburg erste Wasserwerke ihre Trinkwassergewinnung umstellen. Auch in Berlin, wo Trinkwasser durch Uferfiltration an der Spree gewonnen wird, könnte es dazu kommen.

Bereits betroffen ist das Wasserwerk Briesen im Kreis Oder-Spreee, das auch Frankfurt (Oder) versorgt. Wie am Rande eines Besuchs der Grünen-Bundestagsfraktion dort in der vergangenen Woche bekannt wurde, soll in der Anlage mithilfe neu zu erschließender Grundwasserquellen künftig auf die Trinkwasser-Gewinnung aus der Spree verzichtet werden. Grund sind steigende Sulfatwerde. Jörg Gleisenstein, Fraktionschef der Grünen im Frankfurter Stadtparlament, sagte, dass der Bund, das Land Brandenburg, der Energiekonzern Vattenfall und der Frankfurter Wasserversorger endlich in konkreten und konstruktiven Gesprächen zur Lösung des Sulfatproblems für die kreisfreie Stadt seien. Die Grünen-Kreischefin von Oder-Spree, Daniela Setton, mahnte allerdings, dass das grundsätzliche Problem dennoch weiter bestehe.

Tatsächlich besteht das Problem schon einige Jahre. Nun sehen sich die Verantwortlichen genötigt, die Wassergewinnung umzustellen. Denn Sulfat lässt sich aus dem Wasser kaum herausfiltern. Auch in Berlin wird die Lage deshalb aufmerksam beobachtet. Dort wäre etwa das an der Spree gelegene Wasserwerk Friedrichshagen betroffen. Es müsste dichtmachen, falls die Grenzwerte von 240 Milligramm Sulfat je Liter in der Berliner Spree überschritten werden. Dieser Wert entspricht den Grenzwerten für Trinkwasser. Zu viel Sulfat im Trinkwasser führt zu Durchfall und Erbrechen.

Zudem drohen bei einem höheren Sulfatgehalt Korrosionsschäden im Leitungsnetz. Höhere Sulfatgehalte können zudem mittelbar zu verstärktem Algenwachstum in den Seen führen, die von der Spree durchflossen werden. Zudem tritt noch ein weiteres Problem auf, das teuer werden könnte: Erhöhte Sulfatkonzentrationen schädigen Betonbauwerke.

Die Behörden in Berlin, Brandenburg und Sachsen rechnen damit, dass die Sulfatbelastung der Spree bis 2015 noch einmal deutlich ansteigt. Im Jahr 2000 lag die Sulfatfracht in der Spree nach einer Behördenstudie aus Sachsen knapp über 80 Tonnen pro Jahr. Bis 2015 könnte die Sulfatbelastung nach einer internen Untersuchung des Regierungspräsidiums Dresden auf mehr als 130 000 Tonnen anwachsen. In einer Studie für Brandenburgs Landesregierung heißt es, die Sulfat-Konzentrationen könne „bis 2018 auf einen Höchststand“ stiegen. Das lasse „befürchten, dass die kritische Schwelle der Sulfatkonzentration im Zulauf nach Berlin in wenigen Jahren zumindest zeitweilig überschritten werden könnte“.

Der hohe Sulfatgehalt ist neben der Braun- oder Rotfärbung eine Folge des fast hundertjährigen Wirkens bergbaubedingter Entwässerungsanlagen im Lausitzer Braunkohlerevier: In den tertiären Bodenschichten lagern die Mineralien Markasit und Pyrit, das sogenannte Katzengold. Durch den Abbau der Braunkohle, für den das Grundwasser abgesenkt wird, kommen die Mineralien mit Luftsauerstoff und Wasser in Kontakt. Dadurch entstehen Eisenhydroxid und Sulfat. Wo Tagebaugruben stillgelegt wurden, steigt das Grundwasser wieder an und verfrachtet Säure, Eisen und Sulfat in die Oberflächengewässer. Aber auch aus den noch aktiven Tagebauen von Vattenfall gelangen diese Stoffe über sogenannte Sickerwassereinträge in Flüsse. Betroffen sind unter anderem die Spree, die Kleine Spree und die Schwarze Elster.

Alexander Fröhlich

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