Von Alexander Fröhlich: Zukunft des Bombodroms weiter offen
Platzeck: Entwicklung des Areals dauert Generationen. Bund soll Munitionsberäumung bezahlen
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Rheinsberg – Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat die künftige schwarz-gelbe Bundesregierung aufgefordert, nun verbindlich auf die militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide bei Wittstock im Landes-Norden zu verzichten. Zudem warnte er am Donnerstag in Rheinsberg bei einem Gespräch mit den Vertretern zweier Initiativen, die 17 Jahre gegen die Pläne der Bundeswehr für das sogenannte Bombodrom gekämpft hatten, den Bund davor, Waldflächen auf dem 14 000 Hektar großen Areal zu privatisieren. Es dürfe keine Einschränkungen bei der zivilen Nutzung des Geländes und „keine Entscheidung gegen die Region“ geben. Platzeck bezog sich dabei auf den vorläufigen Entwurf für den rot-roten Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung in Potsdam. Darin werde die Bundeswehr auch aufgefordert, den früheren sowjetischen Truppenübungsplatz von Munition zu beräumen.
Tatsächlich ist die Zukunft der Heide noch völlig ungewiss. Dabei hatte Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) bereits im Juli den Verzicht auf den Übungsplatz erklärt. Was auf dem nahezu unberührten Areal mit einer erstaunlichen Naturvielfalt geschehen soll, dafür gibt es aber noch keine konkreten Pläne. Im Gespräch ist bisher etwa ein Naturschutz-Projekt wie in der Döberitzer Heide nördlich von Potsdam, wo die Heinz Sielmann Stiftung auf einem ebenfalls schwer mit Munition belasteten Übungsplatz der Sowjets eine Wildtierlandschaft und ein Naturerlebnisgelände entwickelt und sich zugleich an der Beräumung beteiligt. Außer Frage steht bei Bürgerinitiativen, Lokalpolitik und Landesregierung sanfter Natur- und Radtourismus. Auch Anlagen für Solarenergie und Windkraft werden zumindest in Teilbereichen des Geländes als möglich erachtet.
Platzeck zeigte sich in Rheinsberg aber zurückhaltend, ob und wann sich die Bundeswehr zu ihren Plänen für die Heide sowie zu einem endgültigen Verzicht äußert: „Da bin ich sehr vorsichtig geworden.“ Auf jeden Fall müsse es aber ein Gespräch mit Vertretern des Bundes und aus der Region geben. Denn zwischenzeitlich hatte die Bundeswehr sogar mit Spekulationen über Übungen mit Bodentruppen für Unruhe in der Region gesorgt. Platzeck mahnte allerdings zu Geduld: „Wir haben unser Ziel erreicht, die Zeit drängt nicht mehr.“ Er bezeichnete es jedoch als „Generationenaufgabe“, die Heidelandschaft für Anwohner und Touristen wieder zugänglich zu machen. Mindestens 15 Jahre werde die Munitionsräumung dauern, sagte der Kommandant des Wittstocker Bundeswehrstandortes, Thomas Hering den PNN. Er rechnet mit 1,5 Millionen Blindgängern – Bomben, Granaten, Minen. Vor einigen Jahren waren Kosten von 220 Millionen Euro dafür veranschlagt worden. Zum weiteren Vorgehen bei der Räumung hieß es aber, die Bundeswehrverwaltung warte vorerst noch auf eine Entscheidung des neuen Bundesverteidigungsministers. Übrigens war das Treffen in Rheinsberg ein Festessen, Platzeck hatte die Bürgerinitiative Freie Heide und die Unternehmervereinigung Pro Heide dazu eingeladen – als Dank für deren Engagement. Die Initiativen hätten gezeigt, was in einer Demokratie möglich sei. „Bürger können sich gegen Entscheidungen von oben durchsetzen.“
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