Von Alexander Fröhlich: Zuzugsgebiete für Grüne und FDP wahlentscheidend
Vor allem im westlichen Umland sind sie stark / Die Linke liegt dort deutlich unterm Landesschnitt
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Falkensee – Für die FDP, noch stärker für die Grünen entscheidet sich die Landtagswahl in Brandenburgs am kommenden Sonntag im Speckgürtel rund um Berlin. SPD und CDU haben hier bei verschiedenen Wahlen in den vergangenen Jahren Stimmenanteile verloren, Liberale und Grüne hinzugewonnen. Zum Beispiel Falkensee am westlichen Stadtrand von Berlin. Es ist eine der Boomregionen Brandenburgs, die Zahl der Einwohner hat sich seit 1990 fast verdoppelt, im Frühjahr stieg sie erstmals über 40 000. Im Rathaus wird in 20 Jahren mit 50 000 Einwohnern gerechnet. Durch den Zuzug von Familien und aus den alten Bundesländern, vor allem vom früheren Regierungssitz in Bonn, hat sich auch die Wählerschaft stark verändert.
Besonders auffällig: In Falkensee sind die Grünen kommunalpolitisch drittstärkste Kraft noch vor der Linken, sogar ein schwarz-grünes Bündnis gab es bis 2008 im Stadtparlament. Die aus Schöneberg Mitte der 1990er Jahre in die Gartenstadt gezogene Medizinerin Ursula Nonnemacher (52) tritt hier als Direktkandidatin an und hat prominente Konkurrenz: Für die SPD will hier Finanzminister Reiner Speer das Direktmandat holen, für die Christdemokraten geht die frühere Landes-Justizministerin und Partei-Vizechefin, Barbara Riechstein ins Rennen. Schon bei der Wahl 2004 hatte Riechstein in dem Wahlkreis, zu dem neben Falkensee auch Dallgow-Döberitz und Schönwalde-Glien gehören, mit 31 Prozent der Stimmen knapp vor der SPD den Sitz im Landtag gewonnen. Stimmverluste von bis zu sieben Prozent gab es aber für beide Parteien. Und die Linke liegt hier deutlich unter ihrem Landesdurchschnitt.
Im Aufwind dagegen sind Liberale und Grüne, schon bei der Landtagswahl 2004 hatten sie ihre Ergebnisse verdoppelt, die Grünen kamen auf 7,8 Prozent, die FDP auf 4,1 Prozent. Für die Grünen dürfte es aber auch diesmal richtig eng werden, nach den jüngsten Umfragen wollen fünf Prozent der Wähler die Partei nach 15 Jahren Abwesenheit wieder im Landtag sehen. „Wir sind nicht in der Fläche stark“, sagt Ursula Nonnemacher, die nach den aktuellen Prognosen der Wahlforscher über ihren Listenplatz ins Landesparlament kommen dürfte. „Wenn wir in den Landtag wollen, müssen wir an solchen Orten wie Falkensee Punkte machen, dort wo wir stark und verankert sind.“ Es war vor allem der Protest gegen eine Umgehungsstraße durch die Stadt, der die Partei in Falkensee stark gemacht hat. Daneben ist der Anschluss der S-Bahn nach Spandau ein Thema. Wie die Grünen meint auch der FDP-Mann Thorsten Bathmann (36): „Wir sind für die S-Bahn, aber nicht auf Kosten des Regionalverkehrs.“ Denn sollte der Anschluss kommen, so würde die Regionalbahn nach Berlin seltener Fahrern, der Weg zur Arbeit in die Hauptstadt länger dauern – auch für Bathmann, der in Berlin für einen Industrieverband arbeitet. Daneben setzen FDP und Grüne vor allem auf Bildungspolitik. „SPD und CDU haben auf diesem Feld viel kaputt gemacht, die Leute sind enttäuscht“, sagt Bathmann und berichtet von Übertritten aus der CDU in seine Partei.
Behalten die Wahlforscher mit ihrer Vorhersage von sieben Prozent für die FDP recht, ist Bathmann ein Sitz im Landtag über die Landesliste sicher. „Bei den Europawahlen haben wir hier 8,8 Prozent erreicht. Das wollen wir am Sonntag wieder schaffen“, sagt der in Spandau geborene und in Bayern aufgewachsene Liberale. Auch er weiß um die Stärke seiner Partei besonders in Berlin-nahen Städten wie Falkensee. „Wir liegen hier zwei bis drei Prozent über dem Landesdurchschnitt.“ Gegenüber den Grünen sieht er aber einen Vorteil: „Wir waren nach 1990 in Brandenburg vor allem ländlich geprägt und sind in der Kommunalpolitik stark. Das Problem ist der Sprung auf die Landesebene.“
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