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Spielstraße. Die Thaerstraße wird zunehmend als Abkürzung genutzt.

© J. Bergmann

Verkehr in Potsdam: Abkürzung Anliegerstraße

Immer mehr Autofahrer suchen Schleichwege im Berufsverkehr. In Bornstedt wächst deshalb die Angst vor Rasern, zum Beispiel in der Thaerstraße. Die ist eigentlich als Spielstraße ausgewiesen, was manche Autofahrer aber wenig kümmert.

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Potsdam - Spielende Kinder auf der Straße – in vielen Potsdamer Anliegerstraßen ist das ein typisches Bild. Doch viele Eltern sehen ihren Nachwuchs zunehmend durch Raser bedroht – weil immer mehr Autofahrer im staugeplagten Potsdam Anliegerstraßen als Alternativrouten im Berufsverkehr für sich entdecken und dabei – wohl auch aufgrund blank liegender Nerven – Tempolimits gern außer Acht lassen. Der Ruf nach Konsequenzen wird inzwischen lauter: In der Bornstedter Thaerstraße beispielsweise fordern jetzt immer mehr Anwohner, dass auf der Fahrbahn Bodenwellen installiert werden. Die Stadtverwaltung reagiert allerdings zurückhaltend.

"Manche rasen hier wie die Bekloppten"

Auf den ersten Blick ist die Thaerstraße eine typische Anliegerstraße mit vielen Reihenhäusern und Doppelhaushälften, eine von vielen Straßen dieser Art in Potsdam – und sie ist sogar als Spielstraße ausgewiesen. Dort gilt eigentlich Schrittgeschwindigkeit. Allerdings berichteten mehrere Anwohner den PNN, dass viele Autofahrer die Straße gerade im Feierabendverkehr als Abkürzung nutzen, um vom zähfließenden Verkehr in der Potsdamer Straße schnell in die Amundsenstraße zu kommen. „Manche rasen hier wie die Bekloppten“, sagt eine Anwohnerin. Gefährlich sei das vor allem, weil viele dort lebende Kinder auch auf der Spielstraße spielen. Die Sorge der Eltern: Die Autofahrer könnten nicht mehr schnell reagieren, wenn sie ein gewisses Tempo erreicht haben.

Inzwischen haben sich Anwohner Hilfe bei Peter Schultheiß von der Wählergruppe Potsdamer Demokraten gesucht, der als Einzelstadtverordneter gerade in die SPD-Fraktion gewechselt ist. Der Kommunalpolitiker hat das Problem in einer Kleinen Anfrage der zuständigen Bau- und Stadtplanungsverwaltung geschildert. Die Antwort ernüchtert: Erhebliche Gefahren seien nicht bekannt – auch nach Rücksprache mit der Polizei und in Bezug auf die Unfallstatistik. Die Beschwerdelage aus der Thaerstraße sei im Vergleich zu anderen Wohngebieten gering. Mit dem Verweis auf geringe Unfallzahlen waren auch in den vergangenen Monaten anderswo in Potsdam Vorstöße von Anwohnern und aus der Politik gescheitert, zum Beispiel in Straßen mit Tempo 50 eine 30er-Geschwindigkeitszone einzurichten (PNN berichteten).

Keine weiteren Maßnahmen in der Thaerstraße

In der Thaerstraße könnten laut Stadtverwaltung aus verkehrsrechtlicher Sicht keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden, etwa durch das Aufstellen von mehr Verkehrsschildern oder zusätzlicher Hinweise. Dies sei laut der Straßenverkehrsordnung nicht anordnungsfähig, ein Schild muss stets reichen. Zugleich erklärt die Bauverwaltung, dass „etwaige subjektive Gefahrenmomente“, wie sie von den Bewohnern wahrgenommen werden, „fast ausschließlich von benachbarten Anliegern verursacht werden“. In Aussicht gestellt wird lediglich, dass mehr Geschwindigkeitsüberwachungen durchgeführt werden könnten. Auch solle regelmäßig vom Ordnungsamt kontrolliert werden, ob Hecken in der etwas verwinkelten Straße so zurückgeschnitten werden, dass die Sicht auf den Verkehr nicht eingeschränkt wird.

Schultheiß reicht diese Antwort zur Thaerstraße nicht. In einer weiteren Anfrage will er wissen, ob dem Wunsch von Anliegern entsprochen werden könne, Bodenschwellen in geeigneten Abständen anzubringen, um Anwohner und Fremde an das Einhalten der Geschwindigkeitsbegrenzungen zu erinnern.

Anwohner sollen sich selbst helfen

Dazu teilte Stadtsprecher Jan Brunzlow jetzt auf PNN-Anfrage mit, die Thaerstraße sei ohnehin schon durch Engstellen verkehrsberuhigt worden. Grundsätzlich sei der Einbau von Bodenschwellen zwar möglich, allerdings habe das Auswirkungen auf den Rettungsdienst im Notfall. Ebenso verweist die Bauverwaltung darauf, dass grundhafte Umbaumaßnahmen mit einer Umlage nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) verbunden wären, die Anwohner also dafür zahlen müssten. Brunzlow sagte zudem, dass Bodenschwellen aus Sicht der Behörde nicht grundsätzlich Einfluss auf das Verkehrsverhalten hätten, sie sorgten bei Rasern nur kurzfristig für geringere Geschwindigkeiten.

Der Stadtsprecher ermunterte die Anwohner zur Selbsthilfe: Vielleicht sei es sinnvoll, die Fahrer vor Ort auf die Situation aufmerksam zu machen, etwa mit eigenen Hinweisschildern. Laut Schultheiß hätten die Anwohner solche Maßnahmen längst ergriffen, „leider ohne dauerhaften Erfolg“. Und eine Anwohnerin sagt: „Wir haben alle Angst, dass etwas passiert.“

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Wo Kinder spielen, dürfen Raser keine Chance haben. Ein Kommentar >>

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