Von Henri Kramer: Alles anders
Junge Afrikaner haben bei einem Theaterprojekt in Brandenburg auch eine Potsdamer Schule kennen gelernt
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Schule kennt David Ameme anders. Der 16-jährige Junge aus dem westafrikanischen Land Togo wirkt schon ein wenig erstaunt, als er den Kreis mit rund 15 Stühlen sieht, der da vor ihm in einem Klassenraum der Montessori-Oberschule in Potsdam-West steht. „Bei uns sitzen immer etwa 80 Schüler in einer Klasse“, sagt David.
An diesem Montag hat er noch einige Gründe sich zu wundern – und mit ihm die 20 Jahre alte Johanna Eloh, ebenso aus Togo, und der 17-jährige Wilfried Adeniyi aus dem Nachbarland Benin. Denn anders als in Potsdam gäbe es in ihren Heimatländern kaum Unterrichtsmaterialien, auch Labore für Chemie oder Physik seien dort unbekannt, erzählen die drei Afrikaner. Internet besitzen ihre Heimatschulen auch nicht. Und die Art, wie die Jungen und Mädchen an der Montessori-Schule in Gruppen gemeinsam lernen, kennen sie ebenso nicht von zu Hause. „Wir sitzen vor unserem Lehrer und hören zu“, so David.
Viele solcher Erfahrungen hat David in den vergangenen zwei Wochen machen können. Zusammen mit 17 anderen Schülern, fünf Lehrern aus Afrika und einem Dutzend Jugendlicher aus Deutschland hat er an einem Treffen in Päwesin bei Brandenburg (Havel) teilgenommen, bei dem sie gemeinsam ein improvisiertes Theaterstück einstudiert haben. Bezahlt hat dieses Projekt mit dem Namen „Sprach-Fluss“ das Bundesaußenministerium im Zuge der Austausch-Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“. Der Tag in Potsdam ist dabei das letzte Erlebnis einer zweiwöchigen Tour, die auf die jungen Afrikaner offenbar viel Eindruck gemacht hat.
Denn auch von der Zeit in Päwesin – untergebracht waren sie dort in Bungalows – können David, Johanna und Wilfried viel erzählen. Wie sie dort zusammen gesungen, geprobt, improvisiert, abends am Lagerfeuer gesessen haben. Und wie sie dann in Berlin in der Akademie der Künste letztendlich ihr Stück aufgeführt haben. Mit viel Beifall.
Die drei jungen Afrikaner wirken begeistert, wenn sie darüber berichten. Doch sollte die Zeit ihnen nicht nur Spaß machen. „Das Ziel war eigentlich, dass die Schüler ihre Sprach-Fähigkeiten entscheidend verbessern“, sagt Edda Holl, die Leiterin des Programms. Denn mit dem Projekt sollten die Schüler die Erfahrung machen, Sprachen lustvoll zu lernen, einzig zum Zweck des Kommunizierens mit anderen Menschen, so Holl.
Bei David, Johanna und Wilfried hat das funktioniert, sie merken, dass ihnen Deutsch nun leichter fällt. Denn zwar besitzen sie noch einen starken Akzent, doch formulieren sie ohne große Mühe. Und so kann beispielsweise David sagen, dass ihm die Pünktlichkeit der Verkehrsmittel in Deutschland sehr zusagt. Und ihm nicht gefällt, dass nicht jeder Deutscher andere Personen wirklich herzlich begrüßt. Das kennt er anders.
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