Landeshauptstadt: Äpfel statt Kuchen?
Projekt zur gesunden Ernährung an Grundschulen soll Obst und Gemüse populärer machen / Jedes fünfte Kind ist zu dick
Stand:
Projekt zur gesunden Ernährung an Grundschulen soll Obst und Gemüse populärer machen / Jedes fünfte Kind ist zu dick von Patrick Steller Aus einem großen Weidenkorb ziehen die Schüler der 4a Stück für Stück bekannte Obst- und Gemüsesorten heraus. Sophia hat plötzlich eine große, dunkle Frucht mit glatter Schale in der Hand. Es sieht aus wie eine verkohlte Birne, doch „das ist eine Aubergine“, errät sie und muss dieses schwierige Wort auch noch an die Tafel schreiben. Oberdschine - mit etwas Hilfe findet sie dann doch die Buchstaben. Ihre Mitschüler sind froh, dass sie nicht an der Tafel stehen. Die 29-jährige Anja Smolibocki ist zwei Tage lang an der Grundschule Eiche zu Gast. Jeweils zwei Schulstunden gestaltet sie im Rahmen des Ernährungsprojektes „5 am Tag“ für zwei dritte und zwei vierte Klassen. „5 am Tag“ - gemeint sind fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag. Diese würden sich positiv auf die Gesundheit auswirken und dabei helfen, Krankheiten zu vermeiden. In einer Zeit, in der jedes fünfte Kind in Deutschland zu dick ist, führt der Weg zwangsläufig in die Klassenzimmer. Äpfel, Bananen, Brokkoli, Gurken, Paprika, Weintrauben - all das und noch mehr ist nun fein säuberlich nach Farben angeordnet auf dem Boden ausgebreitet. „Wie groß ist denn eine Portion?“, fragt Smolibocki, die studierte Ernährungsberaterin von der Brandenburgischen Krebsgesellschaft, in die Runde. Aus einem großen Einwegglas schüttet sie Linsen in die kleinen Hände von Sarah und als Vergleich auch in die Lehrerhände von Brigitte Lukaschek. „Eine Portion ist für jeden anders, also das, was in die Hand passt“, beantwortet Smolibocki ihre Frage. Für Sarah wären fünf, sechs Weintrauben ungefähr genauso ausreichend, wie eine Orange für die Lehrerin. Als alles Obst und Gemüse aus dem Korb herausgenommen ist, öffnet Anja Smolibocki die Tafel. Eine mit Kreide gezeichnete Landschaft kommt zum Vorschein. Luka hat eine Gurke in der Hand und muss sich entscheiden, wo diese wachsen. „Auf dem Baum?“, fragt er und erträgt das Gelächter seiner Mitschüler mit Fassung. Natürlich wachsen Gurken an Stauden über dem Boden. Auch bei Luisa gibt es noch Wissenslücken. So überlegt sie länger, ob Tomaten eine Obst- oder eine Gemüsesorte sind. „Das Projekt ,5 am Tag’ wird seit Herbst letzten Jahres auch in Brandenburg betrieben“, erzählt Anja Smolibocki. Ursprünglich käme es aus Amerika und werde in anderen Bundesländern schon mehrere Jahre praktiziert. Sie bedauert, dass sie das Projekt erst in fünfzehn Klassenzimmern durchgeführt hat. In Niedersachsen sei eine feste Stelle mit ungefähr hundert Terminen pro Jahr besetzt. In Brandenburg sei für das von der Barmer Krankenkasse finanzierte Projekt nicht soviel Budget vorhanden. „Dass unsere Kinder aber immer dicker werden ist mir noch nicht aufgefallen - aber vielleicht sind auch fünfzehn Klassen noch nicht wirklich aussagekräftig“, sagt Smolibocki. Auch in der 4a gibt es keinen richtig dicken Schüler. „Es gibt aber einige, die Kuchen anstatt Äpfel in der Brotbüchse mitbringen“, erzählt die Klassenlehrerin. Deshalb verteilt Smolibocki ein Umfrageblatt, um später einmal eine Statistik zu erstellen. Die Kinder sollen Kreuze für jede Portion Obst oder Gemüse, das sie gestern gegessen hatten, machen. Luka gesteht leicht verschämt, dass er am Tag zuvor vergessen hat, Obst zu essen. „Wir gehören ja zum Verbund der gesundheitsfördernden Schulen“, erzählt Brigitte Lukaschek. Deswegen würden oft Projekte zur gesunden Ernährung in dieser Grundschule stattfinden. Zum Schluss gibt es noch eine Urkunde für die Wand im eigenen Kinderzimmer, damit die Viertklässler auch immer wieder daran erinnert werden - da war doch was?! Ach ja: „Fünf am Tag macht fit und gesund!“ Es darf natürlich auch etwas mehr sein. Interessierte Schulen wenden sich an die Brandenburgische Krebsgesellschaft, Tel. (0331) 864 806.
Patrick Steller
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: