Groß Glienicke: Arbeiten am Haus Alexander schreiten voran
Zum Clean-up-Day am Alexander-Haus in Groß Glienicke kamen am Samstag etwa 80 Besucher. Die Sanierungsarbeiten am Gebäude schreiten voran – am Jahresende soll die Sanierung abgeschlossen sein.
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Potsdam - Es ist ein Ort der Hoffnung und des Aufbruchs, ein Platz, an dem sich künftig Menschen unterschiedlicher Kulturkreise und Religionen austauschen sollen. Doch momentan wird das Alexander-Haus in Groß Glienicke noch baulich runderneuert. 1927 hatte der damals bekannte Berliner Arzt Alfred Alexander das Holzhaus als Sommerdomizil für sich und seine Familie erbauen lassen. Nun soll hier ein Ort des interreligiösen Dialogs entstehen (PNN berichteten).
Zum inzwischen schon traditionellen Clean-up-Day am vergangenen Samstag waren wieder viele Menschen aus Groß Glienicke und andernorts sowie Angehörige der Familie Alexander gekommen, um im Garten des Anwesens zu arbeiten - und wohl auch, um mit ihrer Präsenz das zukunftsweisende Vorhaben an diesem geschichtsträchtigen Ort zu unterstützen. Zugleich wurde der 90. Geburtstag des 1927 errichteten Hauses gefeiert. Allein am Samstagmittag dürften es um die 80 Besucher gewesen sein, die zu dem Anwesen zwischen Potsdamer Tor und Groß Glienicker See gekommen waren. Etwa 15 der erschienenen Besucher gehören zur Familie Alexander, darunter der britische Autor Thomas Harding, der mit seinem Buch „Sommerhaus am See“ die Geschichte dieses Anwesens einem internationalen Publikum bekannt gemacht hat.
An manchen Ecken kommt altes Zeitungspapier zum Vorschein
Derzeit sind im Haus die Bauleute am Werk. „Das sieht natürlich noch relativ wüst aus“, sagt Moritz Gröning vom Vorstand des Vereins Alexander-Haus über den jetzigen Zustand des Holzgebäudes. Das Dach ist bereits neu gedeckt. An den Außenwänden wurde im unteren Bereich die Holzbeplankung ausgetauscht, doch die Wände im Innern der Räume harren noch ihrer Sanierung. Teilweise fehlt die innere Holzverkleidung. An manchen Ecken kommt das Zeitungspapier zum Vorschein, das die Erbauer damals benutzten, um damit ein Herausrieseln der als Dämmung verwendeten Holzspäne zu verhindern. Elektrik, Wasser, Heizung – all das soll funktionieren, wenn, so ist die Hoffnung der Initiatoren, am Jahresende die Sanierung des Holzhauses abgeschlossen sein wird. Bauherr ist der Verein Alexander-Haus unter dem Vorsitz von Thomas Harding. Kürzlich hat der Verein eine langfristige Nutzungsvereinbarung mit der Stadt Potsdam als Grundstückseigentümerin abgeschlossen (PNN berichteten).
Fachlich betreut werden die derzeitigen Bauarbeiten vom Berliner Architekten Andreas Potthoff. Auch die Denkmalpflege ist eingebunden. „Richtigen Hausschwamm haben wir nicht gefunden, aber so ein paar Pilze und Schimmel“, sagt Potthoff. Die größten Holzschäden seien durch Ameisen entstanden. Das Vorhaben wird finanziert durch öffentliche deutsche Mittel und Spenden von Privatpersonen sowie Stiftungen aus dem Ausland. Für die erforderlichen Voruntersuchungen und die bisherigen Arbeiten in den vergangenen Monaten sind nach Angaben von Gröning schon circa 70 000 Euro investiert worden. Weitere 200 000 Euro werden nach seiner Schätzung mindestens noch folgen müssen, damit das Haus wieder intakt ist und als Ort der Begegnung genutzt werden kann. Und als Ort der Erinnerung.
Angehörige von Alfred Alexander kamen nach Groß Glienicke
Denn das Anwesen ist untrennbar verbunden mit einem fürchterlichen Kapitel deutscher Geschichte, der Verfolgung und Vernichtung der Juden unter den Nazis. Der einstige Hausherr Alfred Alexander, der auch Präsident der Berliner Ärztekammer war, konnte mit seiner engeren Familie noch nach Großbritannien emigrieren, andere Verwandte wurden von den Nazis umgebracht. Unter den Besuchern beim Clean-up-Day am Samstag waren neben Alfred Alexanders Urenkel Thomas Harding auch dessen Vater Frank sowie der 82-jährige Peter Sussmann, ein Enkel Alfred Alexanders. Er habe zwar keine eigenen Erinnerungen an die Vorkriegszeit in Groß Glienicke, berichtete Sussmann am Rande des Clean-up-Days. Aber seine Mutter Bella, die 1911 geborene älteste Tochter Alfred Alexanders, habe ihm öfter von dieser Zeit erzählt. Sussmann wurde 1934 bereits in England geboren. Denn sein Vater Harold Sussmann war ein Engländer, der als junger Mann nach Deutschland gekommen war, um das deutsche Bankwesen näher zu studieren und Deutsch zu lernen, erzählte Sussmann. Und hier lernte Vater Harold schließlich Anfang der 1930er-Jahre auch seine spätere Frau Bella Alexander kennen, mit der er dann in England lebte. Peter Sussmann sagt, als Kleinkind sei er – den Familienberichten zufolge – sogar noch mit seiner Mutter auf dem Anwesen in Groß Glienicke zu Besuch gewesen. Doch bereits 1936 emigrierten Alfred Alexander und seine Ehefrau Henny nach Großbritannien.
Seine Mutter Bella habe die Ruhe auf dem Sommersitz in Groß Glienicke geschätzt. „Das Leben hier im Dorf war sehr frei“, so berichtete ihm einst seine im Jahre 2000 verstorbene Mutter, erzählte Sussmann. An die damaligen Zeiten erinnerte am Samstag im Haus auch eine kleine Ausstellung mit historischen Fotos. Ortsgeschichtlich interessant dabei: Eine Aufnahme zeigt einen Steg, der unterhalb des Alexander-Hauses auf den Groß Glienicker See führte.
In den nächsten Jahren soll auf dem Grundstück – wie berichtet – noch ein Seminarhaus entstehen. Hier werden die Besucher künftig auch übernachten können. Das Anwesen solle so ein Platz werden „für Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, verschiedenen Religionen und eigener Geschichte“, sagte Thomas Harding.
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