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Gebannt. Überall auf der Welt verfolgen auch junge Menschen die dramatischen Ereignisse um den möglichen Super-GAU eines japanischen Atomkraftwerks. In Potsdam bereiten nun Jugendlichen und junge Erwachsene vielfältige Aktivitäten vor, um auf die Katastrophen, die Japan heimgesucht haben, zu reagieren.

© dpa

Von Henri Kramer: Atom-Fragen

Zwei Benefiz-Veranstaltungen stehen schon: Wie junge Potsdamer auf die Katastrophe in Japan reagieren

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Ein wenig ärgert sich Juliane Riedel über sich selbst: Zwar war sie privat immer schon für den Umweltschutz engagiert – aber wirklich mit Nachdruck setzt sich die 32-jährige erst jetzt für den Kampf gegen Atomkraft ein. Die Bilder des havarierten Kernkraftwerks von Fukushima in Japan haben den Ausschlag gegeben. „Leider ist es oft so, dass sich die Augen erst öffnen, wenn etwas wirklich Blödes passiert.“ Innerhalb kurzer Zeit hat die Lindenpark-Sprecherin zusammen mit anderen aus dem Haus zwei Benefizveranstaltungen für die Opfer der Katastrophen in Japan und gegen die Nutzung von Atomkraft auf die Beine gestellt – bei denen sich gerade junge Potsdamer noch mit einbringen können. „Dazu kann sich noch jeder bei uns melden“, sagt Juliane Riedel.

Die erste Benefiz-Veranstaltung findet schon am Samstag statt. Dann lädt der Lindenpark zur „Spendenboxparty“ mit DJ Moses ein. Dabei soll zu Indie, Rock und Pop getanzt werden – und wer will, soll einen Spendentaler in die Box beim DJ werfen. „Sämtliche Spendenbox-Einnahmen werden an das Deutsche Rote Kreuz gespendet und speziell für in Not geratene Kinder eingesetzt“, sagt Juliane Riedel. Das Programm und auch die Spendeneinnahmen sollen in der Woche darauf am Samstag, dem 26. März, noch wesentlich größer ausfallen: Alle Einnahmen aus den Ticketpreisen von acht Euro sind für Japan gedacht. Bisher als Einheizer für den Abend bestätigt sind die DJs der Elektro-Tanzlärmer von „Groove Inferno“ und „Kutron Francuccis“. Als außergewöhnliche Gäste werden zudem die Torpedo Boyz aus Berlin erwartet, die 2009 den US-amerikanischen Independent Music Award in der Kategorie „Best Electronica“ gewonnen. Nicht nur ihr Sound und ihre bizarren Bühnen-Outfits machen sie an dem Abend besonders – zwei der fünf Musiker stammen aus Japan. „An Potsdamer Bands für den Abend sind wir noch dran“, sagt Organisatorin Riedel, die zudem noch Einrichtungen und Vereine in das Benefiz einbinden möchte, die die Themen Katastrophenschutz und Anti-Atom-Bewegung am Rande der Veranstaltung inhaltlich ausfüllen können. „Bisher gibt es auf meine Anfragen aber leider noch keine Rückmeldungen.“ Doch gerade auf Fakten basierende Angebote seien ihr wichtig, erklärt Juliane Riedel: „Es geht nicht nur darum, sich jetzt mit der eigenen Angst auseinanderzusetzen. Vielleicht führen die aktuellen Ereignisse auch dazu, das eigene Leben zu überprüfen – und wenn es nur ums Energiesparen geht.“

Seiner Sache im zeitaufwändigen Streiten gegen Atom ist sich Christian Gammelin schon länger sicher. „Damit bin ich aufgewachsen“, sagt der 21-jährige Student der Rechtswissenschaften. Seine Mutter habe als Umweltjournalistin regelmäßig über die „Lügen“ in der Atompolitik berichtet. Insofern hilft er auch jetzt in Potsdam bei der Organisation der Anti-Atomdemonstrationen in der Landeshauptstadt, verschickt dazu E-Mails, macht Werbung an der Universität. Sowieso ist er ständig mit Umwelt-Themen befasst: In der AStA-Studentenvertretung ist Gammelin für das Referat „Ökologie & Nachhaltigkeit“ zuständig. Ihm ist solches Engagement wichtig: „Ich will mit sicher stellen, dass unser Planet auch nach den nächsten hundert Jahren nicht untergeht.“ Dieses langfristige Denken und die Erkenntnis, dass jeder mit seinem Verhalten die Umwelt beeinflussen könne, komme ihm oft zu kurz – und das fängt für Christian Gammelin damit an, „dass rein vegetarisches Essen in der Uni-Mensa immer noch belächelt wird“.

Bei Tino Fischer haben die Ereignisse in Japan nur wenig an der Einstellung zum Thema Atomenergie verändert. Der 22-Jährige ist Chef der Jungen Union in Potsdam. Auch vor Japan habe er die Ansicht vertreten, dass das Abschalten der deutschen Kernkraftwerke parallel zum Ausbau der regenerativen Energien geschehen müsse, um den Strompreis stabil zu halten und die Energieversorgung zu sichern. Allerdings sei es gut, die Atomanlagen nun noch einmal auf ihre Sicherheit hin zu überprüfen. Das sofortige Herunterfahren der Kernkraftwerke aber lehnt Tino Fischer strikt ab: „Es wäre blanker Hohn, abzuschalten und den Strom aus unsicheren Atomanlagen aus unseren Nachbarländern zu beziehen.“ Insofern wird Tino Fischer heute auch nicht zur Anti-AtomDemonstration ab 18 Uhr am Luisenplatz gehen.

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