zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Auch „leiser Lärm“ gesundheitsschädlich

Fluglärmgegner diskutierten bei Info-Veranstaltung in Groß Glienicke

Stand:

Groß Glienicke - Auch Groß Glienicke und Kladow werden in Zukunft von Fluglärm bedroht sein, wenn die Flugrouten des künftigen Großflughafens in Schönefeld (BER) so kommen werden wie geplant. „Anflüge in bis zu 800 bis 1800 Metern Höhe und Abflüge in 2000 bis 3000 Metern Höhe sind wahrscheinlich“, sagte Achim Haid-Loh von der Bürgerinitiative „Schützt Potsdam“ gestern auf einer Informationsveranstaltung in Groß Glienicke.

Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) informierte die rund 50 bis 60 Gäste über den aktuellen Sachstand. Dabei stellte sie die Empfehlungen vor, welche die Fluglärm-Kommission der Deutschen Flugsicherung (DFS), die über die Flugrouten entscheidet, machen will: Ein Nachtflugverbot von 22.00 bis 6.00 Uhr, eine Erhöhung der Start- und Landegebühren in Randzeiten und eine Ablehnung des BBI als internationales Drehkreuz.

Empfohlen wurde auch die Flugroute, die entlang dem Autobahnring A10 um Potsdam herum führt und einen Freigabe-Punkt auf über 3000 Metern Höhe (etwa über dem Autobahndreieck Werder) vorsieht, ab dem Flugzeuge von der Route abweichen und „auffächern“ dürfen. Mit etwas „Feintuning“ sei diese Route „juristisch unschlagbar“, sagte Haid-Loh. Realistische Chancen zur Umsetzung sieht er trotzdem nicht. Grund seien Sicherheitsbedenken, da es zu Stauungen und Kollisionen kommen könnte, wenn die Flugzeuge so lange auf einer festgelegten Route bis zu einem bestimmten Punkt fliegen müssten, ab dem sie erst auffächern dürften.

Unklar blieb, wie laut die Lärmbelastung in Zukunft wirklich werden könnte. Ein Anwohner sagte, dass bei Flugzeug-Dezibelmessungen in Gewässernähe in der Gegend um Groß Glienicke fast immer 60 Dezibel überschritten worden seien. „Die Seen wirken wie eine Philharmonie“, bestätigte Haid-Loh. Schätzungen der Lärmkommission gehen eher von einer Belastung von 40 bis 50 Dezibel für den Raum Potsdam aus.

Dass auch „leiser Lärm“ gesundheitsschädigend sein könne, darauf wies der Mediziner Dr. Christoph Brodel hin: Auch bei unbewusstem Hören, wie etwa im Schlaf, könne „leiser Lärm“ chronischen Stress auslösen. „Das Ohr schläft nicht“, so Brodel.

„Gibt es denn überhaupt noch Hoffnung, dass die Flugrouten nicht so kommen werden wie geplant?“, fragte eine Anwohnerin angesichts der geringen Chancen der Empfehlungen der Fluglärm-Kommission. „Wenn ich keine Hoffung mehr hätte“, antwortete Manfred Thüring von der Bürgerinitiative „Spandauer Süden gegen Fluglärm“ darauf, „stünde ich heute nicht hier.“ Da die Lärmkommission auch nach Beschluss der Flugrouten bestehen und arbeiten werde und zudem alle Flugrouten immer wieder geändert werden können, empfahl Thüring, unbedingt den politischen Druck aufrechtzuerhalten. Erik Wenk

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })