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Fachgerecht. Die Potsdamer Denkmalpflege soll weiter eigenständig arbeiten  trotz Verwaltungsumbau.

© ddp

Von Guido Berg, Henri Kramer und Thorsten Metzner: Aufräumen in der Bauverwaltung

Nach dauerhafter Kritik ist jetzt radikale Umstrukturierung geplant / Denkmalamt bleibt eigenständig

Es begann mit der Brandrede von Günther Jauch vor fast vier Jahren. Nachdem die Genehmigungspraxis der Bau- und Denkmalverwaltung in Potsdam auch danach oft für Kritik sorgte, zieht der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Bündnisgrüne) im Rathaus nun die Zügel weiter an: Er bestätigte gestern, dass er sein Dezernat radikal umstrukturiert. Danach soll aus der „Unteren Denkmalschutzbehörde“ und der „Unteren Bauaufsichtsbehörde“ jetzt ein neuer Fachbereich „Bauordnung und Denkmalpflege“ gebildet werden. Zudem soll ein neuer Fachbereich „Stadtplanung und Stadterneuerung“ entstehen. Ziel sei es, Genehmigungen zu beschleunigen und besser abzustimmen, erklärte Klipp.

In diesem Zusammenhang wies er Befürchtungen vor einer Zerschlagung und Schwächung des Denkmalschutzes zurück. Dieser bleibe wie auch die Bauaufsicht unter dem Dach des Fachbereiches eine eigenständige Behörde. „Eine Zurückstufung gibt es nicht“, betonte Klipp. Damit sind die jüngsten Pläne, die laut internen Protokollen der Beigeordnetenkonferenz der Rathausspitze eine „Unterordnung“ der Denkmalpflege unter die Bauaufsicht vorgesehen hatten (PNN berichteten), nun offensichtlich vom Tisch.

Allerdings scheint jetzige Umstrukturierung auch personelle Hintergründe zu haben, zu denen sich Klipp jedoch nicht äußern wollte. Eine Personalgarantie für den Potsdamer Stadtkonservator Andreas Kalesse, der seit 20 Jahren die Denkmalschutzbehörde führt, wollte Klipp nicht abgeben. Der für seine Verdienste um die Rettung der Spandauer Altstadt und die Potsdamer Kulturlandschaft im Jahr 2000 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Stadtkonservator ist wegen seines als rüde empfundenen Umgangs mit Bauherren umstritten.

In Potsdam, wo es über 3600 Einzeldenkmäler gibt und mit den Schlossparks große Flächen zum Welterbe zählen, gehören Konflikte zwischen Denkmalschutz und Bauinteressen seit 1990 zum Alltag. Dem Denkmalamt war im Zuge der Jauch-Kritik, die eine Kommission unter Vorsitz des Staatsrechtlers Ulrich Battis bestätigte, eine zu rigide, nicht rechtskonforme Praxis attestiert worden. Andererseits gilt die Behörde, wie Battis damals ausdrücklich bestätigte, denkmalfachlich als eine der besten in Brandenburg. Seit dem Amtsantritt 2009 von Klipp, der nach 1990 kurz grüner Baustadtrat in Prenzlauer Berg war und danach Karriere in der Immobilienbranche machte, hat sich die Kritik eher gewandelt. Zunehmend mehren sich – wie im Streit um die Matrosenstation Kongsnaes, aber auch bei der Affäre um zu großzügige Steuerbescheide für Denkmalsanierer – Vorwürfe einer zu einseitigen Ausrichtung auf Investoren- und Bauherreninteressen.

Mit dem Umbau der Bau- und Denkmalverwaltung und dem jetzt geplanten Modell bewegt sich Klipp nach PNN-Recherchen im deutschen Vergleich im üblichen Rahmen. Ähnliche Strukturen gibt es etwa in den ostdeutschen Landeshauptstädten Erfurt, Schwerin und Magdeburg, wo die Denkmalpflege in der Bauverwaltung angesiedelt ist, aber „auf Augenhöhe“ der Bauaufsicht gegenübersteht. In Köln oder auch in Dresden, traditionell Kulturstädte, gehört der Denkmalschutz zum Kulturressort, wie es bis 2000 auch in Potsdam der Fall war. „Entscheidend“, mahnt Schlösserstiftungs-Generaldirektor Hartmut Dorgerloh, „ist, dass die Untere Denkmalschutzbehörde in der Lage bleibt, ihre fachlichen Positionen zu vertreten und dass alles gesetzeskonform geschieht. Verantwortlich ist ohnehin der Oberbürgermeister.“

Laut den internen Protokollen aus der Rathausspitze sollte die Öffentlichkeit über die maßgebliche Neuordnung in der Bauverwaltung längst informiert sein. Die Pressesprecher des Rathauses mahnten einen offenen Umgang an. Offensiv wurde die Strategie aber bisher nicht kommuniziert. So soll festgelegt gewesen sein, dass Klipp bei einer Bilanzpressekonferenz Ende 2010 ausführlich über seine Pläne informieren. Er sprach dabei allerdings nur allgemein von einem „Umbau“ , der die Außensicht auf die Verwaltung verbessern solle.

Grünen-Fraktionschef Nils Naber sagte, seiner Fraktion sei versichert worden, dass es keine „Verschmelzung“ von Bauaufsicht und Denkmalpflege geben werde. Nachdem die Pläne bekannt geworden seien, hätten die Grünen „intensive Gespräche“ geführt. Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg forderte, der Denkmalschutz müsse eigenständig bleiben. Schon die im Zuge der Jauch-Kritik getroffene Entscheidung, den Denkmalschutz vom Kultur- in den Baubereich einzugliedern, sei umstritten gewesen, erinnerte Scharfenberg. Zugleich kritisierte er die Informationspolitik. Daran zeige sich, dass die Rathausspitze „nicht vertrauensvoll“ mit den Stadtverordneten zusammenarbeite. Auch der Potsdamer Landtagsabgeordnete Steeven Bretz (CDU) mahnte zu „mehr Fingerspitzengefühl und Sensibilität“. Die bisherige Kommunikationspolitik sei „nicht hilfreich“.

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