zum Hauptinhalt
Vorzeigeproduktion. Dreharbeiten zu „The Grand Budapest Hotel“ auf dem Untermarkt in Görlitz.

© Jens Trenkler/dpa

Filmstudio Babelsberg: Babelsberg-Chef: „Es droht der Verlust von Filmkunst“

Studio-Babelsberg-Chef Carl Woebcken wünscht sich mehr Konkurrenz im eigenen Land, um deutschlandweit eine starke Filmindustrie aufzubauen - nicht nur in Potsdam.

Stand:

Herr Woebcken, was macht das Filmgeschäft so schwer in Deutschland?

In Deutschland hat man vielleicht etwas zu lange im eigenen Saft geschmort. Das internationale Produktionssystem hat sich durch die Globalisierung stark geändert. Darauf haben sich andere Länder besser eingestellt. Deutschland ist immer sehr stark von deutschen Produzenten vertreten, die in Deutschland für Deutschland gedreht haben. Es ging darum, einen möglichst hohen Anteil deutscher Beiträge im Kino zu haben und nicht um die Frage, ob man Kulturexport betreibt. Inzwischen setzt sich ein Großteil der internationalen Produktionen mit unserer schwierigen deutschen Geschichte auseinander. Da ist die Frage, ob wir dies eigentlich komplett dem Ausland überlassen wollen. Schließlich wird das Bild im Ausland geprägt von solchen Geschichten. Wir haben zum Beispiel beobachtet, dass in China Studenten gerade Filme wie „Der Vorleser“ oder „Operation Walküre“ nehmen, um Englisch oder Deutsch zu lernen. Will man in Deutschland aber in der Lage sein, große internationale Filme zu drehen, muss man in dem inzwischen harten Subventionswettbewerb der Branche auf Augenhöhe gehen – wenigstens in Europa. Sonst geht man das Risiko ein, die Filmkunst und das Filmhandwerk zu verlieren.

Sie fordern seit Langem ein zuverlässiges Fördersystem in Deutschland, das beispielsweise mit England konkurrieren kann. Kritiker sprechen von einer „lex Babelsberg“. Was halten Sie dagegen?  

Wir sind nur die Plattform für eine große internationale Produktion. Setzen wir 20 Millionen Euro um, sind es bei allen anderen an dem Projekt Beteiligten 200 Millionen. Hätten wir ein Fördersystem wie in England, würden auch die Bavaria Studios in München oder die MMC Studios Köln profitieren und in internationale Filmproduktionen investieren. Ein zuverlässiges Fördersystem ist das einzige Instrument, das regelmäßig internationale Koproduktionen anziehen kann.

Es klingt paradox, aber Sie wünschen sich Konkurrenz im eigenen Land. Warum?

Es sollte doch im Sinne aller sein, eine starke nachhaltige Filmindustrie im ganzen Land aufzubauen, die Jobs schafft und filmtechnisches Know-how aufbaut. Im Moment sind wir die einzige Produktionsplattform, wo vier große internationale Produktionen gleichzeitig entstehen können. In England gibt es fünf solcher Standorte, in Ungarn drei. Die sind alle ausgelastet. Da finden Investitionen in Millionenhöhe statt. Bei uns ist es dagegen schwierig, einen Standort am Leben zu halten. Das hat etwas mit dem schlechten Investitionsklima zu tun. Wir haben großartige Studiostandorte in Deutschland. Für uns wäre ein Schulterschluss auch gut, um auf politischer Ebene einen Sinneswandel für eine zuverlässige Förderung zu erreichen.

Wie hat es Babelsberg geschafft, im internationalen Geschäft mitzumischen?

Es hat sich in Hollywood rumgesprochen, dass wir genug Fachkräfte vor Ort haben und dass komplett in englischer Sprache produziert werden kann. Die Crew, die aus dem Heimatland mitkommt, kann entsprechend klein sein. Da sind wir beispielsweise im Vorteil gegenüber osteuropäischen Ländern. Es gibt Kostenpositionen, die man bei uns einsparen kann, obwohl wir ein Hochlohnland sind. Außerdem haben wir mit unserer Tochter Motion Picture ein Unternehmen, das die gesamte Betreuung der Produktion übernimmt. Es ist in der Lage, große Crews binnen kurzer Zeit zusammenzustellen. Hinzu kommt unsere Ausstattungskunst. Wir sind sehr stolz auf unseren Dekorations- und Kulissenbau. Bei uns arbeiten Tischler, Schreiner, Stuckateure, Bildhauer, Kunstmaler, Schlosser, die ihr Handwerk perfekt beherrschen. Jeder Regisseur und Produktionsdesigner aus Hollywood, der mit uns arbeitet, sagt, dass diese die Besten der Welt seien.

Die Fragen stellte Marion van der Kraats (dpa)

Babelsberg hofft auf Film mit Robert Pattinson: Über die neuen Pläne von Studio Babelsberg lesen Sie HIER.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })