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Unbekannter Mann. Im von Studio Babelsberg koproduzierten Thriller Unknown Identity verbünden sich Diane Kruger (l.), die eine Kellnerin spielt, und Liam Neeson, dem nach einem Unfall seine Identität abhanden kommt. Berlinale-Premiere ist am Freitag.

© Kinowelt

Von Sabine Schicketanz: Babelsberg will Mega-Filme produzieren

Chefs fordern Lockerung des Filmförderfonds, um Hollywood-Blockbuster mit Top-Budget zu gewinnen

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Babelsberg - Im 100. Jahr seines Bestehens will Studio Babelsberg die höchste Film-Liga ins Visier nehmen. In Zukunft sollen Kino-Blockbuster mit einem Budget von mehr als 150 Millionen US-Dollar am Potsdamer Traditionsstandort gedreht werden. Können und Voraussetzungen für die Hollywood-Mega-Produktionen seien in Babelsberg vorhanden, ebenso die Nachfrage der US-Produzenten, sagt Henning Molfenter, Chef der studioeigenen Filmproduktionsfirma Studio Babelsberg Motion Pictures. Dass aktuell „Superman: Man of Steel“ mit einem geschätzten Budget von 175 Millionen US-Dollar, „Fluch der Karibik – Fremde Gezeiten“ oder „Batman – The Dark Knight Rises“ nicht im Babelsberger Studio, sondern meist in England entstehen, liegt laut Molfenter vor allem am Regularium des Deutschen Filmförderfonds (DFFF): Eine Produktion bekommt maximal vier Millionen Euro Zuschuss – und nur mit einer Sonderentscheidung des DFFF-Beirats bis zu zehn Millionen Euro.

Für Molfenter ist diese Vorschrift „eine Hürde, an der ich ständig zu knabbern habe“. Alle zwei bis drei Monate erlebe er, dass Babelsberg als Produktionsstandort für Mega-Filme ins Hintertreffen gerate, weil die Zuschuss-Höhe unwägbar sei. Molfenter plädiert daher vehement für eine Änderung. „Ohne die Begrenzung wäre es wesentlich leichter, wirtschaftlich sehr attraktive Filme hierher zu holen.“ Bereits im Frühjahr 2010 hatte Studio Babelsberg AG-Vorstandschef Carl Woebcken ebenso gefordert, die Vier-Millionen-Grenze abzuschaffen.

Ob die Zuschuss-Grenze fällt, scheint derzeit offen. Der 2007 eingeführte Filmförderfonds gilt als Erfolgsmodell – von dem ohnehin besonders Studio Babelsberg profitiert. Vergeben werden jährlich 60 Millionen Euro. Das Geld muss, selbst wenn ein Film Gewinn macht, nicht zurückgezahlt werden: Der DFFF erstattet Produzenten 16 bis 20 Prozent ihrer in Deutschland angefallenen Kosten. 2010 bekamen nach Angaben von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) 114 Filme Geld, insgesamt 58,9 Millionen Euro. Durch die Förderung seien „wirtschaftliche Effekte“ von 340 Millionen Euro ausgelöst worden: Ein Euro aus dem DFFF löse Ausgaben von sechs Euro aus.

Bisher floss jedes Jahr ein Großteil des 60-Millionen-Topfs in Produktionen, die in Babelsberg entstanden. 2010 wurde der höchste DFFF-Zuschuss dem Film „Die drei Musketiere“ mit Orlando Bloom, Christoph Waltz und Milla Jovovich zugesprochen: 7,5 Millionen Euro bekam die erste 3D-Produktion, die nahezu ausschließlich in Deutschland realisiert wurde. Studio Babelsberg ist Koproduzent, war Dienstleister beim Dreh und baute unter anderem beeindruckende Venedig-Kulissen für das Action-Spektakel.

Um Geld geht es auch bei der pünktlich zum Berlinale-Start eröffneten Debatte um eine Aufstockung des Budgets des Medienboards Berlin-Brandenburg. Die länderübergreifende Einrichtung ist für Förderung und Marketing der Filmwirtschaft in der Region zuständig. 28,5 Millionen Euro kann das Medienboard derzeit jährlich ausgeben, drei Millionen Euro mehr seien wünschenswert, sagt Medienboard-Geschäftsführerin Kirsten Niehuus. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist dafür: Er verspreche, „den Versuch zu machen“, sagte Wowereit, für den 2011 ein Wahljahr ist, am Samstagabend beim Medienboard-Empfang zur Berlinale. Dabei nahm er Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) gleich mit in die Pflicht: „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht den Anschluss verlieren, Herr Christoffers!“. Im Bundesvergleich liegt das Medienboard an zweiter Stelle hinter Nordrhein-Westfalen und vor Bayern. Christoffers lehnt eine pauschale Erhöhung für das Medienboard derzeit ab. Er will stattdessen gemeinsam mit Berlin eine spezielle Risiko-Finanzierung für Filmproduktionen anbieten. Über die Details müssten sich die Länder noch einigen, so Christoffers. Er will, dass dies im ersten Halbjahr geschafft wird.

Für Studio Babelsberg sehe 2011 positiv aus, so Motion Pictures-Chef Molfenter. Am Freitag feiert der vom Studio koproduzierte Thriller „Unknown Identity“ im Berlinale-Wettbewerb seine Premiere. In knapp drei Wochen sollen die Dreharbeiten für die Actionkomödie „Hansel and Gretel: Witch Hunters“ mit Jeremy Renner aus dem Oscar-prämierten „The Hurt Locker“ und Ex-Bond-Girl Gemma Arterton starten. Eine weitere Hollywood-Produktion sei „relativ sicher“, so Molfenter. 2009 hatte Studio Babelsberg, das am Samstag 99 Jahre alt wurde – am 12. Februar 1912 war auf dem historischen Filmareal die erste Klappe gefallen – noch ein Minus von 2,4 Millionen Euro verbuchen müssen. Die Bilanz für 2010 des börsennotierten Unternehmens mit rund 90 Festangestellten liegt noch nicht vor.

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