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Nichts los. Der Streik der GDL-Lokführer legte auch wie hier in Seddin (Potsdam-Mittelmark) den Güterverkehr teilweise lahm. Ebenfalls von den Auswirkungen stark betroffen waren am Donnerstag die zahlreichen Verwaltungen, Institute und Dienstleister in der Stadt Potsdam.

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Landeshauptstadt: Bahnstreik belastet die Wirtschaft

Bei Potsdams Firmen und Forschungseinrichtungen waren am Donnerstag die Folgen des Ausstandes bereits deutlich zu spüren. IHK fordert Tarifpartner auf, Schlichtung in Anspruch zu nehmen

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Während am Donnerstag viele Fahrgäste in der Region mit Gleichmut und teils mit Sarkasmus auf den Beginn des Megastreiks der Lokführer reagiert haben, schlägt die Wirtschaft Alarm angesichts der Folgen des insgesamt fünftägigen Arbeitskampfs. Die Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK) befürchtet sogar erhebliche Schäden für die Wirtschaft. „Uns sind bereits eine Vielzahl von Fällen aus der Region bekannt, bei denen Mitarbeiter nur schwerlich ihren Arbeitsplatz erreichen. Das führt zu einer Schwächung der Wirtschaft, die uns nicht gut zu Gesicht steht. Wir raten den Tarifpartnern deshalb dringend im Interesse der Region, mithilfe einer Schlichtung die Probleme zu lösen“, sagte IHK-Sprecher Detlef Gottschling.

Als Standort zahlreicher Landes- und Bundesverwaltungen, aber auch mehrerer Forschungseinrichtungen sowie Dienstleistungsbetriebe ist Potsdam besonders auf einen funktionierenden Nahverkehr angewiesen. Allein auf den beiden S-Bahnlinien S1 und S7 sind nach Angaben der Bahn täglich rund 47 000 Menschen zwischen Brandenburgs Landeshauptstadt und Berlin unterwegs. Entsprechend genervt ist man in vielen Einrichtungen und Unternehmen angesichts der Dauer des Konflikts zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). „Ich habe keinerlei Verständnis mehr für diesen Streik“, sagte am Donnerstag etwa Harry Wassermann, Vorstandsvorsitzender des Callcenterbetreibers SNT Deutschland AG. In Potsdam beschäftigt SNT etwa 1350 Mitarbeiter. Um die Folgen des Streiks einigermaßen abzufedern, hat das Unternehmen nach eigenen Angaben eigens einen Shuttlebus eingerichtet. „Die Gewerkschaft ist sich offensichtlich nicht bewusst oder nimmt es billigend in Kauf, dass mit diesem absurden, öffentlich ausgetragenen Streit, wer denn nun für die Bahnangestellten verhandeln darf, nicht nur die Bahn, sondern auch viele weitere Unternehmen massiv finanziell geschädigt werden“, kritisierte Wassermann.

Auch die Universität Potsdam ist mit ihren rund 20 000 Studierenden stark vom Streik betroffen. Viele Studierende der Universität leben in Berlin oder im Umland. „Die Folgen des Bahnstreiks auf den Studienbetrieb sind unübersehbar“, sagte eine Uni-Sprecherin. Viele Studierende seien nicht zum Studium erschienen. Besonders bedauerlich sei auch, dass an diesem Tag am Campus Griebnitzsee der International Day stattfand, zu dem interessante Gäste wie die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth und der Rektor der Türkisch-Deutschen Universität, Halil Akkanat, deutlich weniger Zuhörer als erwartet hatten.

Am Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) auf dem Telegrafenberg haben nach Angaben von Institutssprecher Frank Ossing zusätzlich zum Angebot des Instituts viele Mitarbeiter bereits im Vorfeld des Streiks Selbsthilfe organisiert. „In den letzten Tagen gingen etliche E-Mails hin und her, bei denen Mitfahrgelegenheiten erfragt und angeboten wurden.“ Insgesamt arbeiten beim GFZ rund 1200 Mitarbeiter, die meisten davon auf dem Telegrafenberg. Wer es partout nicht schafft, dem hat das GFZ angeboten, Gleittage zu nehmen oder von zu Hause aus per Telearbeit zu arbeiten. Das otsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) musste dagegen einen Workshop nach Berlin verlegen, das Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF), sagte eine gemeinsam mit der Stadt geplante Tagung ab.

Zu deutlichen Einschränkungen kam es am Donnerstag auch auf dem Güterbahnhof in Seddin (Potsdam-Mittelmark). Die Arbeit sei durch den GDL-Streik stark beeinträchtigt, aber aufgrund der getroffenen Maßnahmen derzeit stabil und unter Kontrolle, teilte Bahnsprecher Holger Auferkamp mit. DB Schenker Rail fahre immerhin rund die Hälfte der betroffenen Züge. Um genügend Kapazitäten für versorgungsrelevante und zeitkritische Verkehre zu haben, seien allerdings andere Züge im Einvernehmen mit den Kunden vorsorglich nicht gefahren worden.

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