
© M. Thomas
Von Sabine Schicketanz: Bima: Täglich neue Griebnitzsee-Gebote
Stadtparlament entscheidet heute, ob Potsdam 2,6 Millionen Euro bietet / Klage gegen Bund erwogen
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Babelsberg - Endspurt im Griebnitzsee- Poker: Noch bis Freitag, 24 Uhr, nimmt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) in Potsdam Gebote für die 51 Ufergrundstücke des Bundes am ehemaligen Mauerstreifen an. Mindestgebot für das Paket sind drei Millionen Euro – ob und wie hoch dieser Wert übertroffen worden ist, wird erst nach Ende der Ausschreibungsfrist bekannt werden. Auch dürfe die Bima derzeit keine Auskunft zur Zahl der bereits vorliegenden Gebote geben, so die stellvertretende Hauptstellenleiterin Gabriela Ostermann gestern auf Anfrage. „Nur soviel: Es gibt Gebote, täglich gehen welche ein.“ Besondere Vorkommnisse gebe es keine.
Nach Ablauf der Frist am Freitag würden alle Gebote gesichtet, ein Ranking aufgestellt, so Ostermann. Wegen der „politischen Brisanz“ der Griebnitzsee- Flächen seien die Bima-Zentrale in Bonn und das Bundesfinanzministerium stark in das Verfahren involviert. Angeboten werden die Grundstücke im Paket und in 23 einzelnen Losen sowie mit und ohne Wegerecht für die Öffentlichkeit. Über den Zuschlag entscheidet nach Vorschlag des CDU-geführten Bundesfinanzministeriums der Haushaltsausschuss des Bundestags, in dem CDU und FDP die Mehrheit haben. Darüber, ob wie in der Bundeshaushaltsordnung vorgesehen auch der Bundesrat beteiligt wird, liege der Potsdamer Stadtspitze bisher trotz Nachfrage keine Informationen vor, so Bürgermeister Burkhard Exner (SPD).
Die Ausschreibung der 31 700 Quadratmeter Bundesflächen hatte zu monatelangem Tauziehen zwischen Landeshauptstadt und Bund geführt. Potsdam hält die Ausschreibung für rechtswidrig; den Standpunkt untermauerte ein Gutachten des Verwaltungswissenschaftlers Joachim Wieland aus Speyer. Die Stadtspitze rechnet damit, dass private Seeanrainer die Flächen kaufen wollen, um einen öffentlichen Uferweg auf dem ehemaligen Kontrollweg der DDR-Grenzer zu verhindern. Denn die Bundes-Grundstücke gelten als Voraussetzung für die Stadt, den seit mehr als einem Jahr von Anrainern gesperrten Uferweg durchzusetzen. Dazu stellt Potsdam derzeit einen neuen Bebauungsplan auf. Enteignungen als letztes Mittel werden nicht ausgeschlossen.
Damit der Bund später nicht anführen könne, Potsdam habe sich nicht an der Ausschreibung beteiligt und interessiere sich demzufolge nicht mehr für die Uferflächen, will die Stadtspitze bis Freitag ebenfalls ein Gebot bei der Bima abgeben. Dem sollen die Stadtverordneten heute in einer nicht-öffentlichen Sondersitzung zustimmen. Eine Mehrheit gilt als sicher, SPD, Linke und Bündnisgrüne haben Zustimmung signalisiert. Gibt es grünes Licht, wird die Stadt 2,6 Millionen Euro als Gebot abgeben; außerdem will sie bei einem Weiterverkauf von Flächen, die nicht für den Uferweg gebraucht werden, die Differenz zwischen dem im Herbst 2009 ermittelten Gutachterwert von 82 Euro pro Quadratmeter und dem tatsächlich erzielten Preis komplett an die Bima überweisen.
Bürgermeister Exner sagte gestern, wenn die Stadt die Grundstücke des Bundes nicht erwerben könne, „bringt das enorme zusätzliche Schwierigkeiten“. Formell könne Potsdam bei einem Verkauf an Private zwar das Vorkaufsrecht für die Flächen wahrnehmen, doch dies würde sicherlich juristisch angefochten – mit jahrelangen Verfahren als Folge. Käme es zu Enteignungen, müsste die Stadt den Eigentümern den Wertverlust ausgleichen: Dabei sei mit erheblichen Summen zu rechnen, so Exner, weil Grundstücke, die bisher keinen direkten Seezugang haben, durch einen Zukauf der Flächen des Bundes, die jeweils unter den Villen-Grundstücken am Wasser liegen, zu echten Seegrundstücken würden.
Ob die Stadt bei einem Verkauf der Bundesflächen an Private gegen den Bund klagen wird, ist laut Exner weiter offen: „Wir behalten uns das vor, es steht aber ganz hinten.“ Der Bürgermeister appellierte zugleich erneut an das Bundesfinanzministerium, direkt an die Stadt zu verkaufen. Dies sei auch möglich, wenn nun höhere Gebote vorliegen: Es gebe keinen Zwang zur Gewinnmaximierung, „der Bund ist ja keine Aktiengesellschaft“. Potsdam habe ein „legales, legitimes öffentliches Interesse“. Exner äußerte sich auf Nachfrage auch zu in Potsdam laut gewordenen Befangenheitsvorwürfen gegen den Parlamentarischen Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums, Steffen Kampeter (CDU), da dieser bereits 2005 Anfragen an die Bundesregierung zum Thema Griebnitzsee gestellt hat. Kampeter sei „mit der Angelegenheit parteiisch vorbefasst“ gewesen, so Exner: „Er mag es sich selbst überlegen, ob er sich raushält.“
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