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Von Jana Haase: Blauer Stoff und blühende Wiesen

Digitaltrick-Techniker aus Babelsberg sorgen für märchenhafte Effekte in TV-Weihnachtsfilmen

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Babelsberg - Frau Holle war am schwierigsten. „Sie haben da zehntausende von Blumen und Grashalmen, die sich im Wind bewegen, Schwärme von Schmetterlingen, einen sprechenden Raben und sprechende Brote“, erzählt Olaf Skrzipczyk. Im Studio gab es dagegen fast nur blauen Stoff. Der Chef der Babelsberger Digitaltrick-Firma „Exozet Effects“ hat mit seinen Mitarbeitern eine gesamte künstliche Welt für die ARD-Märchen-Neuverfilmung am Computer erzeugt. „Wir haben 300 Einstellungen bearbeitet“, erklärt Skrzipczyk in seinem Büro im FX Center. Das sei mehr als für jeden anderen Film in der zehnjährigen Geschichte der Firma – und eine Aufgabe, mit der 20 Leute sechs Monate lang beschäftigt waren.

Aber Frau Holle war nicht die einzige, die von den Babelsberger Digitaltechnikern für das Weihnachtsprogramm fit gemacht wurde. Erst gestern Abend lief der zweite Teil von „Zwei Weihnachtsmänner“ mit Christoph Maria Herbst und Bastian Pastewka: Für die Sat1-Komödie haben die Exozet-Leute sogar ganz Prag und Wien eingeschneit – am Rechner. Auch bei den Zaubereien von Angelika Mann im RBB-Märchenrätsel, beim tapferen Schneiderlein und Dornröschen wurde kräftig nachgeholfen.

Den Dornröschen-Dreh fürs ZDF hat Olaf Skrzipczyk noch in guter Erinnerung: Das Filmteam reiste dafür bereits 2007 ins österreichische Mauterndorf. Denn dort stehen besonders märchentaugliche Burgen – Filmarbeiten sind die Anwohner deshalb bereits gewohnt.

Auch wenn die digitalen Effekte beim Filmemachen zur „Postproduktion“ zählen und erst nach dem eigentlichen Dreh entstehen, ist Skrzipczyk am liebsten von Anfang an mit am Set – aus praktischen Gründen: „Ich kann den Leuten vor Ort erklären, worauf es ankommt.“ Zum Beispiel bei den Aufnahmen für die Ballon-Fahrt, bei der der Prinz zusammen mit einem Professor zu Dornröschen gelangt. Tatsächlich ist der Ballon nie geflogen: Die Schauspieler wurden dafür in einer Gondel vor grüner Leinwand – dem „Green Screen“ – gefilmt. Die Bilder wurden später mit Kameraaufnahmen aus einem Hubschrauber zusammenmontiert. Und dafür müssen etwa Lichtrichtung und Farbtemperatur übereinstimmen: „Ansonsten sieht man sofort, dass das nicht dazugehört“, erklärt Skrzipczyk.

Die Katastrophe mit der grünen Weinflasche konnte er aber trotz aller Vorsicht nicht verhindern. Sekundenlang hantierten der Schauspieler plötzlich mit einer grünen Weinflasche und durchsichtigen Gläsern in der Gondel. „Das Grün verschwindet aber vor dem grünen Hintergrund“, erklärt Skrzipczyk. Das Ausschneiden per Mausklick wurde so unmöglich. Flasche und Gläser mussten stattdessen Bild für Bild per Hand maskiert und ausgeschnitten werden – bis zu 800 Bilder wurden einzeln bearbeitet. „Da sind Sie schnell bei fünf Tagen Mehrarbeit“, sagt Skrzipczyk.

Auch wenn der Budget-Rahmen und damit auch die Zeit bei Märchenproduktionen für das Fernsehen relativ schmal sind, sieht Skrzipczyk die Märchenfilme als dankbare Aufgabe: „Realität ist schwieriger“, findet er. „Wie ein Frühstückstisch aussieht, weiß schließlich jeder“, erklärt der gelernte Kameramann, der mit seinem Team auch die Effekte für die neuen Filme von Andreas Dresen und Oskar Roehler gemacht hat und für eine andere Produktion Eisbein nachträglich in Gulasch verwandelt hat – digital. Bei den Märchen sei dagegen vor allem kreative Fantasie gefragt: „Denn wie sieht das aus, wenn ein Zauberstab zaubert?“

Frau Holle läuft am 25. Dezember um 16.05 Uhr auf ARD, Das tapfere Schneiderlein am 26. Dezember um 14.35 Uhr auf ARD. Dornröschen wird am 26. Dezember 11.25 Uhr auf ZDF gezeigt. Vom Märchenrätsel mit Angelika Mann laufen noch vier Folgen auf RBB: Am morgigen Sonntag 13.30 Uhr, an Heiligabend 14.15 Uhr, am 25. Dezember 13 Uhr und am 26. Dezember 12.45 Uhr.

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