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Etwas HELLA: Blickwinkel: Leicht schielend

Als ich am Sonntag der Prignitz einen Besuch abstattete – nein, nicht am letzten Sonntag, da bin ich brav wählen gegangen und habe die magere Wahlbeteiligung etwas aufgebessert, es geht um den Sonntag davor – da wollte ich meinen Augen nicht trauen. Wo auch immer die Windräder auf Feld und Flur standen, sie drehten sich nicht.

Stand:

Als ich am Sonntag der Prignitz einen Besuch abstattete – nein, nicht am letzten Sonntag, da bin ich brav wählen gegangen und habe die magere Wahlbeteiligung etwas aufgebessert, es geht um den Sonntag davor – da wollte ich meinen Augen nicht trauen. Wo auch immer die Windräder auf Feld und Flur standen, sie drehten sich nicht. Starr stemmten sie ihre Flügel in den Himmel. Am Wetter konnte das eigentlich nicht liegen. Es wehte durchaus eine frische Brise. Warum also durfte die keinen Ökostrom erzeugen?

Ich ahnte es. Es lag genug Braunkohle vor den Fabriktoren von Vattenfall – und die ist natürlich viel einfacher und sicherer zu verstromen als der lausige Wind, der mal weht und dann wieder nicht. Und umsonst holt Vattenfall schließlich die Kohle auch nicht aus dem Boden. Dass da mal ein paar Dörfer draufgehen, das interessiert doch höchstens die Anwohner. Andere bangen dagegen um ihre Arbeit und die sind dann – wenn es keine gibt – ziemlich durch den Wind. Obwohl dem schwedischen Staatskonzern Vattenfall im Moment in der Heimat ziemlich heftiger Gegenwind entgegenbläst. Jedenfalls war die schmutzige Braunkohle in Schweden offensichtlich ein viel größeres Wahlkampfthema als in Brandenburg.

Mein leicht nach oben schielender Blick aus dem Auto brachte mich allerdings auf ganz andere Gedanken. Die Grünen, dachte ich, werden wegen der Umweltschäden durch die Braunkohle, die nicht nur die Luft, sondern auch die Gewässer im Spreewald verunreinigt, bei der Landtagswahl einen Schuss nach oben machen. Sie sind dann der heißgeliebte Juniorpartner der SPD. Es wird angeordnet, dass bei zu viel Strom nicht Wind und Sonne abgeschaltet werden, sondern die Braunkohle vor sich hin krümelt. Vattenfall tritt dann auf die Notbremse und baggert weniger Kohle ab. Und weil mir verträumt wohl der Durchblick fehlte, kam ich auf die Idee, dass Kohleförderung, Energiegewinnung und Tourismus so umgebaut werden, dass für die Kohlekumpel genug neue Arbeitsplätze entstehen. Andere Regionen in Deutschland sollen so etwas schon geschafft haben.

Die Autofahrt ging natürlich irgendwann zu Ende, mein grüner Traum ebenfalls – die Grünen bekamen nur ein halbes Prozent mehr. Sollten die Schweden allerdings ernst machen, die Braunkohleverstromung aufgeben und das Land Brandenburg dann in die Bresche springen, stelle ich wieder auf Ofenheizung um, verfeuere Braunkohlenbriketts im Dauerbrandofen und dem Landtagsschloss bringe ich auch ein paar vorbei. Sollte das die ungehörige Feinstaubbelastung in Potsdam noch verstärken, wer ist schuld? Natürlich das Wetter.

Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.

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