Von Jana Haase: Botschaft aus Babelsberg
Auf der 59. Berlinale gab es so viel Potsdam wie nie: Anna Deutsch von der HFF gewann Preis
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Potsdam/Berlin - Gerade noch stand er in Babelsberg vor der Kamera, am Samstagabend hielt er den Silbernen Bären in den Händen: Ben Foster, der in Potsdam den Science-Fiction-Thriller „Pandorum“ mit Regisseur Christian Alvart drehte, brillierte auf der diesjährigen Berlinale als „Messenger“ im gleichnamigen Wettbewerbsfilm. Der US-Amerikaner, der mit der Bestatter-Serie „Six Feet Under“ bekannt wurde, spielt einen Soldaten in komplizierter Mission: Als Bote überbringt er den Familien von Gefallenen die Todesnachricht. Den silbernen Bären nahm Foster am Samstag in Vertretung der Drehbuchautoren des Films entgegen.
Sein Auftritt in Berlin war gleichzeitig eine viel weniger düstere Botschaft aus Babelsberg: Denn er war an der Seite von Antje Traue in den Berlinale-Palast gekommen, jener Frau also, die als deutsche Neuentdeckung neben Foster und Hollywood-Star Dennis Quaid die Hauptrolle in „Pandorum“ spielt – deutscher Kinostart des Film ist im Oktober.
Aber die beiden waren nicht die einzigen Boten für das, was in Babelsberg momentan in Sachen Film passiert: Denn sei es der Berlinale-Eröffnungsfilm „The International“ von Tom Tykwer, das gefeierte und fünffach Oscar-nominierte Drama „Der Vorleser“ mit Kate Winslet und dem neu gekürten deutschen „Shooting Star“ David Kross, Julie Delpy in der X-Filme-Produktion „Die Gräfin“ oder die Studio-Koproduktion „Operation Walküre“, die in der Berlinale-Woche die Millionenmarke bei den deutschen Zuschauerzahlen durchbrach: Wenn es um international erfolgreiches Kino geht, kommt man an Babelsberg einfach nicht mehr vorbei. Und das allen schlechten Wirtschaftsnachrichten zum Trotz. Oder, wie es Brandenburgs Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) beim Medienboard-Empfang formulierte: „Die Berlinale tut uns gut, weil sie nicht ablenkt von dem, was uns in der Wirtschaftswelt beschäftigt, sondern eine Branche zeigt, die hervorsticht.“
Im Prinzip hätte man diesmal fast einen Berlinale-Shuttle zwischen dem Medienstandort und dem Herz des Filmfestivals am Potsdamer Platz einrichten können: Das hätte nicht nur Tarantino-Schauspielern wie Daniel Brühl, Jana Pallaske oder Christoph Waltz die Termin-Koordination erleichtert. Trotz laufender Berlinale nämlich beendete der Kultregisseur in Babelsberg sein Weltkriegs-Abenteuer „Inglourious Basterds“ mit Brad Pitt, Til Schweiger und Diane Kruger – während sich Oscar-Preisträger Roman Polanski acht Jahre nach „Der Pianist“ in den Studios zurückmeldete und mit dem Dreh von „The Ghost“ begann.
Aus Babelsberg kamen auch die zehn neu gestalteten Maria-Statuetten, die den als „Shooting Stars“ ausgezeichneten europäischen Nachwuchsschauspielern während der Filmfestspiele verliehen wurden – das Studio war erstmals Hauptsponsor des Preises. Zur Premiere fuhr Art-Department-Chef Michael Düwel die fast dreieinhalb Kilo schweren Figuren, die der Roboterfrau aus dem Stummfilmklassiker „Metropolis“ nachgebildet sind und verdächtig nach Oscar aussehen, wenige Stunden vor Preisverleihung persönlich nach Berlin. Eine „Maria“ ging an den 18-jährigen David Kross, der spätestens mit dieser Berlinale den Durchbruch zum internationalen Star geschafft hat.
Erfolgreich war aber auch der filmische Nachwuchs von der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF): Von den vier ins Rennen gegangenen HFF-Filmen wurde „Gitti“ ausgezeichnet, ein Dokumentarfilm von Anna Deutsch, der am morgigen Dienstag im Filmmuseum Potsdam gezeigt wird: Für ihr einfühlsames und humorvolles Porträt einer Rentnerin auf Partnersuche erhielt die 29-Jährige am Samstag den Preis der deutsch-französischen Jury „Dialogue en Perspective“: „Ich hätte nie gedacht, dass der Film mit Untertiteln überhaupt funktioniert“, sagte die HFF-Studentin, noch „ganz zittrig“ von der Überraschung. Gefeiert wurde dann mit Hauptdarstellerin Gitti: „Für sie ist es gut ausgegangen, sie hat einen Freund“, erzählte Anna Deutsch, die jetzt ihren Diplomfilm drehen will.
Doch auch von Berlin nach Babelsberg bewegte sich die Berlinale diesmal. So kam etwa der internationale Filmnachwuchs des Berlinale Talent-Campus auf das Studiogelände. Dort spielte das Deutsche Filmorchester Babelsberg Kompositionen von Nachwuchsmusikern aus England, Brasilien und Polen ein. Filmorchester-Intendant Klaus-Peter Beyer sieht darin eine „Investition für die Zukunft“.
Einen Vorgeschmack auf das Filmjahr 2009 gab es auf der Berlinale auch: Am kommenden Sonntag fällt der Blick erstmal zur Oscar-Verleihung nach Hollywood. Die Filmproduzenten Manuela Stehr und Stefan Arndt von X Filme wollen 2009 drei Projekte realisieren, Modeschöpfer Wolfgang Joop möchte mit der Verfilmung seines Romans „Im Wolfspelz“ beginnen. Und im Mai läuft in Cannes vielleicht schon Tarantinos neuer Film. Die Nazi-Jäger-Story wird bestimmt Stoff für viele Diskussionen bieten. Aber sie wird auch ein guter Botschafter für den Filmstandort Babelsberg sein.
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