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Homepage: Breite Front gegen Gebühren
Nach dem Vorschlag des Potsdamer Uni-Präsidenten, wegen der absehbaren Finanzmisere im Land über Modelle von Studiengebühren nachzudenken, hat es zahlreiche Gegenstimmen gegeben. SPD-Abgeordnete sieht den Bund in der Pflicht
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Die SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein hat sich gegen Studiengebühren in Brandenburg ausgesprochen. Angesichts der Befürchtungen von Brandenburger Hochschulen, dass wegen der Haushaltslage ein Studienplatzabbau droht, forderte sie ein verstärktes Engagement des Bundes für die Hochschulen. „Gebühren für Studierende lösen das Problem für die Hochschulen nicht. Brandenburg steht mit seinen Problemen bei der Hochschulfinanzierung keineswegs alleine da“, sagte Wicklein. Der geschäftsführende Präsident der Potsdamer Universität, Thomas Grünewald, hatte vor dem Hintergrund der geplanten 27-Millionen-Sperre für den Wissenschaftsbereich ein Nachdenken über Gebührenmodelle angeregt (PNN berichteten).
Wicklein erinnerte daran, dass bis 2015 bundesweit bis zu 700 000 weitere zusätzliche Studienanfänger erwartet werden – 200 000 mehr als bisher angenommen. „Klar muss sein: Wir wollten mehr Studierende und bessere Studienbedingungen, das war zwischen Bund und Ländern mit den Hochschulpakten verabredet.“ Jetzt stehe die Bundesregierung in der Verantwortung, diese positive Entwicklung auch finanziell abzusichern.
Der Studierendenausschuss der Universität Potsdam (AStA) hat sich „fassungslos“ über die Gebührendebatte gezeigt. Uni-Präsident Grünewald ziehe angesichts der Sparvorgaben nun „widersinnige Konsequenzen“. Die Idee von Studienguthaben habe sich in in anderen Bundesländern nicht bewährt, sagte Malte Jacobs vom AStA. „Jetzt eine solche veraltete Idee wieder hervorzuholen, zeugt von absoluter Realitätsferne.“
Die Studierendenvertreter sind mit dem Uni-Präsidenten einer Meinung, dass die angekündigten Kürzungen ab 2012 nicht hinnehmbar seien. „Nun jedoch, anstatt sich gegen die Kürzungen zu wehren, plötzlich über Studiengebühren zu fabulieren, ist die komplett falsche Haltung“, so Jakob Weißinger vom AStA. „Es kann nicht sein, dass Herr Grünewald die Fehler der Landesregierung auf die Studierenden abwälzen möchte“, so Weißinger. „Wieder einmal wird deutlich, dass es der Hochschulleitung am Willen mangelt, allen Studierenden einen problemlosen Abschluss zu ermöglichen.“ Wie bei der Abschaffung der Diplom- und Magisterstudiengänge werde auch durch Studiengebühren „bei Überschreitung eines gewissen Zeitkontingents eine Drohkulisse aufgebaut, um Studierende zu einem möglichst schnellen Abschluss zu nötigen“: „Ohne dass hierbei ausreichend auf die Lebens- und Studienwirklichkeit Brandenburger Studierender eingegangen wird“.
Für den AStA der Universität Potsdam sind jegliche Studiengebühren inakzeptabel. So kämpfen die Studierendenvertreter seit Jahren gegen die Rückmeldegebühr von 51 Euro pro Semester. Für sie sind dies versteckte Studiengebühren. „Ganz im Gegenteil zur Aussage des Uni-Präsidenten ist ein kostenfreies Studium eben nicht nur ein ,ideologisches Dogma’, sondern nötig, um gerechte Bildungschancen für alle zu ermöglichen“, betonte Roy Kreutzer, Vorstandsmitglied des AStAs. Auch aus dem linken Parteienspektrum kam Kritik. „Es zeigt sich abermals, dass weder die Leitung der Universität Potsdam noch das brandenburgische Wissenschaftsministerium sich darum bemühen, eine öffentliche Ausfinanzierung der Hochschulen im Land Brandenburg sicherzustellen“, erklärte Katja Klebig von der Liste „shine UP“. Die Landtagsfraktion der Linken lehnt Studiengebühren ebenfalls ab: „In jeglicher Form, auch das nun vorgeschlagene Modell“. Der hochschulpolitische Sprecher der Linken, Peer Jürgens, sagte den PNN: „Haushaltskürzungen dürfen keinesfalls auf Kosten der Studierenden kompensiert werden.“
Einzig der CDU-nahe RCDS an der Potsdamer Uni zeigt sich dem Gebührenvorschlag gegenüber offen. „Dieses Gebührenmodell ist insofern nicht sofort abzulehnen, als Studenten in der Regelstudienzeit und sogar noch einige Semester darüber hinaus nicht betroffen wären“, sagte Norman Siewert vom RCDS. Nur bleibe fraglich, ob das Modell auch ohne ein Mehr an Bürokratie sowie Verwaltungsaufwand für die Studenten praktisch umzusetzen sei. Jan Kixmüller
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