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Landeshauptstadt: Bundesregierung lädt zum Bürgerdialog

80 Potsdamer sollen in einer Konferenz Ideen gegen demografischen Wandel erarbeiten. Gebhard Falk macht mit – und ist skeptisch

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Potsdam macht den Anfang: In der Landeshauptstadt findet am morgigen Samstag die bundesweit erste Bürgerkonferenz zum demografischen Wandel statt. Die Konferenz ist Teil der 2011 gestarteten Initiative „Bürgerdialoge“ der Bundesregierung. Dabei sollen Bürger ein Ideen-Papier für die Politik erarbeiten.

Zwei solcher Dialoge hat es schon gegeben, erstmals ist jetzt Brandenburg Schauplatz. Die Bürgerkonferenz in Potsdam ist Auftakt für fünf ähnliche Konferenzen in Esslingen, Kaiserslautern, Hagen, Gotha und Neubrandenburg. „Wir haben uns für Potsdam entschieden, weil es einer der wenigen Städte ist, die positiv vom demografischen Wandel betroffen sind“, sagt Merle Rietschel vom Büro Bürgerdialog. Der gesamte Bürgerdialog besteht aus drei Schritten: Zunächst hatten vier sogenannte Fokusgruppen mit jeweils etwa zehn Bürgern in Berlin, Jänschwalde, Kevelaer und Stuttgart ein Basispapier mit Daten zum demografischen Wandel sowie Fragestellungen erarbeitet. Es dient nun als Grundlage für die sechs Konferenzen. Auf den Bürgerkonferenzen wiederum sollen daraus Vorschläge entwickelt werden, die im letzten Schritt auf einem zweitägigen Bürgergipfel im Januar 2013 zu einem 40-seitigen Bürgerreport ausgearbeitet werden, welcher Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) übergeben wird.

80 Menschen aller Altersgruppen und sozialen Schichten sollen an der Potsdamer Bürgerkonferenz teilnehmen. Im Vorfeld waren dazu 5014 Haushalte telefonisch kontaktiert worden, weitere 156 Personen hatten sich selbstständig beworben, sagt Rietschel.

Einer der Teilnehmer ist der Historiker Gebhard Falk, selbst lange in der Politik tätig: Seit 1946 ist der heute 84-jährige Potsdamer FDP-Mitglied, in der DDR als Mitglied der Liberal-Demokratischen Partei (LDP), für die er von 1961 bis 1978 als Stadtverordneter im Rathaus saß.

Grundsätzlich begrüßt Falk die Idee der Bürgerkonferenz: „Die Leute müssen sich von ihrem Lehnstuhl und vom Fernseher wegreißen und an den politischen Prozessen mehr teilnehmen.“ Er wisse aber noch nicht, was er sich von der Bürgerkonferenz erwarten solle, auch wenn er sehr gespannt auf die Diskussionen über den demografischen Wandel sei, sagt Falk. Um der wachsenden Kluft von immer mehr alten und immer weniger jungen Menschen entgegenzuwirken, „muss man die Familienfreundlichkeit mehr fördern“, findet der fünfmalige Vater: „Meine Kinder haben während des Studiums geheiratet und dann mit Kind studiert – das ist heute sehr schwierig.“

Auch über lokale Potsdamer Themen soll auf der Konferenz gesprochen werden. Die Ergebnisse, die zum Schluss in einer Dokumentation zusammengefasst werden, zielen jedoch auf bundesweite Lösungsvorschläge. An der Konferenz selbst können aus Platzgründen keine Zuschauer teilnehmen, allerdings kann ab Oktober auch im Internet über das Thema diskutiert werden; auch diese Mitarbeit werde in den abschließenden Bürgerreport mit einfließen, versichert Merle Rietschel vom Büro Bürgerdialog. Der Bürgerreport hat zwar nur empfehlenden Charakter, müsse aber vom Bildungsministerium mindestens zur Kenntnis genommen werden.

„Es ist gut, dass das Ministerium sich Meinungen einholt“, sagt Gebhard Falk über den Bürgerdialog, „aber ich fürchte, das Ganze ist ein ziemlich großer Aufwand mit einem wahrscheinlich nicht adäquaten Ergebnis.“ Denn Ideenpapiere wie einen Bürgerreport gebe es viele, meint der ehemalige Stadtverordnete, und „große Schubladen“ gebe es auch. „Mehr Kinder bekommen wir durch dieses Papier jedenfalls nicht.“

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