Landeshauptstadt: Cannabis-Medikament als letzter Ausweg
Landesgesundheitsministerium reagiert auf offenen Brief des Babelsberger Arztes Dr. Gastmeier: Dronabinol ist verschreibbar
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Aus aktuellem Anlass hat das brandenburgische Gesundheitsministerium gestern seine Auffassung bekräftigt, wonach das in Deutschland nicht zugelassene Cannabis-haltige Medikament Dronabinol unter bestimmten Voraussetzungen zu Lasten der Krankenkassen verschrieben werden kann. „Es muss eine lebensbedrohliche Krankheit vorliegen und alle Therapiemöglichkeiten müssen ausgeschöpft sein“, erklärte Ministeriumssprecher Jens Büttner gestern auf PNN-Anfrage. Zudem kündigte das Gesundheitsministerium an, im Streit zwischen dem Potsdamer Arzt Dr. Knud Gastmeier und der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Brandenburg „eine moderierende Rolle im Interesse der Betroffenen“ einzunehmen.
Hintergrund der Ministeriums-Stellungnahme ist ein offener Brief Dr. Gastmeiers an den Vorsitzenden des Vorstandes der AOK Brandenburg, Frank Michalak. Darin kritisiert der Babelsberger Arzt die Weigerung der AOK, die Kosten für die Behandlung des Anorexie- (Appetitlosigkeit) und Kachexie- (Auszehrung)–Syndroms (ACS) mit dem Medikament Dronabinol zu übernehmen. Das ACS-Syndrom tritt bei Krebspatienten auf und kann Dr. Gastmeier zufolge lebensbedrohlich sein. Der Arzt spricht von einer „Lebensbegrenzung durch Verhungern“. Wie den PNN erklärte, seien drei AOK-Patienten und drei Patienten anderer Kassen derzeit von einer Kosten-Übernahme-Verweigerung betroffen. Die Therapiekosten mit Dronabinol gibt der Arzt mit zwei bis sechs Euro pro Tag an. Er bestätigte, dass er Dronabinol letztlich als „Verzweiflungsmaßnahme“ verschreibe, wenn keine anderen Mittel mehr zur Verfügung stehen, um den Patienten zu helfen. Aufgrund der Probleme bei der Dronabinol-Verschreibung sei er der letzte Arzt in Brandenburg, der noch Dronabinol anwende. Andere Ärzte würden an krebsbedingter Auszehrung leidende Patienten im Zweifel ins Krankenhaus einweisen lassen, wo sie mit einer Sonden-Ernährung oder einer Infusionstherapie behandelt werden. Patienten mit einer begrenzten Restlebenszeit im Krankenhaus zu behandeln, wenn sie alternativ gut auf Dronabinol ansprechen, hält der Mediziner für „Freiheitsberaubung“.
AOK-Sprecher Jörg Trinogga erklärte gestern, der AOK seien nur zwei aktuelle AOK-Fälle mit Dronabinol-Behandlung durch Dr. Gastmeier bekannt. Einer sei noch nicht entschieden, bei dem anderen habe der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) eine Dronabinol-Gabe abgelehnt, da nicht hinreichend dargelegt worden sei, dass es keine anderen Behandlungsoptionen mehr gibt. Guido Berg
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