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Interview mit Günther Jauch: "Das Haus kann nicht alle nostalgischen Sehnsüchte auf einmal abdecken"

Am Mittwoch öffnete die geschichtsträchtige Villa Kellermann am Heiligen See wieder. Eigentümer Günther Jauch über sein Konzept, die Erinnerungen der Potsdamer - und sein Lieblingsgericht.

Herr Jauch, Sie eröffnen die Villa Kellermann wieder als Restaurant – es soll ein Ort für die Potsdamer sein. Welche Reaktionen haben Sie bisher erreicht?

Zum einen Freude, dass der mehr als zehnjährige Dornröschenschlaf der Villa nun ein Ende gefunden hat. Zum anderen Neugier, wie das Restaurant jetzt aussieht und natürlich vor allem, wie das Essen schmeckt.

Mit der wechselvollen Geschichte der Villa verbinden sich ganz unterschiedliche Erinnerungen: So war sie Haus des DDR-Kulturbundes, es gab intellektuelle Salons, aber auch Tanzabende. Später war die Villa Kellermann das Restaurant Potsdams der Nachwendezeit mit Gastronom Maximilian Dreier. Wie sind Sie bei der Suche nach einem Konzept damit umgegangen?

In 100 Jahren hat die Villa so viele Nutzungen erlebt, dass sich zwangsläufig ganz unterschiedliche Erinnerungen damit verbinden. Wir sind jetzt im Jahr 2019 – da kann das Haus nicht alle nostalgischen Sehnsüchte auf einmal abdecken. Aber ein Restaurant lässt einen nicht nur die Räume, sondern eben auch das Ufer des Heiligen Sees und den Blick auf das Marmorpalais am intensivsten erleben.

Sie hatten anfangs Sorge, es mit der Nutzung niemandem Recht machen zu können – ist diese Sorge noch da?

Die einen möchten einen Kultursalon, die anderen den alten „Miezenclub“ wiederhaben. Wieder andere favorisieren wechselnde Vernissagen, einen Literaturclub oder eine Bierkneipe mit Raucherzimmer. Man muss sich dann irgendwann entscheiden und ich glaube, dass ein Restaurant am besten passt.

Die Villa Kellermann soll ein Restaurant für die Potsdamer sein, betonen Sie immer wieder. Warum ist Ihnen das so wichtig?

Weil es ein Restaurant in Potsdam an einem der schönsten Orte der Stadt ist. Weil viele Potsdamer Erinnerungen damit verbinden und weil dieser Ort über ein Jahrzehnt schlichtweg nicht mehr zugänglich war. Natürlich freuen wir uns über Berliner Gäste und selbstverständlich auch über Touristen. Hasso Plattners Museum Barberini ist ein überregional wahrgenommener kultureller Hotspot in Potsdam geworden. Vielleicht gelingt das dem Team um Tim Raue im kulinarischen Bereich ebenfalls. Die Mannschaft ist jedenfalls ebenso motiviert wie hochprofessionell. Gleichzeitig merkt man allen die Freude an der neuen Aufgabe an.

Welche Erinnerungen verbinden Sie persönlich mit diesem Ort?

Ich kenne die Villa seit 30 Jahren. Die waren zur Hälfte vom Ristorante Villa Kellermann bestimmt, wo Max Dreier einen durchgeknallten Eigentümer, der aus der Villa eine Spielbank mit Tiefgarage machen wollte, immer wieder tapfer ausgebremst hat. Das Haus stand dann lange leer, obwohl es voll funktionsfähig war. Es fehlte aber ein Nutzungskonzept. Als klar war, dass die Restaurantidee sich durchsetzen sollte, musste die Villa natürlich modernisiert und dem aktuellen Stand der Technik angepasst werden.

Erst in gut einem Monat, am 30. Oktober, kann man derzeit wieder einen Tisch reservieren. Ist der Ansturm größer als erwartet?

Es gibt nach so vielen Jahren natürlich eine große Neugier auf das Konzept von Tim Raue und das Haus selbst. Noch können auch nicht alle vier Räume gleichzeitig „bespielt“ werden. Nach und nach wird sich das ändern und dann wird es auch wieder freie Plätze geben. Das Team freut sich auch weiterhin über Bewerbungen im Service. Wer bei Google die Begriffe „Villa Kellermann“ und „Jobs“ eingibt,  erfährt, dass Peter Fox nur ein Haus am See hatte. Tim Raue verspricht den potentiellen neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: „Wir haben sogar eine Villa für Dich!“

Sie haben als Denkmalretter in Potsdam ja durchaus zwiespältige Erfahrungen gemacht. Musste Sie wieder achtfach gedrehte Kellerfenstergitterstäbe einbauen?

Das sind tatsächlich Geschichten von gestern. Die Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege war eine große Freude. Ich bin immer für denkmalgerechte Sanierung. Manchmal knirscht es, weil sich die beabsichtigte Nutzung, der Brandschutz, Hygienevorschriften oder eben der Denkmalschutz ins Gehege kommen. Aber gerade die Denkmalpflege ist uns in vielen Fällen auch sehr entgegengekommen. Alle Beteiligten waren von gutem Willen und dem Wunsch nach einem schönen Ergebnis getragen. Ich glaube, dass man das der Villa innen wie außen auch ansieht.  

Haben Sie schon ein Lieblingsgericht auf Ihrer Karte – und einen Stammplatz?

Um ehrlich zu sein: Es gibt auf der Karte Gerichte, die ich normalerweise nicht bestellen würde. Zum Beispiel die Königsberger Klopse, die Tim Raue auch schon dem früheren US-Präsidenten Barack Obama serviert hat. Aber es war derart raffiniert und köstlich, dass ich Küchenchef Christopher Wecker inzwischen blind vertraue. In der Villa Kellermann schmeckt mir tatsächlich alles. So, wie früher bei der Oma.

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