Ministerpräsident Christian Wulff bei „Cicero“ Von Guido Berg Der Sender N24 empfand das neue Magazin so: „Cicero ist eine Manege für politische Alphatiere“. Und in der Tat: Gestern hatte sich eins von den großen Tieren der Politik in die Cicero-Villa an der Berliner Straße angesagt – eines, aus dem vielleicht mal gar ein ganz großes werden könnte: Christian Wulff, niedersächsischer Ministerpräsident und stellvertretender CDU-Vorsitzender. Freilich muss Cicero-Chefredakteur Wolfram Weimer dieser Tage die K-Frage, die nach dem nächsten CDU-Kanzler-Kandidaten, irgendwie geschickt auf die Tagesordnung setzen, wenn er Wulff schon im Haus hat. „Wir machen eine Geschichte über Angela Merkel, da ist natürlich wichtig, was ihr größter Kontrahent sagt“, meinte er noch, bevor Wulff mit Gefolge die Redaktion betrat. Für die Merkel-Geschichte hatten die Macher des „Magazins für politische Kultur“ mehrere Maler um Merkel-Porträts gebeten. Eins davon, dass wie andere auch als „nicht cover-tauglich eingestuft wurde“, lehnte unübersehbar zufällig, wie übrig geblieben, an einer Glasscheibe, die als Raumteiler fungiert. Wulff konnte nicht anders, als darauf zu reagieren: „Es gibt ein Buch, wo sie richtig gut drauf aussieht“. Voila, über das M-Thema, Merkels politische Zukunft, war Weimer in null Komma nichts bei der K-Frage. Die allerdings diskutierte er mit dem Gast aus Hannover unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Eine gegenseitige „vertrauensbildende Maßnahme“, sagte der stellvertretende Chefredakteur Markus C. Hurek. Zum Inhalt des Gesprächs „geht nichts raus“, erklärte er. Für die Geschichte über die CDU–Vorsitzende entschieden sich die Cicero-Redakteure im übrigen gegen die Merkel- Gemälde und für ein Schwarz- Weiß- Foto des Starfotografen Jim Rakete. Das könnte schlicht den Namen „Das Mädchen Angela“ tragen – wenn nicht jeder wüsste, dass es sich um die CDU-Chefin Merkel handelt, die wohl selbst Helmut Kohl heute nicht mehr als „das Mädchen“ bezeichnen würde. Vor der Ankunft Wulffs nutzte Hurek die Gelegenheit, über die nächste Ausgabe von „Cicero“ zu schwärmen. An einer Wand sind die fertigen Seiten angepinnt und der zweite Mann im Haus erklärte die Themen: Das Titelthema versucht in Wladimir Putin nicht den Despot, den Unterdrücker zu sehen, sondern den Vorteil für das Riesenreich. Zudem wird der Frage nach gegangen: Was tat Putin in Dresden? Der russische Präsident war da zu DDR-Zeiten als KGB-Mitarbeiter stationiert. Ebenfalls im nächsten „Cicero“: Eine Geschichte von Fritz J. Raddatz über das Verhältnis von „Kunst und Macht“. Augenfällig an der Redaktionswand sind die Seiten mit der Goebbels-Geschichte. Ein Foto zeigt Magda Goebbels mit ihren Kindern, eine Szene, wie sie viele kennen aus dem Film „Der Untergang“ mit Corinna Harfouch als Goebbels Frau. Was aber nicht jeder kennt, ist die Tatsache, dass die Frau des Original-Kriegsverbrechers einen Sohn aus erster Ehe hatte – der überlebte. Mit Themen, die laut Hurek „relevant“ und „hart am Monat“ sind, hat das Magazin aus Potsdam mittlerweile „eine verkaufte Auflage von 52000“ bei einer Druckauflage von 100000 Exemplaren und ist nach Aussage des Verlegers Michael Ringier „Deutschlands größtes Intelektuellenmagazin geworden.“
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