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Der Ex-Stadtverordnete Andreas Menzel (Grüne).

© Andreas Klaer

Stadtpolitik Potsdam: Datenschutzbeauftragte: „Absichtsvoll rechtswidriges Handeln“

Brandenburgs Datenschutzbeauftragte rügt das Vorgehen der Stadtspitze gegen Ex-Grünen-Stadtverordneten Andreas Menzel. Mit einer unerlaubten Mitschrift eines nicht-öffentlichen Protokolls verstießen sie demnach gegen das Datenschutzgesetz. Menzel selbst will weiter kämpfen.

Stand:

Potsdam - Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der Bereich Beteiligungsmanagement im Rathaus und das Büro der Stadtverordnetenversammlung haben gegen das brandenburgische Datenschutzgesetz verstoßen. Das geht aus einem aktuellen Bescheid der Landesbeauftragten für Datenschutz, Dagmar Hartge, hervor. Diesen präsentierten am Mittwoch der Ex-Grünen-Stadtverordnete Andreas Menzel und die Fraktion Die Andere. Hintergrund ist eine Affäre um heimlich weitergereichte vertrauliche Informationen aus der Stadtpolitik, durch die Menzel, ein umtriebiger Ortsbeirat aus Groß Glienicke, in den Fokus der Justiz geraten ist. Nun versucht er den Spieß umzudrehen.

Es geht wie berichtet um eine Anklage der Potsdamer Staatsanwaltschaft gegen Menzel, der 2014 auch Aufsichtsratsmitglied der kommunalen Bauholding Pro Potsdam war. Menzel hatte im April 2014 im nichtöffentlichen Teil der Stadtverordnetenversammlung ein geplantes Grundstücksgeschäft der Pro Potsdam angesprochen. Aus Sicht des städtischen Konzerns hat Menzel damit gegen die Geheimhaltungspflicht für Aufsichtsräte verstoßen – der Konzern stellte Strafanzeige. Der Fall liegt beim Amtsgericht, ein Prozesstermin steht noch aus.

Datenschützerin: Mitschrift war "kommunal- und datenschutzrechtlich unzulässig"

Doch kritisiert Hartge, wie die Rathausspitze sich das wichtigste Beweismittel im Fall beschafft hat, ein Wortprotokoll mit der Erklärung Menzels hinter verschlossenen Türen. Die Anfertigung dieser Mitschrift sei „nicht nur kommunal-, sondern auch datenschutzrechtlich unzulässig“ gewesen, rügte Hartge. Man müsse angesichts der Gesamtumstände ein „absichtsvoll rechtswidriges Handeln“ annehmen.

Die umstrittene Weitergabe des Protokolls an die Pro Potsdam hatte wie berichtet der Bereich Beteiligungsmanagement im Rathaus auf Geheiß von Oberbürgermeister Jakobs als Gesellschafter der Pro Potsdam veranlasst – ohne das Stadtparlament zu informieren. Beteiligt war auch das Büro der Stadtverordnetenversammlung, das die Niederschrift mit Hilfe einer auch hinter verschlossenen Türen üblichen Tonaufzeichnung erstellte. Dann wurde das Papier an die Pro Potsdam gesendet, als Grundlage für die Strafanzeige gegen Menzel.

Aus Sicht von Datenschützerin Hartge sei zwar die Tonaufzeichnung zur Erleichterung von Niederschriften zulässig – aber eben nur für diesen Zweck. Die Stadt hätte die Niederschrift mindestens von der Politik genehmigen lassen müssen. Bereits vor einem Jahr hatte Oberbürgermeister Jakobs den Vorgang bedauert, zumindest der Ältestenrat hätte informiert werden müssen – vielleicht sogar die Stadtverordnetenversammlung. Allerdings sei an dem Fall juristisch nichts zu beanstanden, so Jakobs damals. Diese Rechtsauffassung ließ die Stadt durch ein eigens beauftragtes Gutachten durch die Kanzlei des bekannten Potsdamer Verwaltungsrechtlers Matthias Dombert bestätigen – in dem sogar die formelle Zuständigkeit der Datenschutzbeauftragten bezweifelt wurde, wie diese kritisierte.

Wie teuer war das Gutachten?

Zu diesem Gutachten hat nun die Fraktion Die Andere Fragen – vor allem, wie teuer es war, wie die Auftragsvergabe geregelt war und warum diese Arbeit nicht vom städtischen Rechtsamt geleistet werden konnte. Dazu konnte die Stadtverwaltung am Mittwoch keine Auskunft geben. Ein externer Rechtsbeistand für solche Fälle sei aber nicht ungewöhnlich, sagte Stadtsprecher Stefan Schulz auf Anfrage. Aus Sicht der Stadt habe Oberbürgermeister Jakobs bereits gesagt, dass der Vorgang nicht mit der nötigen Transparenz vonstatten ging und sich dafür auch entschuldigt.

Menzel hat in der Angelegenheit bereits eine noch nicht abschließend bearbeitete Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Jakobs eingereicht. Weitere Schritte – unter anderem der Versuch, staatsanwaltliche Ermittlungen wegen Geheimnisverrats durch einen Gerichtsbeschluss zu erzwingen oder der Gang zur Kommunalaufsicht und zum Petitionsausschuss des Landtags – liefen bisher ins Leere. Auch die Rüge der Datenschutzbeauftragten bleibt zunächst folgenlos. Die Stadt soll ihr lediglich erklären, wie sie in Zukunft bei solchen Angelegenheiten verfahren wird.

Die Andere prüft, ob sie gegen Birgit Müller vorgeht

In der Angelegenheit prüft die Fraktion Die Andere ferner, ob sie gegen die amtierende Vorsitzende des Stadtparlaments, Birgit Müller (Linke), vorgeht – und im Plenum die Verhängung eines Ordnungsgelds in Höhe von 1000 Euro gegen sie beantragt. Müller hatte im Oktober 2014 nach Anfrage der Staatsanwaltschaft die strittigen Niederschriften offiziell übersandt. Das sei ihre Pflicht gewesen, weil die Behörde die Unterlagen angefordert habe, sagte sie den PNN am Mittwoch. Dagegen sagte ihr Vorgänger im Amt, der Grünen-Fraktionschef und Jurist Peter Schüler, vor der Weitergabe hätte es laut Kommunalverfassung eines Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung bedurft. Allerdings sei die von der Fraktion Die Andere während der Pressekonferenz erhobene Forderung eines Rücktritts von Müller aus seiner Sicht „unverhältnismäßig“, so Schüler auf Anfrage.

Menzel wiederum machte deutlich, dass er in der Sache weiter für seine Rechte kämpfen werde – auch „wenn hier dicke Bretter zu bohren sind“.

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