Landeshauptstadt: Denkmalpflege an der kurzen Leine
Umzug der Behörde in Plattenbau an der Hegelallee abgeschlossen – Reaktion auf Battis-Bericht
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Es ist eine merkwürdige Deutschland-Premiere, die Potsdams Baubeigeordnete Elke von Kuick-Frenz (SPD) gestern verkündete. „Ich kenne keine andere Denkmalpflegebehörde in der Bundesrepublik, die in einem Plattenbau aus DDR-Zeiten untergebracht ist“, sagte sie auf einer Pressekonferenz. Dort informierte sie über erste Konsequenzen aus dem im März veröffentlichten Untersuchungsbericht des Berliner Verwaltungswissenschaftlers Ulrich Battis. Dieser hatte Willkürentscheidungen und eine selbstherrliche Mentalität der Denkmalbehörde gerügt und damit öffentliche Vorwürfe des TV-Moderators Günther Jauch bestätigt (PNN berichteten). Der Fall hatte eine Rathauskrise ausgelöst und bundesweit Aufsehen erregt.
Was seitdem passiert ist? Wenig Konkretes – mit einer Ausnahme: Die massiv in die Kritik geratenen Denkmalschützer unter ihrem Chef Andreas Kalesse mussten die Umzugskisten packen. Die Hüter von 4000 Einzeldenkmalen der Welterbestadt hatten bisher im 250-jährigen Barockpalais in der Lindenstraße 54/55, dem denkmalgeschützten früheren Kommandantenhaus und späteren Stasi-Untersuchungsgefängnis residiert. Jetzt sind sie auf Order der Rathausspitze in das Haus 1 der Stadtverwaltung an der Hegelallee gezogen – den DDR-Plattenbau, der vor 1989 Sitz der Stasi-Bezirksverwaltung war. Die Büros sind kleiner. Und der Besucherraum, in dem Investoren und Bauherren Pläne und Akten einsehen können, hat den Charme einer Haftanstalt: kahle Wände, schwarzer Tisch, lila Stühle. Nur eine alte Karte der „Halbinsel Potsdam“ hängt, wie eine Anklage, dazwischen.
Für Chefin Kuick-Frenz ist das neue Ambiente gleichwohl rundum „eine Verbesserung“ der Arbeitsbedingungen. Von einer Bestrafung könne jedenfalls keine Rede sein, betonte sie. Auch die Gefahr, dass es bei den 13 Denkmalschützern Frust- und Demotivationstendenzen infolge des Umzuges geben könne, sehe sie nicht. Der Hauptvorteil, den sich die Rathausspitze von dem Umzug verspricht, seien „kurze Wege“: Die Bauverwaltung sitzt im gleichen Haus. Diese Qualitätsverbesserung gestand denn auch Bereichsleiter Andreas Kalesse durchaus zu. Denkmalrechtliche Erlaubnisse würden jetzt direkt in die Baugenehmigungen eingearbeitet – das schreibt das Baugesetz vor, es wurde aber bisher in Potsdam unzureichend praktiziert. Das neue Domizil kommentierte der zur Loyalität verpflichtete, umstrittene wie kunstsinnige Stadtkonservator, dem wegen seines Engagements zur Rettung der Potsdamer Kulturlandschaft seit 1990 vor einigen Jahren das Bundesverdienstkreuz verliehen worden war, allenfalls sarkastisch. „Wir versuchen das Problem dahingehend zu lösen, auch das jetzige Gebäude unter Denkmalschutz stellen zu lassen.“ Eine entsprechende Bitte sei an das Landesdenkmalamt gegangen. Auf die entgeisterte Nachfrage von Kuick-Frenz bekräftigte Kalesse: Es sei kein Spaß.
Vom Zwangsumzug abgesehen, tut sich Potsdam weiter schwer mit Konsequenzen aus dem Battis-Bericht. Zwar gebe es Schulungen, auch könne das Denkmalamt jetzt direkt auf den juristischen Sachverstand der Bauverwaltung zurückgreifen, sagte von Kuick-Frenz. Für die Bearbeitung von Steuerbescheiden soll es ab 2008 eine zusätzliche und damit zwei Personalstellen geben. Die Beigeordnete versicherte auch, dass es überzogene Auflagen wie „sechsmal gedrehte Gitterstäbe“ bei einem Jauch-Haus „in Zukunft nicht mehr geben“ werde. Wie das gewährleistet werden soll, blieb aber unklar. Kenner des Rathauses rechnen damit, dass sich die Befürchtungen von Jauch bestätigen, der vor „Beamten-Mikado“ und Dienst-nach-Vorschrift warnte.
Unterdessen ist für die Villa Gericke an der Puschkinallee eine Baugenehmigung erteilt worden. Im Battis-Bericht war die rund drei Millionen Euro teure Sanierung der Villa von Insolvenzrechtler Jörg Zumbaum als „weitgehend am Recht vorbei“ kritisiert worden. Dies sei nun geheilt, so von Kuick-Frenz. Zum noch laufenden Disziplinarverfahren gegen sie selbst, das Oberbürgermeister Jakobs unter anderem wegen der Weitergabe einer Vorab-Fassung des Battis-Berichts eingeleitet hatte, wollte die Beigeordnete keine Auskunft geben.
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