
© Andreas Klaer
Schulessen in Brandenburg: Der Blick über den Tellerrand
Mehr als Nudeln mit Pilzsoße: Ein Seminar der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Brandenburg zeigte, wie Cateringfirmen auf veränderte Bedürfnisse in Schulkantinen eingehen können.
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Die Töpfe scheppern, das Öl zischt in den heißen Pfannen, die Messer klopfen rhythmisch auf die Schneidbretter. Es ist voll in der Küche des Café Midi im Treffpunkt Freizeit. Zwölf Köche arbeiten konzentriert, schnippeln, würfeln und raspeln Süßkartoffeln, Petersilienwurzeln, Rote Bete. Das Gelbe-Linsen-Curry verströmt bereits einen köstlichen Duft nach Ingwer, Limone und Kokos. Der gemahlene Koriander röstet in der heißen Pfanne und erfüllt die Luft mit seinem Aroma. Inhaberin Lena Mauer und Küchenchefin Nadia Pfister eilen mit Zutaten und Töpfen durch den Raum, geben Tipps, unterhalten sich angeregt. So voll ist es selten in ihrer Küche.
Die Gäste, die an diesem Samstagabend zum Kochen hier sind, kommen aus ganz Brandenburg. Normalerweise arbeiten sie in Großküchen, bereiten Hunderte Portionen gleichzeitig zu, in Töpfen mit bis zu 400 Litern Fassungsvermögen. Sie versorgen Kitas, Schulen, Seniorenheime und Kantinen. Heute sind sie Teilnehmer des Seminars „Kochen für Kinder aus anderen Kulturen“, zu dem die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Brandenburg eingeladen hat. „Das Seminar ist ausgebucht“, freut sich Katja Saupe von der Vernetzungsstelle. Es habe sogar Anfragen aus Mecklenburg-Vorpommern und Berlin gegeben. Die steigende Zahl von Flüchtlingen haben die Mitarbeiter der Vernetzungsstelle zum Anlass für ihr Seminarangebot genommen. „Das Thema geht nicht an der Schulverpflegung vorbei“, sagt Maren Daenzer-Wiedmer, Projektleiterin in der Vernetzungsstelle. Die Caterer müssen sich auf veränderte Bedürfnisse ihrer Kunden einstellen. Derzeit werden rund 5000 Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien an Brandenburger Schulen unterrichtet. In Potsdamer Schulen sind es etwa 700. Katja Saupe sieht in dieser Entwicklung gerade auch für Caterer eine Chance: „In den ländlichen Gebieten Brandenburgs geht die Anzahl der Kinder massiv zurück – Prognosen sagen zum Jahr 2030 bis zu 30 Prozent weniger Kinder in den Schulen voraus.“
Im Seminar erfahren die Teilnehmer nicht nur, wie Gerichte ohne Schweinefleisch zubereitet werden. Die Kursleiterinnen liefern Daten, Zahlen und Fakten zum Thema Einwanderung, klären über die Esskulturen und Speisevorschriften im Judentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus auf.
In der Küche steht Lena Mauer und schwenkt Zucchinischeiben in der Pfanne. In der Essensversorgung für Flüchtlinge hat sie bereits Erfahrung. Seit dem vergangenen November bekocht sie mit ihrem Team täglich auch 40 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Potsdam, zweimal wöchentlich außerdem Teilnehmerinnen eines Sprachkurses – zum Selbstkostenpreis. „Wir wollen unterstützen und daraus keinen Profit schlagen“, betont sie. Aus den Rückmeldungen lernt sie viel über die Ernährungsgewohnheiten und -vorlieben und richtet sich darauf ein. „Von Roten Beten waren die syrischen Jugendlichen nicht so begeistert, die afrikanischen Frauen dagegen sehr“, sagt sie lachend. „Gut gehen immer Kürbisgemüse, Nüsse, Trockenfrüchte und auch Pasta. Es gibt aber auch mal Käsespätzle.“
Für das Seminar hat Lena Mauer mit ihrer Küchenchefin drei Gerichte ausgesucht, die leicht zu variieren sind. „Wichtig ist, dass aus diesen Grundgerichten weitere Gerichte entstehen können, indem etwa statt Linsen Kichererbsen oder statt Reis Couscous verwendet wird.“ Neben dem Gelbe-Linsen-Curry kochen die Seminarteilnehmer ein Süßkartoffelragout mit Erdnusssoße und ein Hühnchen mit Schokolade auf gegrilltem Wurzelgemüse.
Sandra Danne aus dem uckermärkischen Pinnow nimmt die Anregungen dankbar an. Sie bekocht drei Kitas und zwei Schulen. Ganze drei Flüchtlingskinder sind es bisher, die sie dabei extra berücksichtigt und für die es meist ein vegetarisches Gericht gibt. Interessiert blickt sie auf den Couscous, den Lena Mauer gerade zubereitet. „Ein Teil Couscous, ein Teil heißes Wasser, dann hat es genau die richtige Konsistenz“, erklärt Mauer. Bisher hat Sandra Danne in ihrer Küche Couscous noch nie verwendet. „Das werde ich dem Chef mal vorschlagen“, sagt sie lachend.
Dass es Bewegung in den Speiseplänen der Schulkantinen gibt, erlebt Lucas Brummer bereits jetzt: „Wir sind gerade dabei, unsere Speisepläne anzupassen und auch mehr vegetarische Gerichte anzubieten“, sagt der Koch, der für die Wildauer Servicegesellschaft arbeitet und Seniorenheime, Schulen und einen Integrationskindergarten versorgt, in dem zehn Prozent der Kinder muslimisch sind. „Es sollen eben nicht immer nur die typischen Nudeln mit Champignonsoße sein, sondern auch mal die Gemüsepfanne mit Bulgur.“ Wichtig sei dabei immer, die Preise, den Aufwand und die praktische Umsetzbarkeit im Auge zu behalten.
Inzwischen brutzelt das Hühnchen im Ofen, der Couscous ist durchgezogen. Das Linsencurry wird mit Granatapfelkernen dekoriert und die große Tafel im Foyer festlich eingedeckt. „Der gegenseitige Austausch ist wichtig“, sagt Lena Mauer. Beim gemeinsamen Essen werden die Seminarteilnehmer besprechen, welche Vorschläge sie mitnehmen und umsetzen können.
Heike Kampe
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