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Landeshauptstadt: „Der hatte einfach zu viel an der Backe“

Viele Potsdamer haben vor allem Verständnis für Platzecks Schritt – und wünschen ihm gute Besserung

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Die Nachricht ist noch frisch am Montag – doch die meisten Potsdamer wissen schon Bescheid: Matthias Platzeck hört auf. Auch den Grund – gesundheitliche Probleme nach dem Schlaganfall – kennen die meisten. Die große Unbekannte in dem Spiel ist Dietmar Woidke. Bei dem Namen klingelt schon was – aber wofür der Innenminister politisch steht, ist vielen unklar. Eine Alternative zu ihm fällt aber auch Heiko Roth nicht ein. „Mal gucken, was sich bis zur Landtagswahl noch tut“, sagt er.

„Der ist ziemlich farblos“ sagt auch Anne-Kathrin Fröde. Ein besserer Kandidat fiele ihr aber auch nicht ein, gesteht sie. Dass Platzeck seiner Gesundheit Vorrang vor der Politik gibt, findet sie völlig in Ordnung. Seinen Job habe er gut gemacht – auch wenn er ihrer Meinung nach bei der Bildungspolitik im Land einiges falsch gemacht hat. Das BER-Debakel will sie dem Ministerpräsidenten hingegen nicht vorwerfen: „Die Verantwortung möchte ich selbst auch nicht tragen.“ „Der hatte einfach zu viel an der Backe“, sagt auch Peter Kurgan. Für Platzeck selbst ist es in seinen Augen die richtige Entscheidung.

Das sieht auch Volker Mingram so: „Der hat auch in schwierigen Zeiten so viel geleistet – aber es ist klar, dass der Druck irgendwann zu groß wird. Die politische Verantwortung zusammen mit dem BER-Aufsichtsrats-Vorsitz – das vereinbart sich in keinster Weise.“ Da müssten Profis aus der Wirtschaft ran, die solche Bauprojekte durchpeitschen, meint er. Jemanden wie Platzeck dann dafür zu geißeln, wenn es schiefgeht, das sei unmenschlich.

„Die Öffentlichkeit hat da schon mit Schuld“, findet auch Regine Heinicke. Sie ist wirklich traurig über den Rücktritt – dabei kommt sie nicht einmal aus Brandenburg: „Der ist einer der glaubwürdigen Ost-Greifbaren in der SPD – wir in Sachsen, wo die CDU seit der Wende die Mehrheit hat, haben uns da immer ein bisschen für unsere Nachbarn gefreut.“

„Und er hat Brandenburg ziemlich weit nach vorne gebracht“, sagt Bodo Hascher. Aber Platzeck sei zu weich für den Job. „Hier in der DDR hatten die nicht diese Schauspielschule wie die von der anderen Seite“, sagt er. Viele Politiker aus dem Westen würden sich solche Kritik, wie es sie in letzter Zeit an Platzeck gab, weniger zu Herzen nehmen. „Er ist daran kaputtgegangen.“

Dass die Negativ-Schlagzeilen rund um das nicht enden wollende BER-Desaster zu Platzecks gesundheitlichen Problemen beigetragen haben, glaubt auch Wolfgang Wöhrl. „Als ich das heute gelesen habe, dachte ich schon: Hoppla, was ist denn da los?“ Ein Schlaganfall sei ja auch nicht gleich ein Schlaganfall, manche arbeiteten nach solchen Erkrankungen ja auch sehr schnell weiter. Der gebürtige Bayer lebt erst seit einiger Zeit in Potsdam – Platzecks designierter Nachfolger Dietmar Woidke ist ihm nicht wirklich ein Begriff. Dass der an Platzecks Charisma anknüpfen kann, glaubt auch Dirk Fiedler nicht: „Platzeck war ein ausgesprochener Sympath.“

„Ohne ihn fehlt Brandenburg und der SPD dann eine Persönlichkeit“, meint Karin Gösling. Ob Woidke ein guter Nachfolger wird, müsse man aber abwarten. „Politisch ist der Rücktritt von Platzeck auf jeden Fall ein Verlust“, sagt auch Regine Schwendtner. „Aber er tut das Richtige – er sollte an seine Gesundheit und auch an seine Frau und seine Familie denken.“

Nur ein Stylist aus Potsdam, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, findet das Ganze nicht so schlecht: „Es wird Zeit, dass was Neues, was Frisches reinkommt.“ Ariane Lemme

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