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Gedenken. Karin Gueffroy am Mauerdenkmal am Griebnitzsee.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Der Schmerz bleibt

Zum Mauergedenken am Griebnitzsee kam auch Karin Gueffroy, deren Sohn 1989 erschossen wurde

Babelsberg - Am heutigen Samstag will sie nur auf den Friedhof gehen, für sich sein, am Grab ihres Sohnes. „Ich bin immer froh, wenn dieser 13. August vorbei ist“, sagt Karin Gueffroy. Ihr Sohn Chris Gueffroy war der letzte DDR-Flüchtling, der an der Berliner Mauer erschossen wurde. In der Nacht vom 5. zum 6. Februar 1989 starb er zwanzigjährig nach mehreren Schüssen der Grenzer am Britzer Zweigkanal zwischen Berlin-Treptow und Berlin-Neukölln. Erst zwei Tage später erfuhr die Mutter damals von seinem Tod – nachdem sie „zur Klärung eines Sachverhaltes“ von der Staatssicherheit abgeholt und mehrere Stunden verhört worden war. Ihr Sohn, erklärt man ihr schließlich, sei beim Angriff auf eine „militärische Sicherheitszone“ der DDR umgekommen. Der Verlust schmerzt die Mutter bis heute: „Man lernt nur, damit zu leben, das geht nicht weg.“

Am gestrigen Freitagnachmittag war Karin Gueffroy auf Einladung des Vereins „Forum zur kritischen Auseinandersetzung mit DDR-Geschichte im Land Brandenburg“ zur Gedenkveranstaltung am Mauergedenkort nahe der Stubenrauchstraße am Griebnitzsee gekommen – zusammen mit gut 20 Potsdamern, die an den Mauerresten der Opfer des DDR-Regimes gedachten. Die Einladung habe sie aus alter Verbundenheit mit dem Forum-Verein angenommen – Gueffroy, die in Berlin lebt, hatte sich gemeinsam mit dem Forum bereits vor Jahren für den Erhalt der Ausstellung zur Glienicker Brücke eingesetzt. Mittlerweile hat die Stadt die Schau aber einmotten lassen.

Die Erinnerung an die deutsch-deutsche Grenze und ihre Opfer sei nicht nur an runden Jahrestagen wichtig, betonte Manfred Kruczek vom Forum-Verein. Dafür seien „authentische Orte“ wie die Mauergedenkstätte in der Stubenrauchstraße von großer Bedeutung. Insgesamt sieben Meter Mauer sind dort erhalten, der Forum-Verein hatte lange für die Anerkennung als Denkmal gekämpft – erst vor drei Jahren wurde sie bewilligt. „Jedes Mauersegment demaskiert die DDR als Unrechtssystem“, so Kruczek. Eine nachhaltige Vermittlung von Wissen über kommunistische Diktaturen sei entscheidend, „damit die junge Generation in die Lage kommt, den Unterschied zwischen einer Diktatur und einer Demokratie zu begreifen“, betonte er. Das sei auch zwanzig Jahre nach Mauerfall „leider kein Allgemeingut“. Kruczek begrüßte die Enquete-Kommission des Landtages zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte, die im Land ein Gespräch über geschehenes Unrecht in Gang gebracht habe: „Das Kartell des Schweigens ist aufgebrochen.“

Am Gespräch mit der jungen Generation liegt auch Karin Gueffroy – mehr als an offiziellen Gedenkveranstaltungen. Wenn Anfragen von Schulen oder Jugendlichen kommen, sage sie gern zu. Und erzählt von ihrem Schicksal, auch wenn ihr das schwer fällt. Aber wie wichtig es ist, weiß sie auch: „Wenn ich nicht rede, haben die anderen das Wort.“ Jana Haase

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