SERIE: Die Barock-Perle soll noch mehr glänzen Kulturerlebnis Brandenburg
Der größte Schatz im Kloster Neuzelle bald wie neu: Das 250 Jahre alte Kulissentheater wird restauriert
Stand:
Den größten Schatz des Klosters Neuzelle zu besichtigen, zwingt zum fast vollständigen Kleiderwechsel. Die Luft im abgedichteten Raum hängt voller giftiger Partikel. Dagegen hilft nur ein Vollschutzanzug mit Haube und Luftschlauch – ein Anblick, als gingen Astronauten auf Erkundungstour. Dann öffnet sich die Schleusentür, hinter der Restauratoren an europaweit einzigartigen Kulissenteilen, an mannshohen Figuren auf Holzplatten arbeiten.
Die Verständigung klappt durch die Plexiglasscheibe des Raumanzugs hindurch einigermaßen gut. Restauratoren und Restauratorinnen kämpfen gegen ein vor Jahrzehnten aufgebrachtes Holzschutzmittel, das sich später aber als höchst gesundheitsschädlich erwies. Ganz vorsichtig wird dieser Schutzfilm Zentimeter für Zentimeter abgewaschen, ohne die 250 Jahre alten Farben zu zerstören.
„Ohne diese aufwendige Arbeit könnten wir unseren Besuchern das Kulissentheater nicht zeigen“, sagt Walter Ederer von der Stiftung Stift Neuzelle. „Es handelt sich immerhin um den vollständigen Passionszyklus vom Gebet Jesu am Ölberg bis zur Auferstehung mit der Grablegung Jesu.“ 1863 dürften die bis zu vier Meter hohen Kulissenteile letztmalig vor Ostern in der Neuzeller Klosterkirche St. Marien gezeigt worden sein. Glückliche Umstände und vor allem die etwas versteckte Lage des Dorfes an der Oder begünstigten die vollständige Erhaltung der Szenenbilder. Während sich Kloster und Kirchen in Bayern oder Tirol rühmen, wenigstens zwei bis drei solcher Tafeln zeigen zu können, besitzt Neuzelle gleich 120 Kulissenteile und 120 bemalte Figurengruppen. Einige sind jetzt schon im Klostermuseum und in der Klosterkirche zu sehen.
Doch der große Moment kommt zu den Osterfeiertagen im nächsten Frühjahr. Dann öffnet das in den Weinberg hinein gebaute Museum seine Türen für die Besucher – und Schutzkleidung ist dann nicht mehr nötig.
Mit Ausnahme des Parks Sanssouci gibt es nirgendwo sonst in Brandenburg eine größere Kultur-Baustelle. 42 Millionen Euro aus den Kassen des Landes, des Bundes und der EU sind seit 1993 ins Kloster investiert worden. Bis nächstes Jahr kommen weitere sieben Millionen Euro dazu, vor allem für das Museum.
Das Geld hat – auch dank der Restauratoren, Bauleute und Gärtner – Neuzelle eine Solistenrolle im ansonsten preußisch-verschinkelten Brandenburg verschafft. „Barockwunder der Mark“ wird die prachtvoll ausgemalte katholische Stiftskirche genannt, obwohl sich bei genauem Hinsehen manches Bauteil als Pappmaché erweist. Beweis für die lange Zugehörigkeit Neuzelles zu Böhmen und Sachsen, die bis zum Wiener Kongress 1815 dauerte. Die preußische Ära beendete zwei Jahre später das Klosterleben. Eine Stiftung übernahm die Besitztümer bis 1955. Nach der Wende wurde diese Einrichtung wiederbelebt.
Inzwischen hat auch die lange Zeit vernachlässigte evangelische Kirche kein graues Gesicht mehr. Wer sich von Osten her der Anlage nähert, erlebt beide Kirchen als harmonisches Duo. Zu deren Füßen liegt der um 1760 angelegte Klostergarten, einer der schönsten weit und breit. Ihm blieb die sonst übliche Überformung als Landschaftspark im 19. Jahrhundert – nach den Leitbildern von Lenné, Pückler und anderen Gartenarchitekten – erspart. „Wir haben ihn aber buchstäblich mit alten Vorlagen in der Erde gesucht“, erinnert sich Walter Ederer an die ersten Aktionen Anfang der 1990er Jahre. „Mithilfe eines Planes von 1759, der in der Berliner Staatsbibliothek aufbewahrt wurde, haben wir den Park sozusagen wieder ausgegraben.“ Denn zu DDR-Zeiten hieß das Gelände „Thälmannhain“ und verwilderte Stück für Stück. Die Orangerie diente als Turnhalle und am Gartenrand entstanden Kleingärten.
300 Bäume fielen in den letzten Jahren, um die barocken Sichtachsen überhaupt wiedererkennen zu können. Nun stimmt also auch wieder die Kulisse.
HEUTE:
Kloster Neuzelle
Erschienene Folgen:
24. Mai: Sanssouci
30. Mai: Ausstellung Doberlug-Kirchhain
3. Juni: Lausitzer Partnerausstellungen
6. Juni: Oper in Cottbus, Ausstellungen Branitz
Letzte Folge:
13. Juni: Wustrau, Netzeband, Rheinsberg
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: