Landeshauptstadt: Die Klingonen-Brücke gerettet
Bis Juni sind in den Bahnhofspassagen 200 Requisiten aus dem Star-Trek-Universum zu sehen
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Star Trek hautnah: Vom original Vulkanier-Ohr aus Latex bis zur kompletten Romulaner-Rüstung – für drei Wochen verwandeln sich die Potsdamer Bahnhofspassagen in einen regelrechten Hollywood-Requisitenfundus. Bei den „Trekkie-Tagen“, die passend zum Start des neuen Star-Trek-Films „Into Darkness“ stattfinden, werden rund 200 Original-Requisten, Kostüme, Poster, Masken, Modelle und Kulissenteile aus allen Dekaden und Verfilmungen der Kultserie zu sehen sein. Bereits am Eröffnungtag am Montag blieben Besucher mit leuchtenden Augen vor den Vitrinen stehen, darunter auch viele Nicht-„Trekkies“.
Martin Netter verwundert diese altersübergreifende Faszination nicht: „Mit Star Trek sind drei Generationen groß geworden.“ Der rauschebärtige „Trekkie“ aus Bad Münder in Niedersachsen hat die Ausstellung auf Wunsch des Centermanagements der Bahnhofspassagen nach Potsdam geholt. Sie ist nur eine kleine Auswahl aus dem Fundus des 53-Jährigen, der mit der „Filmwelt Collection“ die weltweit größte Star-Trek-Sammlung in privater Hand besitzt. Netter schätzt, dass sie zwischen 100 000 und 500 000 Stücke umfasst: „Das größte davon ist ein rund zehn Meter langes Weltraum-Shuttle, das etwa 20 000 Dollar gekostet hat.“ Dazu spricht er von vielen Konzeptzeichnungen und Original-Fotos vom Dreh. Einige davon sind auch in der Potsdamer Ausstellung zu sehen, zusammen mit Phasern, Trikordern, einem kompletten Borg-Kostüm, Computerkonsolen, der Uniform von Kapitän Picard oder einer rituellen Klingonen-Waffe namens „Bat’leth“.
Bereits 1978 hatte Netter den Filmsammler-Handel „Filmwelt Berlin“ eröffnet, anfangs verkaufte er unter anderem Star-Wars-Fanartikel. Von 1993 bis 2005 fertigte er als weltweit größter Lizenznehmer für den Nachbau von Star-Trek-Requisten über 700 Stücke für Fans, darunter Hunderte von Kostümen. Einen Großteil seiner Sammlung hat Netter jedoch erst 2006 erworben: „Das Film-Unternehmen Paramount hatte vier Lagerhallen voll mit Kulissen und Gegenständen aus 20 Jahren Star Trek.“ Da das Interesse an der Serie zu diesem Zeitpunkt aber gering gewesen sei, wollte Paramount die Lagerbestände zuerst sogar vernichten, sagt Netter, habe sich dann aber für eine Versteigerung entschieden: „Einen Großteil davon erwarb ich, aber von den vier Lagerhallen wurden drei am Ende doch verschrottet, weil es sich um schwer verkäufliche Groß-Kulissen handelte.“
Netter rettete unzählige Artefakte, darunter eine Maschinenraum-Kulisse oder eine Kommando-Brücke der Klingonen. Und nach und nach wuchs seine Sammlung weiter: „Ich glaube, ich habe von so gut wie jedem Kostüm aus den Serien und Filmen ein Exemplar.“ An der Komplettierung der Kommando-Brücke, die in „Star Trek: Enterprise“ von 2001 bis 2005 zu sehen war, arbeitet Netter schon seit sechs Jahren: „Sie besteht aus 120 Einzelteilen und drei fehlen mir noch.“
Die Auktionen und Aufkäufe von Restbeständen finanziert Netter vor allem über den weltweiten Online-Handel von „Filmwelt Berlin“. Über die Kosten seiner Schätze will er sich nicht äußern: „Ich war halt immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“ Da viele Exponate sehr wertvoll sind, werden sie während der Dauer der Ausstellung von einem separaten Sicherheitsdienst bewacht.
Frei zugänglich ist ein detailgetreuer Nachbau der Enterprise-Brücke aus den 1960er-Jahren: „Von der Originalserie gibt es leider so gut wie keine erhaltenen Requisiten oder Kulissen mehr“, sagt Netter. Wer will, kann sich auch im Kapitäns-Sessel fotografieren lassen – passende Star-Trek-Uniformen in allen Größen können dafür kurzfristig ausgeliehen werden. Die Mitglieder der „Star-Trek-Tafelrunde“, ein Zusammenschluss von Potsdamer Star-Trek-Fans, sind jedenfalls begeistert: Es sei schon geplant gewesen, Netter wieder zu besuchen – doch eine Woche später wurde bekannt, dass die Ausstellung nach Potsdam komme. Ohnehin sei man in Potsdam – auch mit Blick auf die Star-Trek-Ausstellung 2011 im Filmpark Babelsberg – recht verwöhnt. „Von den Exponaten gefällt mir die Shinzon-Rüstung aus dem ‚Nemesis’-Film besonders gut“, sagt der Potsdamer Trekkie Michael Schmid.
2009 hatte Netter einen Teil seiner Sammlung als Star-Trek-Museum in Lauenau bei Hannover eröffnet, musste jedoch nach einem Jahr wieder schließen. Heute bietet er stattdessen Interessierten Führungen durch seine zwei Lagerhallen an: „Die Leute wollen schließlich die ganzen Storys hinter den Artefakten hören.“ Und Netter kennt viele Storys, denn im Laufe der Jahre hat er unzählige Reisen nach Hollywood unternommen und sich dort mit etlichen an der Produktion der Serie beteiligten Personen unterhalten.
Eines der Highlights der Ausstellung ist der persönliche Filmset-Stuhl von Brent Spiner alias Commander Data, einer der beliebtesten Star-Trek-Charaktere: „Alle anderen Schauspieler hatten unterschiedliche Stühle, aber Spiner legte Wert darauf, immer auf seinem persönlichen Stuhl zu sitzen“, verrät Netter, „er hatte sogar einen eigenen Assistenten, der ihm immer diesen Stuhl ans Set getragen hat.“ Weil der Schauspieler den Stuhl von 1987 bis 2002 benutzte, war irgendwann die Rückenlehne aus Stoff gerissen: „Sie wurde extra wieder geflickt“, schmunzelt Netter.
Neben den Requisiten dokumentiert die Ausstellung auch die teilweise kuriosen Merchandise-Produkte, die rund um die Serie produziert wurden: Löffel mit Emblemen der Enterprise-Crew, Kaffeetassen in Form von Köpfen bekannter Star- Trek-Figuren, Vulkanier-Ohren zum Aufsetzen, Fan-Magazine und sogar Pappteller mit dem Conterfei von Mr. Spock. All das hat Martin Netter gesammelt. Das Wichtigste dabei, das betont er extra: „Das ist meine Frau, die das Ganze seit Jahren mitmacht!“
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