Landeshauptstadt: Die Legende lebt
Ein Knistern in den Lautsprechern – dann ist sie da. Ihre unverwechselbare, rauchige Stimme.
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Ein Knistern in den Lautsprechern – dann ist sie da. Ihre unverwechselbare, rauchige Stimme. Eine Telefonverbindung 1991 zwischen Potsdam und Paris. Das große Babelsberger Filmatelier wird nach seinem wohl größten Star benannt – Marlene Dietrich. Per Telefon gibt die Schauspiellegende damals ihren Segen. Ihr Gruß klingt auch nach Abschied, es sind nur wenige Monate vor ihrem Tod: „Auf Wiedersehen, ich drück die Daumen für Sie! Marlene.“
Das Tondokument sorgte für einen Gänsehautmoment beim erfreulich erfrischenden Festakt zum 100. Geburtstag von Studio Babelsberg, zu dem am Sonntag rund 600 Gäste in die Marlene-Dietrich-Halle gekommen waren. Unter den Gratulanten waren neben Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) auch zahlreiche Filmschaffende, die im Studio arbeiten oder gearbeitet haben – etwa die Regisseure Volker Schlöndorff, Rolf Losansky, Rainer Simon und Andreas Dresen oder die Schauspieler Mario Adorf und Gojko Mitic.
Doch nicht den Berühmten galt der erste Dank der Studiochefs Carl L. Woebcken und Christoph Fisser – sondern Handwerkern, Mitarbeitern, Freischaffenden. Woebcken nannte die Defa-Zeit ein „Biotop, in dem die Tradition des Filmhandwerks überlebt hat“. Auch die Defa-Mitarbeiter hätten „das Fundament für den heutigen Erfolg“ gelegt.
Es sei die „große lebendige Filmfamilie, die das Studio am Leben erhielt“, sagte auch Berlinale-Chef Dieter Kosslick. Er überbrachte in charmant-chaotischer Manier seine Glückwünsche und eine Berlinale-Kamera für „Alltagsfilme und Weltfilmkunst“. Überreicht wurde die Auszeichnung vom britischen Regisseur Stephen Daldry und dem Schauspieler David Kross, die in Babelsberg gemeinsam den Oscar-prämierten Film „Der Vorleser“ gedreht hatten.
Denn längst hat sich das Studio seinen Platz im internationalen Filmgeschäft erarbeitet, das zeigte ein rasanter filmischer Überblick über die Produktionen der vergangenen Jahre: Brad Pitt, Quentin Tarantino, Kate Winslet, Tom Cruise, Matt Damon, Cate Blanchett oder Roland Emmerich haben in Babelsberg gedreht. „Früher hat man hier ,Bitte’ gesagt, jetzt sagt man ,Action’“, fasst es der deutsche Regisseur Leander Haußmann zusammen.
Einen Ausflug in die Anfangsjahre gab es mit einem Film über den Babelsberg-Gründer Guido Seeber, den Schüler des Babelsberger Filmgymnasiums gedreht hatten: Seeber ließ das erste Glasatelier in Babelsberg bauen. Dort fiel am 12. Februar vor 100 Jahren die allererste Klappe. Gedreht wurde „Der Totentanz“ mit Asta Nielsen. Die Wiederaufführung des restaurierten Films, begleitet vom Deutschen Filmorchester Babelsberg, zog das Publikum 35 Minuten lang in den Bann. Dem „Totentanz“ folgten in Babelsberg mehr als 3000 Filme, vier politische Systeme hat die Traumfabrik überlebt. „Der Mythos hat sich seinen Weg gebahnt“, sagte Ministerpräsident Platzeck.
Der „Geist von Marlene“ sei zwar spürbar in Babelsberg, sagte Regisseur Daldry. Aber es gehe auch um die Zukunft: „Wir freuen uns darauf, hier zu arbeiten – für den Rest unseres Lebens.“
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