Landeshauptstadt: Die neue E-Klasse
18 PS für die City: Stefan und Borjana Eghbalian importieren von Potsdam aus das Elektro-Auto „Greeny“
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Es hat weder Katalysator noch Rußpartikelfilter und ist nach Auskunft seiner Importeure dennoch „das grünste Fortbewegungsmittel auf dem Markt“ – vom Fahrrad einmal abgesehen. Gemeint ist „Greeny“, ein Elektroauto, das allein mit der Kraft seiner Batterie bis auf 80 Kilometer pro Stunde beschleunigen kann. Das Volt-Vehikel wird im indischen Bangalore produziert und von der Potsdamer Firma „visiongreen“ nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz importiert. Verkaufsstart in Deutschland ist im September. Der erste hierzulande verkaufte Greeny wird einen blauen Anstrich haben und an ein Potsdamer Unternehmen ausgeliefert. Weltweit sind bereits 3000 Greenys unterwegs. „visiongreen“ plant zudem die Gründung eines Forschungscenters in Brandenburg, um dort neue Ausstattungsvarianten für den Greeny zu entwickeln.
Hinter „visiongreen“ stehen Stefan und Borjana Eghbalian. Das junge Paar hat bereits Erfahrungen im Firmengründen gesammelt; sie baute in London „Silk wing“ auf, ein Modelabel für ökologische Bekleidung; er gründete sein erstes „Internet-Startup“ in Oslo, im Jahr 2000 ist es „größter Domain-Händler der Welt“. Die Mehrheiten seiner Firmen hat Stefan Eghbalian verkauft. Seine Frau hat für die Modefirma Leute in London, deshalb muss sie „nicht ständig vor Ort sein“.
Sie sehen die Nachfrage und wenn da keiner ist, sie zu bedienen, „dann machen wir es“, sagt der studierte Volks- und Betriebswirt. So war es auch mit Greeny. Die großen Autofirmen zeigten in Autosalons immer nur Prototypen von Elektroautos, Serienreife werde aber erst in 15 Jahren erreicht. „Wir müssen die Probleme von heute aber jetzt lösen“, sagt Stefan Eghbalian, der in Cambridge seinen Ph.D machte, seinen Doktor. Der Import des Greeny ist für beide nicht nur eine Sache der kühlen Marktanalyse, sondern auch eine Frage der ökologischen Überzeugung. Stefan Eghbalian: „Wir hatten noch nie ein Auto.“ Gern fordert der 40-Jährige zum Schließen der Augen auf: „Stell dir vor, du stehst am Piccadilly Circus (der belebteste Platz in London - d. Red.) und es ist still, du hörst die Vögel singen, atmest tief durch und die Luft ist sauber.“ Natürlich ist es nicht so, aber es könnte so sein – wenn die Leute Elektroautos fahren würden. Selbst Skeptikern empfiehlt er beim Neubau einer Garage an eine Steckdose zu denken, nur für alle Fälle.
Nun haben die Eghbalians doch ein Auto, es ist ein Greeny im bissigen Leoparden-Look, der auf einem begrünten Hinterhof in Potsdam-West an einer Steckdose hängt. In zweieinhalb Stunden ist die recycelbare Blei-Batterie zu 80 Prozent aufgeladen, in sechs Stunden zu 100 Prozent. Die Reichweite beträgt 80 Kilometer. 80 Prozent aller Autofahrer legen Eghbalian zufolge nicht mehr als durchschnittlich 45 Kilometer am Tag zurück. 13 000 Euro soll das abgasfreie Auto kosten. Stefan Eghbalian macht darauf aufmerksam, dass die „Costs of Ownership“, die Eigentümerkosten, geringer sind als bei Autos mit Verbrennungsmotoren. Einmal „Volltanken“ kostet beim Greeny ab einem Euro. Bei grünem Strom aus erneuerbaren Energiequellen sind es zwischen 1,30 und 1,80 Euro. Zum Vergleich: Ein Sprit schluckender Wagen verbraucht im Durchschnitt sieben Liter auf 100 Kilometer – das macht etwa neun Euro. Weiterhin sind Elektroautos in Deutschland die ersten fünf Jahre lang steuerbefreit. Versichert wird der Greeny ab 260 Euro im Jahr.
Aber wie fährt sich nun die neue E-Klasse? Dass er jetzt „an“ ist, muss Stefan Eghbalian extra ansagen, denn kein Motorengeräusch, kein Vibrieren signalisiert die Fahrbereitschaft. Schwächen im unteren Drehzahlbereich kennt ein Elektroauto nicht – beim Tritt auf das „Gaspedal“ sind die 18 Pferdestärken unvermittelt da, die Beschleunigungswerte sind gut. Schön ist auch der enge Wendekreis und die Stille beim Fahren. Wer die Lehnen der Rücksitze – wo zu sitzen sich der Enge wegen nicht empfiehlt – umklappt, kann dort gut den Wocheneinkauf und einen Kasten Bier transportieren. Airbags hat der Greeny nicht – aber es besteht ja auch nicht die Gefahr, mit 100 Sachen gegen einen Brückenpfeiler zu fahren.
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