
© Andreas Klaer
Gemäldegalerie im Park Sanssouci: Die Rückkehr der Sinnlichen
Friedrich II. holte es als Symbol sinnlicher Liebe nach Sanssouci, seit 1945 galt es als verschollen. Nun ist das Gemälde „Venus im Pelz“ wieder in die Gemäldegalerie zurückgekehrt.
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Ein wenig mitgenommen sieht sie aus. Die Haut an den Beinen ist rissig, die eine Brust heller als die andere und die Arme sind etwas fleckig. Dennoch: Keck kommt sie rüber, die „Venus im Pelz“. Wie sie dasteht, den Blick direkt auf den Betrachter gerichtet, ihren Pelzmantel gerade noch so haltend, dass sie nicht vollkommen entblößt ist. Das hat sie auch gar nicht nötig, eine Sensation ist sie sowieso schon. Denn das Gemälde aus dem 17. Jahrhundert ist eines von etwa 2000 Bildern der Stiftung für Preußische Schlösser und Gärten (SPSG), die seit dem Zweiten Weltkrieg als verschollenen gelten.
Nun ist die „Venus im Pelz“ in ihr altes Zuhause, die Gemäldegalerie im Park Sanssouci, zurückgekehrt – als das erste großformatige Beutekunstgemälde, wie Samuel Wittwer, Direktor der Schlösser und Sammlungen der SPSG, am gestrigen Montag vor der Presse sagte. „Das ist etwas sehr Besonderes, ein wirkliches Herzstück, das kann man gar nicht genug betonen“, so Wittwer. Zwar habe die SPSG bereits andere Werke für die Gemäldegalerie zurückerhalten, dabei handelte es sich aber um kleinformatige Bilder. Die Venus – immerhin 190 mal 119,3 Zentimeter groß – wurde wie die anderen Bilder etwa 1942 aus Angst vor Luftangriffen nach Schloss Rheinsberg ausgelagert und galt seit 1945 als verschollen.
Theoretisch gibt es immer zwei Möglichkeiten, die das Verschwinden der Bilder erklären“, sagte Wittwer am Montag. „Manche sind von der Roten Armee geholt, andere von privaten Trophäenjägern abgezweigt worden.“ So befand sich etwa die „Madonna mit Johanneskind“ – inzwischen auch wieder Eigentum der SPSG (PNN berichteten) – im Besitz von Josef Stalin. „Es ist das einzige Bild, dessen Geschichte wir zurückverfolgen konnten, im Fall unserer Venus wissen wir nicht, wie sie aus Rheinsberg verschwunden ist“, erklärte der Sammlungsdirektor. Fest stehe nur, dass sie sich nach 1945 im Besitz eines Berliner Malers befand, dessen Nachlass ein Antiquar erwarb. Durch glückliche Umstände und Kontakte zum Wiener Museum gelangte das Bild schließlich zur SPSG.
Bis Ende Oktober hängt sie in der Gemäldegalerie
Auch die Herkunft des Bildes ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. Zu Zeiten Friedrichs II., unter dem das Bild 1764 an der Westwand der Bildergalerie aufgehängt wurde, galt Rubens als Maler der Venus. Wie Alexandra Nina Bauer, Kustodin für die deutschen und niederländischen Gemälde der SPSG, erklärte, lag das an der großen Ähnlichkeit zu Rubens „Pelzchen“, das heute im Kunsthistorischen Museum in Wien zu sehen ist. Auf dem Gemälde, das etwa 1636/1638 entstand, ist Rubens zweite Ehefrau als Venus in einem Pelz dargestellt, wobei er sich wahrscheinlich an Tizians „Mädchen im Pelz“ von 1535 orientiert hat. Die Tradition der Venusdarstellung gehe dabei bis in die Antike zurück, wie Bauer erklärte, habe sich aber von der schamhaften zur sinnlichen Präsentation gewandelt.
Das sei auch einer der Gründe gewesen, warum Friedrich II. das Bild in die Gemäldegalerie holte. „Er wollte ein Großformat, ein Original, ein Meistergemälde und eine sinnliche, heitere Kunstdarstellung“, so Bauer. In dem Glauben, die Venus sei von Rubens, erfüllte das Bild alle Kriterien. Erst im 19. Jahrhundert wurde das Gemälde Rubens abgesprochen und zunächst Anthonis van Dyck, im 20. Jahrhundert dann Gerrit von Honthorst zugesprochen. Aus heutiger Sicht stammt es allerdings von einem unbekannten Künstler aus Flandern. Kulturhistorisch sei es dennoch bedeutsam, da es zeige, dass Friedrich II. das Thema der sinnlichen Liebe stark bevorzugte. Auch dass die Venus im Pelz früher neben einer – ebenfalls verschollenen – Madonnendarstellung hing, gebe Aufschluss über den eher religionskritischen König, wie sie sagte. Noch bis Ende Oktober hängt die Venus jetzt an einem Extraplatz im hinteren Teil der Gemäldegalerie. Später soll sie einen Platz im vorderen Teil, rechts neben Rubens „Der heilige Hieronymus“, bekommen.
Bis es soweit ist, muss sie allerdings erst restauriert werden. „Durch unsachgemäße Lagerung kam es zu Rissen und zum Verlust von Farbschichten“, erklärte Bauer. Auch „böse Übermalungen“ konnten schon festgestellt werden. Die Kosten für die Restaurierung stünden noch nicht endgültig fest, bewegten sich aber auf jeden Fall im fünfstelligen Bereich, wie Samuel Wittwer erklärte. Allein die Rekonstruktion des historischen vergoldeten Schnitzrahmens von Bildhauer Matthias Müller aus dem Jahr 1764, der ebenfalls seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen ist, würde etwa 60 000 Euro kosten. Da die Stiftung die gesamten Restaurationskosten derzeit nicht tragen kann, wird die „Venus im Pelz“ ab November erst mal im Depot gelagert.
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