Landeshauptstadt: Die Schlössernacht schwächelt
30 000 Gäste kamen diesmal zum Feiern, doch bei schlechtem Wetter wäre es für den Veranstalter eng geworden. Organisator Rainer Wohlthat kündigte an, mit einem überarbeiteten Konzept weiterzumachen
Stand:
Das Wetter hatte bei der diesjährigen Schlössernacht einen wichtigen Part zu spielen. Angesichts eines erheblichen Restkartenkontingents hatten die Veranstalter auf einen warmen regenfreien Abend gehofft – und darauf, noch möglichst viele kurz entschlossene Gäste in den Park Sanssouci locken. Die Rechnung ging zumindest zur Hälfte auf. Von den 6000 Restkarten wurden noch 3000 verkauft. Rund 30 000 Besucher zählten die Veranstalter im festlich illuminierten Park und in dem zur Besichtigung bereiten Neuen Palais und der Bildergalerie. Das Interesse daran war groß und wer Schloss oder Kunstsammlung besuchen wollte, musste sich in Geduld üben.
„Wir können mit diesen Besucherzahlen leben“, sagte Veranstalter Rainer Wohlthat. Ganz zufrieden war er damit allerdings nicht – und die Frage, wie sich schlechtes Wetter auf die Finanzsituation der Veranstaltung ausgewirkt hätte, ließ er offen. Wohlthat weiter: „Wir wollen vor allem außerhalb Potsdams noch früher in die Werbung gehen.“ Er sprach zudem von einer Überarbeitung des Konzepts, die schon angefangen habe. Das zeige zum Beispiel das Programm auf der Mopke vor den Kolonnaden. Eines sei für ihn jedoch klar: „Wir machen weiter.“
Dass nach 15 Jahren Schlössernacht eine Überarbeitung sinnvoll ist, liegt nahe. Und sicher muss bei den flanierenden Besuchern nicht an allen Ecken und Enden ein Angebot hoher Kunst Besinnung und konzentriertes Zuhören verlangen. Die Veranstalter sollten allerdings auch nicht dem Massengeschmack und einer gewissen Beliebigkeit nachgeben. Das Ambiente wird immer einmalig bleiben, auch wenn Restaurierungsarbeiten mal diesen, mal jenen Platz wie die Gartenterrasse am Neuen Palais unbespielbar machen.
Diesmal präsentierten sich die Kolonnaden ohne Baugerüste als perfekte Kulisse für Musik und Feuerwerk. Auf der Mopke hatten schon immer Jazz und Pop-Musik ihren Platz gefunden und in diesem Jahr war das ebenfalls so. Doch neben gutem Jazz mit Jocelyn B. Smith gab es dann eher ein Sammelsurium der Musikstile. Und auch bei den anderen Angeboten besteht die Gefahr, dass sie mit venezianischen Karnevalsmasken, Philharmonic-Lounge und Dancefloor, mit Wiener Masken- und Musiktheater zu allgemein werden und das ganz Spezifische der preußischen Schloss- und Gartenanlage vermissen lassen. Auch die klassische Musik lediglich auf den Vorabend zu verbannen, sollte überdacht werden.
Allerdings sei angemerkt, dass den Besuchern auch diese Schlössernacht wieder gefiel. Nur fröhliche und zufriedene Beurteilungen waren zu hören, jeder konnte sich den Ort aussuchen, wo es ihm am besten gefiel, ob bei der Commedia dell’Arte, bei den Vorführungen der Falknerei oder einer der 17 Führungen. Besonders das Tafeln wie zu Friedrichs Zeiten hatte es vielen angetan. Der Berliner Verein „Königliche Tafelfreuden“ hatte dabei nicht nur ans Essen und Trinken gedacht, sondern auch an die Art und Weise, wie die Tafel eingedeckt war, wie man speiste und was das höfische Zeremoniell dabei vorschrieb. Der Geheime Kämmerer und Oboist Friedrichs, Michael Gabriel Fredersdorf, hatte seinerzeit nicht nur Friedrich bei seinen Menüs beraten, zur Schlössernacht erklärte er auch, wie es bei Hofe zugegangen sei und wie man sich bei Tische zu benehmen hatte. Hinter vorgehaltener Hand war dann auch noch zu erfahren, dass Friedrich ein Gourmet gewesen sei, ausgefallene Speisen liebte und selbst nie eine Kartoffel angerührt habe. Er hätte viel zu fett gegessen und habe zu stark gewürzt. Bei ihm sei sogar Senf an den Kaffee gekommen.
Solche Zumutungen waren beim Menü à la Friedrich aus dem Jahre 1773 nicht im Angebot und vom Vereinsvorsitzenden der Tafelfreuden, Bernd Maether, der als Historiker über königliche Tischsitten forscht, war zu erfahren, dass man an einigen Stellen die Speisen, deren Originalrezepte vorliegen, gemildert habe. Weniger Knoblauch, Pfeffer und Ingwer in Maßen. Und so mundeten Lamm in Karbonade, Hühnerfrikassee, Kalbslendenstück und die Barsch-Roulade vortrefflich. Nicht nur Roswitha und Friedhelm Barig aus Finsterwalde fanden das Essen delikat, wenn auch zu reichlich. Hans-Jürgen Schmitz schwor mehr auf den guten Weißwein und zog anderes Essen vor. Er war mit Catherine Greninger eigens aus der Schweiz angereist, um an der Schlössernacht teilzunehmen. Er sei aber ein gebürtiger Potsdamer, gestand er. Auch einer Familie aus Thüringen schmeckte es und immer wieder stellte sich heraus, dass die Gäste aus allen Himmelrichtungen angereist waren und nicht nur den Schlössern, sondern auch der Stadt einen Besuch abgestattet hatten.
Rezension zum Vorabendkonzert mit den Wiener Philharmonikern auf Seite 20
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