
© Deutsche Kinemathek
Ufa in Babelsberg: „Die Ufa passte sich schnell an“
Der Berliner Filmwissenschaftler Rainer Rother über die Rolle der Babelsberger Ufa in der NS-Zeit
Stand:
Herr Rother, die Ufa legt im 100. Jubiläumsjahr den Finger in die Wunde: Bei einem Symposium in dieser Woche soll die Rolle des Unternehmens unter dem NS-Regime beleuchtet werden. Wieso gerade und erst jetzt die Besinnung auf diese Zeit?
Die Diskussion gibt es natürlich schon länger. Dennoch sind noch nicht alle Fragen schon gestellt oder gar beantwortet worden. Zu unserer großen Freude können wir die Tagung gemeinsam mit der Ufa veranstalten. Das Jubiläum ist für uns Anlass, uns mit den Jahren zwischen 1933 bis 1945 intensiv zu beschäftigen – auch als Vorbereitung auf eine Ausstellung, die ab 24. November in der Kinemathek in Berlin zu sehen sein wird.
Welche neuen Perspektiven bietet das Symposium auf die Firmengeschichte?
Da geht es zum Beispiel um die Baugeschichte der Ufa-Filmfabrik in Babelsberg – das wurde noch nicht sehr oft behandelt. Oder die Alliance Cinématographique Européenne, die ACE, über die die Ufa Filme für den französischen Markt produzierte. Das war bisher wenig beachtet. Wenige wissen, dass tatsächlich in Babelsberg Filme auf Französisch produziert wurden – für den französischen Markt. Im besetzten Frankreich produzierte dann später die Continental, eine Firma der Ufa in Paris, Filme für diesen Markt.
Die Ufa war um 1930 noch eine von vielen deutschen Filmproduktionsfirmen – wieso wurde ausgerechnet sie rund zehn Jahre später für das NS-Regime so wichtig?
Da gibt es ein Missverständnis: Man muss zwischen der Ufa und der Ufi unterscheiden. Die Verstaatlichung der gesamten deutschen Filmindustrie beginnt Mitte der 1930er Jahre. 1935 gab es erste Übernahmen von Anteilen der Tobis durch den Staat, auch Aktien der Ufa kamen in Staatshand. Dieser Prozess betraf alle größeren Produktionsfirmen ab 1935. Dann wurde die Ufi als Holding gegründet, in die die bestehenden Produktionsfirmen eingingen: Sowohl die Ufa – die Universum Film AG – als auch die Tobis, Berlinfilm oder andere werden unter dem Dach dieser Holding vereinigt, behalten aber ihre alten Namen. Die Muttergesellschaft ist die Holding Ufa-Film GmbH – kurz Ufi.
Welche Rolle spielte die Ufa in der NS-Zeit?
Die Ufa war sicher die bekannteste und letztlich mächtigste Produktionsfirma, weil sie von der Produktion bis zum Verleih und Kinobetrieb alles in einer Hand vereinigte. Die Ufa war schon in den 1920ern und frühen 1930ern ein filmprägender Konzern. Mit den großen Stummfilmen und den Tonfilmen hatte er sich als der ästhetisch bedeutendste Konzern etabliert. Das blieb auch in den 1930er Jahren so. Es war nach wie vor die Firma, auf die auch international das größte Augenmerk fiel.
Wie ändert sich die Produktion nach 1933?
Die Ufa war sehr schnell bereit, sich anzupassen. Da hält Propagandaminister Goebbels am 28. März 1933 die Rede vor Filmschaffenden im Berliner Hotel Kaiserhof – und gleich darauf entlässt die Ufa alle bekannten jüdischen Mitarbeiter.
Vorauseilender Gehorsam?
Einerseits ja. Andererseits will die Firma auch weiterhin eine profitable Produktionsfirma bleiben. Sie bewegt sich in diesen Jahren immer zwischen Anpassung und dem Streben nach publikumswirksamen Filmen.
Welche Rolle spielte der rechtsnationale Medienunternehmer Alfred Hugenberg, der die Ufa 1927 gekauft hatte?
Hugenberg mischt sich in das Tagesgeschäft nicht ein, sondern setzt einen Manager, Ludwig Klitzsch ein, der die Firma in die Profitzone zurückführt, indem er zum Beispiel ein Controlling einführt. Hugenberg gilt zwar als Symbolfigur für die nationale Ausrichtung des Unternehmens. Man wird aber für die Ufa-Filme zwischen 1927 und 1933 nicht feststellen können, dass alle Filme in eine radikale, deutschnationale Richtung umorientiert werden. Es gibt allerdings mindestens einen nationalen Film pro Jahr, in der Regel sind das Preußen-Filme. Nach 1933 bleibt Hugenberg zwar Eigner, aber ohne größeren inhaltlichen Einfluss. Er willigt 1937 schließlich in den Verkauf seiner Anteile ein.
Das heutige Unternehmen ist ja eine Nachkriegsgründung – wie viel Ufa steckt in der heutigen Ufa überhaupt?
Wir nennen unsere Ausstellung nicht umsonst „Die Geschichte einer Marke“. Bis 1945 ist das eine andere Firma als zwischen 1945 und 1964, als die Ufa als mittelständisches Unternehmen versucht, wieder Fuß zu fassen. Mit der Konzentration aufs Fernsehgeschäft ab 1964 wird es wieder eine andere Ufa. Was bei alledem bleibt, ist die Anforderung, sich auf dem Medienmarkt zu behaupten. Und da ähnelt die neue Ufa, die extrem stark auf dem Fernsehmarkt ist, mit der Vielfalt der Produktionen, sozusagen zwischen dem Brot-und-Butter-Geschäft und großen Produktionen mit hohem Qualitätsanspruch, durchaus wieder der Ufa der klassischen Periode.
Die Fragen stellte Jana Haase
ZUR PERSON: Rainer Rother, Jahrgang 1956, ist seit 2006 künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek Berlin. Er leitet das Symposium zur Ufa am morgigen Donnerstag und Freitag.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: