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Landeshauptstadt: Doppelwahl mobilisiert

Wissenschaftler rechnet mit hoher Wahlbeteiligung

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Die für Brandenburg einmalige Konstellation von Landtags- und Bundestagswahl an einem Tag trägt nach Auffassung des Potsdamer Politikwissenschaftlers Jochen Franzke zur Mobilisierung der Wähler bei. „Alle Parteien versprechen sich Stimmengewinne“, sagte Franzke gestern gegenüber der Deutschen Presseagentur. Dabei werde auf die rund 300 000 Bürger gehofft, die 2004 zur Landtagswahl nicht an die Urnen gingen, aber bei der Bundestagswahl 2005 dabei waren. In Potsdam betrug die Beteiligung an Bundestagswahlen in den vergangenen 14 Jahren konstant zwischen 77 und 80 Prozent – die Zahl der Nichtwähler lag zuletzt bei knapp 30 000.

„Das Zusammenlegen von Wahlterminen ist ein geeigneter Weg, einen Dauerwahlkampf zu vermeiden“, betonte Franzke. Es sei nicht zu befürchten, dass der Wähler zwischen Bundestags- und Landtagswahl unzureichend differenziert. Vielmehr werde sehr genau unterschieden. Die Ergebnisse der Bundespolitik sehe der Brandenburger und Potsdamer Wähler offenbar auch kritischer als die Arbeit der Landesregierung. „Obwohl es sich jeweils um ’große Koalitionen’ handelt.“ Offenbar sei es der Landespolitik besser als der Bundesregierung gelungen, vom Bürger erkannte Probleme zu lösen. In Potsdam geht es bei dieser Wahl vor allem für die SPD um die Titelverteidigung – die Kandidaten der Sozialdemokraten haben bei den vergangenen Wahlen sowohl das Direktmandat für den Bundestag als auch beide Landtagswahlkreise für sich entscheiden können. Durch die Doppelwahl am Sonntag hofft die SPD erneut auf einen Dreifacherfolg – obwohl Ministerpräsident Matthias Platzeck seinen Wahlkreis nicht mehr im Potsdamer Süden hat.

Franzke sieht allerdings ein großes Problem: Politik- und Demokratieverdrossenheit sowie die Unzufriedenheit mit den Parteien und deren Personal nähmen zu und müssten ernster genommen werden, sagte der Potsdamer Politikwissenschaftler. „Nicht eingehaltene Wahlversprechen werden vom Wähler nicht so rasch vergessen, wie viele Politiker zu glauben scheinen“, sagte er. Sie würden die Politikverdrossenheit langfristig verstärken.

Immer mehr Menschen fehlt laut Franzke das Vertrauen, dass die Parteien ihre Wahlkampfversprechen einlösen. Auch verzichteten zunehmend viele Bürger aus sozial benachteiligten Gruppen freiwillig auf ihr Wahlrecht. „Sie glauben nicht, dass sich durch ihre Stimmabgabe irgendetwas für sie persönlich positiv bewegt“, sagte der Politologe. Bei Besserverdienenden sehe das anders aus: Sie hätten wieder mehr Vertrauen in den Staat gefasst. „Das könnte sich in der Wahlbeteiligung niederschlagen.“ dpa/PNN

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