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Landeshauptstadt: Ein bisschen wohnen

Die Landesregierung will noch vor der Sommerpause die Mieterhöhungen deckeln. Am Mangel an bezahlbaren Wohnungen in Potsdam wird das wohl wenig ändern

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Das Problem ist lange bekannt, doch jetzt ist es durch ein amtliches Gutachten auch offiziell belegt – es gibt nicht genug bezahlbaren Wohnraum in der Stadt. Laut einer Untersuchung im Auftrag des brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur ist die ausreichende Versorgung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in 30 Kommunen besonders gefährdet – Potsdam zählt mit dazu.

Nun will die Landesregierung noch vor der Sommerpause die Erhöhungen von Mieten in laufenden Verträgen auf 15 Prozent in drei Jahren deckeln. Diese Regelung gilt in der Landeshauptstadt bislang nur für die Wohnungen der Pro Potsdam und mehrerer Genossenschaften. Nun wird sie für alle Vermieter verpflichtend. Im Potsdamer Rathaus sieht man sich angesichts dieser Aussichten bestätigt: „Damit erfolgt die Anerkennung eines in Potsdam bereits seit Langem spürbaren und bekannten Zustands auch vonseiten des Landes“, so Rathaussprecher Markus Klier. Außerdem habe sich durch das Gutachten gezeigt, dass Potsdam mit dem Problem nicht allein sei.

Allerdings sieht Potsdams Stadtspitze die gesetzlichen Möglichkeiten noch nicht als ausgeschöpft an. Das Land solle nun auch den Kündigungsschutz bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Wohneigentum verbessern, hieß es. Auch diese Möglichkeit erlaubt das geltende Bundesgesetz. Außerdem fordert das Rathaus ähnlich wie der Mieterbund, dass das Land auch die Mietenbremse für Neuvermietungen umsetzt, die derzeit von der Bundesregierung vorbereitet wird. „Gerade hier sind die Auswirkungen der steigenden Mieten besonders gravierend“, so Klier.

Doch egal welche Mietbegrenzungen Bund und Land ermöglichen, beim Wohnungsmangel kommt die Stadt nicht aus dem Schneider, wenn nicht ausreichend Wohnungen gebaut werden. Und da sieht der Mieterbund noch Potenzial: „Wenn die Kommune Grundstücke zu Marktpreisen verkauft, kann der Investor von den Mietern auch nur Marktpreise verlangen“, sagte Brandenburgs Mieterbundvorsitzender Rainer Radloff den PNN. Er fordert, dass die Stadt Flächen günstiger abgibt und mit den Käufern vereinbart, dass diese im Gegenzug einen Teil der Wohnungen zu niedrigeren Mieten anbietet. Angesichts der Bodenpreise und der Baukosten nach modernen energetischen Standards seien sonst Kaltmieten nicht unter 8,50 Euro pro Quadratmeter möglich. Für Durchschnittsverdiener mit Familie sei das kaum bezahlbar.

Die Stadtverwaltung sieht den Verkauf unterhalb des Verkehrswertes allerdings als haushaltsrechtlich problematisch an, so Stadtsprecher Klier. Städtisches Vermögen dürfe nicht einfach so verschenkt werden. Dennoch bereite die Stadt gerade modellhaft Konzeptvergaben für bestimmte Grundstücke für Baugemeinschaften vor. Das hatten die Stadtverordneten beschlossen.

Unabhängig davon kommt vom Mieterbund auch Lob für die Stadt. „Was die Pro Potsdam und mehrere Genossenschaften tun, ist gut“, so Radloff. Die kommunale Immobilienholding hatte sich vor zwei Jahren mit dem Land geeinigt, die Belegungsbindungen für Sozialwohnungen zu verlängern. Möglich machen das zinsverbilligte Kredite der Investitions- und Landesbank. Mehrere Genossenschaften waren später in die Vereinbarung eingestiegen.

Die Lösung für das Problem bei den Neubauten könne indes nur mithilfe von Bund und Land gelingen. „Geförderter Neubau ist nötig“, so Radloff. Die Mittel müssten insgesamt erhöht werden. Außerdem reiche es nicht aus, wenn das Land das zur Verfügung stehende Geld nur für den Einbau von Fahrstühlen verwende. Das hatte zuletzt auch Potsdams CDU-Chefin Katerina Reiche kritisiert.

Doch inzwischen hat das Land reagiert: Nach Jahren steigt es wieder in die Neubauförderung ein. Bis 2019 fördert das Land Brandenburg Wohnungsneubau und Bestandssanierungen in Potsdam mit zinsverbilligten Krediten in Höhe von 60 Millionen Euro als Teil eines landesweiten Programms (PNN berichteten).

Das Geld soll in Potsdam für rund 900 Wohnungen, also etwa 150 Wohnungen pro Jahr, reichen. Von den 60 Millionen Euro muss mindestens die Hälfte für die Sanierung von vorhandenem Wohnraum eingesetzt werden. Dabei gilt für 75 Prozent der Wohnungen eine Mietpreis- und Belegungsbindung, beim Neubau liegt die Bindung bei 100 Prozent. Diese Wohnungen dürfen nur an einkommensschwache Mieter mit einem Wohnberechtigungsschein vergeben werden. Etwa 5500 Potsdamer besaßen im Jahr 2012 eine solche Bescheinigung. Ob Investoren auf diese Konditionen eingehen, muss sich zeigen. „Angesichts der niedrigen Zinsen bleibt abzuwarten, ob die Förderbedingungen attraktiv genug sind, um mit dem freien Wohnungsmarkt konkurrieren zu können“, so Stadtsprecher Klier. Um den Bedarf zu decken, sind die 900 Sozialwohnungen ohnehin nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wegen des stetigen Zuzugs nach Potsdam erwarten Experten, dass bis 2025 etwa 17 500 zusätzliche Wohnungen gebraucht werden.

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