Potsdam: Ein Eklat und mehr
Ein Ärztehaus, Mooswände und Sozialwohnungen: Bei einer fünfstündigen Sitzung der Stadtverordneten am Mittwochnachmittag in Potsdam kamen viele große Themen auf den Tisch. Die wichtigsten Momente und Beschlüsse im Überblick.
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Ärztehaus soll gerettet werden
Das Ärztehaus im sogenannten Strahleninstitut in der Babelsberger Kopernikusstraße soll als Standort für die ärztliche Versorgung dauerhaft gesichert werden. Eine entsprechende Forderung der Linken haben die Stadtverordneten einmütig beschlossen. Nun soll die Verwaltung prüfen, ob sie das umsetzen kann. Wie berichtet hatte die Krankenkasse AOK das denkmalgeschützte und sanierungsbedürftige Haus aus wirtschaftlichen Gründen an einen privaten Investor verkauft, der es weiter veräußern will. Die ansässigen Ärzte hatten deswegen die AOK scharf kritisiert, weil sie um ihre Mietverträge fürchten (PNN berichteten). „Wir tun, was wir können“, kündigte Sozialdezernent Mike Schubert (SPD) an.
Integrationskonzept beschlossen
Nach monatelangen Diskussionen hat Potsdam ein neues Integrationskonzept. Am Mittwoch gaben die Stadtverordneten ihren letzten Segen. Für die Potsdamer Integrationsarbeit formuliert das Papier 77 Ziele und 137 Maßnahmenvorschläge in sechs Handlungsfeldern wie Unterbringung, Bildung oder Arbeit. Die CDU/ANW-Fraktion hatte zuletzt noch durchgesetzt, dass Bundesgrundsätze zur Integration in der Konzeptpräambel enthalten sind. Zum Jahresende 2016 lebten knapp 172 000 Einwohner in der Stadt, davon fast 13.000 mit einem nichtdeutschen Pass. Damit stieg die Zahl der nichtdeutschen Potsdamer in den letzten zwei Jahren um 4200 Personen.
Eklat bei Mitte-Debatte
Zu einem Eklat ist es bei der Debatte um einen neuen Antrag der alternativen Fraktion Die Andere zum Erhalt von DDR-Bauten in der Potsdamer Mitte gekommen. Deren Stadtverordneter Eric Blume warf der Mehrheit im Stadtparlament eine Kahlschlagpolitik vor, ohne die Potsdamer einzubeziehen: „Wirkliche Bürgerbeteiligung geht Ihnen am Arsch vorbei.“ Wenn die Stadtverordneten dem Antrag nicht zustimmten, könnten sie sich auch zum Lobbyverband Betonfreunde vereinigen, ätzte Blume weiter. Dagegen verwahrten sich vor allem die Vertreter von SPD, CDU/ANW und Grünen. Die Sitzungsvorsitzende Birgit Müller (Linke) bat Blume, seine Wortwahl zu mäßigen. Grünen-Bauexpertin Saskia Hüneke sagte: „Was mich kränkt ist die Tatsache, dass Sie immer wieder versuchen, ein Demokratiedefizit zu konstruieren.“ Blumes Beitrag sei noch am ehesten als Kabarettnummer zu verkraften. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sprach von „einer ziemlich schrägen Wahrnehmung“, dass man die Entwicklung der Mitte gegen die Meinung der Bürger durchgesetzt habe. Der Antrag selbst wurde schließlich abgelehnt, mit der Anderen stimmte noch die Linke. Deren Chef Hans-Jürgen Scharfenberg lobte ausdrücklich, dass Die Andere die Bürgerbeteiligung kritisch betrachte.
Barrierefreiheit für das Parlament
Die Stadtverwaltung soll noch in diesem Jahr darlegen, wie sie für behinderte Menschen noch bestehende Barrieren zu den Sitzungen der Stadtverordnetenversammlungen abbauen kann. Das haben die Stadtverordneten auf Antrag der Fraktion Die Andere beschlossen. Bis November soll dazu ein Plan erstellt werden. Unter anderem gehe es um Untertitel für die Internet-Livestreams der Sitzungen, aber auch um mehr Markierungen und Handläufe im Rathaus oder geeignetere Sitzplätze im Plenarsaal. „Ich befürworte, dass wir das alles prüfen“, sagte Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD) dazu.
200 Sozialwohnungen mehr
Jedes Jahr sollen 200 zusätzliche Sozialwohnungen errichtet werden. Um das zu erreichen, soll die Stadt laut einem von der SPD initiierten Beschluss prüfen, wie sie den geförderten Wohnungsbau unterstützen kann. Die Linke versuchte, die Zahl noch auf 300 zu erhöhen – woraufhin Oberbürgermeister Jakobs ironisch meinte, dann könne man gleich in eine Versteigerung gehen. „Wer bietet mehr?“ Nur durch einen Beschluss der Stadtverordneten schaffe man keine Wohnungen.
Mooswände gegen Verschmutzung
Die Stadt soll prüfen, wo in Potsdam Biomooswände im Kampf gegen die Luftverschmutzung aufgestellt werden können. Gerade an engen Straßen, so der beschlossene Antrag der Linken, könnten diese helfen, wenn kein Platz für Bäume sei. In anderen Städten Deutschlands werden solche Wände bereits eingesetzt, um Feinstaub dauerhaft zu absorbieren. HK/ sca
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