Landeshauptstadt: Ein gewisses Urlaubsfeeling
Der Kulturstadt-Verein lädt Neupotsdamer auf ein Bier zum Gespräch ein. Was bewegt die Zugezogenen?
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Innenstadt - Er kommt aus Bayern, sie aus Österreich, zusammen lebten sie lange in der Schweiz – und nun wohnen sie seit einigen Wochen im Herzen des alten Preußens. Schlechte Erfahrungen mit den „Piefkes“ haben Markus und Irene Woike aber bislang nicht gemacht: „Auf dem Bürgeramt lief alles super, alle waren sehr freundlich“, sagt Markus Woike, der in Berlin für einen Hersteller von Surf-Ausrüstung arbeitet. „Da hat man den Charme, den Potsdam von außen besitzt, sofort bei den Menschen wiedergefunden.“
Das Ehepaar gehört zu sieben Neupotsdamern, die am Mittwoch zu einem Willkommenstreffen für Zugezogene des Kulturstadt-Vereins gekommen waren. Seit 2006 veranstaltet der Verein einmal im Monat einen Begrüßungsabend im Restaurant „Fliegender Holländer“ in der Benkertstraße – inklusive einem Freibier. Die Einladungen bekommen alle Neupotsdamer im Bürgeramt nach der Regelung der Umzugs-Formalitäten in die Hand gedrückt, 150 gibt der Verein monatlich heraus.
Mit den Treffen sollen die Neuen besser in Potsdam ankommen und Fragen zu ihrem neuen Wohnort loswerden können. Markus Woike zum Beispiel will wissen, ob es Tennisvereine in der Stadt gibt. „Zwei“, antwortet Vereins-Vorsitzende Fides Mahrla und schildert die Unterschiede zwischen dem Tennisclub Rot-Weiss e.V. und dem Tennisclub Obelisk e.V. Irene Woike schiebt gleich noch die Frage nach einem Schwimmverein für ihre Tochter hinterher. „Da schauen sie am besten mal auf der Internetseite des OSC Potsdam“, rät Mahrla.
Andere sind noch nicht so weit: „Wir sammeln erst mal ein paar Impressionen“, sagt einer der Neupotsdamer, der zusammen mit seiner Frau am ersten August aus Berlin hergezogen ist. „Wir sind schon öfter hier Fahrrad gefahren und haben uns irgendwann gesagt: Das ist es!“, sagt der 60-jährige Angestellte. „Potsdam ist so übersichtlich und man hat hier so ein gewisses Urlaubsfeeling.“
Nicht ganz neu in Potsdam ist Verena Ziethlow: Die 34-jährige Tierärztin wurde hier geboren, ist aber mit fünf Jahren weggezogen. „Ich wollte Potsdam mal wieder aus einer anderen Perspektive kennenlernen“, sagt sie über ihre Rückkehr. Probleme, eine Wohnung zu finden, habe sie trotz des angespannten Wohnungsmarktes nicht gehabt: „Eine Zweiraumwohnung habe ich schnell gefunden, aber bei größeren Wohnungen sieht es natürlich schwieriger aus.“
Zum Beispiel bei Fünfraumwohnungen – eine solche mussten die Woikes mit ihren vier Kindern nämlich finden: „Da wird der Markt klein in Potsdam, und wir mussten eine bekommen, bevor die Schule wieder anfängt“, sagt Markus Woike. Doch die Familie hatte Glück und fand eine passende Bleibe in der Nähe des Parks Babelsberg. Perfekt, denn was sie vor allem an Potsdam schätzen, sei die Balance aus Stadt und Natur, so Markus Woike. Irene Woike freut sich vor allem auf die Möglichkeit für Radtouren mit der Familie: „In den Bergen war das meist zu schwer.“
Die Mischung aus Urbanität und viel Natur kommt auch bei den Rentnern Peter und Helena Linke gut an: „Potsdam ist eine Art Klein-Berlin“, findet Peter Linke, der von Mecklenburg-Vorpommern an die Havel gezogen ist, davor lebten sie lange Zeit in Köln. Nach Potsdam sind sie unter anderem gezogen, um in der Nähe ihrer Kinder zu wohnen, die in Berlin arbeiten. Damit haben sie Potsdam gewissermaßen zu ihrem Sommersitz auserkoren, denn: „Den Winter verbringen wir immer in Florida“, sagt Helena Linke. Dann ist Potsdam also eine Art deutsches Florida? „Könnte man so sagen!“, lacht Linke. Erik Wenk
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