Landeshauptstadt: Ein Mann zum Vernaschen
Zwei Belgier entdeckten Brandenburgs Schokoladenseite und in Potsdam Bio Über 1000 Schokoladenprodukte im Angebot der Potsdamer Manufaktur
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Einen Weihnachtsmann, der fünf Kilo wiegt, würde man nicht gerade als Riesen bezeichnen und doch ist er in seiner Sparte ein Supermann, denn er besteht von Kopf bis Fuß aus Schokolade und ziert das Geschäft der Confiserie Felicitas in der Gutenbergstraße 26. Noch hat ihn niemand vernascht, doch auch solche gewichtigen Schokoladenfiguren finden ihre Abnehmer. So bekam zum Beispiel Deutschlands Bundespräsident Christian Wulff zum Tag der Deutschen Einheit 2010 eine Glienicker Brücke in Schokolade überreicht – und als sich Görlitz als Kulturhauptstadt bewarb, bestellte die Stadt gemeinsam mit dem polnischen Nachbarn Zgorzelec ein Schokoladenherz von drei Meter Durchmesser, das dann „geschlachtet“ und an die Umstehenden verschenkt wurde.
Die Biografie des Unternehmerehepaares Goedele Matthyssen und Peter Bienstman liest sich ebenfalls wie eine Weihnachtsgeschichte, die 1990 ausgerechnet in einem Land begann, das weder für Väterchen Frost noch für Christbäume steht: in Nigeria. Dort waren die beiden Belgier als Entwicklungshelfer tätig. Sie wollten aber nach Europa zurück und als sie vom Mauerfall hörten, kam ihnen der Osten Deutschlands auch ein bisschen so vor, als ob er Entwicklungshilfe gebrauchen könnte. Außerdem lockte die beiden Naturfreunde das relativ dünnbesiedelte Brandenburg. Freunde vermittelten und schließlich wurde in Hornow eine Küche der ehemaligen LPG gemietet und später das ganze Anwesen gekauft. Dass man Schokoladenartikel herstellen wollte, hing mit dem Heimatland der beiden zusammen, das berühmt für seine Chocolatiers ist und die Qualität der süßen Produkte. Doch statt mit der Arbeit zu beginnen, musste Goedele Matthyssen erst einmal eine bittere Pille schlucken. Bei der Frage nach einem Kredit, schüttelten die Bänker den Kopf. In den neuen Bundesländern wollten die Leute neue Autos kaufen, ihre Häuser und Wohnungen in Ordnung bringen und im Supermarkt Geld sparen. Sie würden garantiert keine teure Schokolade erwerben. Und dann fragte da auch noch eine Belgierin nach einem Kredit, deren Hauptwohnsitz Nigeria lautete. Goedele war frustriert. Nach vielen Anläufen wurde dann aber doch ein Kreditinstitut gefunden, das dem Konzept eine Chance gab. Als ihr Mann seine Arbeit in Afrika abgeschlossen hatte, legten die beiden los.
Heute kann die „Unternehmerin des Jahres 2005“ lachend bestätigen,: „Die Angst der Bänker war gerechtfertigt.“ 1995 war sogar die Existenz des kleinen Unternehmens gefährdet – die Insolvenz stand vor der Tür. „Wir wollten aber weitermachen“, sagt die Confiserie-Chefin und ist froh, dass die Investoren noch einmal nachlegen konnten. Aus dem Zwei-Mann-Unternehmen ist inzwischen eine Produktionsstätte mit fast 50 Angestellten geworden. Es gibt eigene Geschäfte in Hornow, Dresden und Potsdam sowie etwa 500 Fachgeschäfte in ganz Deutschland, die Artikel der Confiserie Felicitas anbieten. Außerdem werden die Schokoladenprodukte über das Internet vertrieben.
Das Barockhaus in Potsdam wurde 2008 gekauft. „Zwei Jahre lang haben wir es ausgebaut und sind manchmal wegen der Denkmalschutz-Auflagen fast verzweifelt“, sagt die Schokoladenfrau. Doch im März 2010 konnte endlich das Geschäft eröffnet werden und die Bioproduktion anlaufen. In Potsdam werden nur zertifizierte Grundstoffe verwendet. Man kann Tafeln, Schokoreliefs und Hohlkörper in Bio kaufen. Dazu eine Apfel-Zimt-Praline und eine Löffelpraline als Bio-Produkt. Die Praline „Luise“ lässt noch etwas auf sich warten. Es mangelte bisher am Bio-Himbeerpuder. Aber 2012 soll es auch diese Kostbarkeit geben. Von Produktionsleiter Mathias Trabandt erfahren wir, dass in Potsdam täglich 20 bis 30 Kilo Schokoladenprodukte hergestellt werden, in Hornow etwa 400 bis 600 Kilo. Inzwischen wird nicht nur in Hornow über eine Produktionserweiterung nachgedacht, auch in Potsdam platzt die Herstellung aus allen Nähten, denn Bio ist gefragt. Wer ein besonderes Geschenk möchte, so Matthyssen, bekomme das angefertigt. Man schreibe auch schöne Grüße in chinesisch auf die Schokoplatte, wenn es gewünscht werde. Hochzeitspaare, Tierfiguren, Weihnachtliches oder Osterhasen sind überhaupt kein Problem. Die Angebotspalette umfasst an die 1000 Artikel.Hella Dittfeld
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