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Hoch hinaus. Das Galileo-System eröffnet dem GFZ neue Möglichkeiten.

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Homepage: Ein weltweites Netzwerk

Am GeoForschungsZentrum Potsdam entsteht ein Zentrum zur Auswertung der Galileo-Satellitendaten

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In Potsdam laufen in Zukunft die Forschungsdaten des Galileo-Navigationssatellitensystems zusammen. Wie der Projektleiter am Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ), Jens Wickert, den PNN erklärte, entsteht derzeit in Potsdam parallel zum System der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA und der EU ein Zentrum zur Aufzeichnung und zur wissenschaftlichen Auswertung der Galileo-Daten. Zum einen haben die Potsdamer Forscher die Expertise zur exakten Positionsbestimmung der Satelliten in Echtzeit. Zum anderen sollen in Potsdam die Daten des Galileo-Navigationssystems zur Erdsystemforschung ausgewertet werden. So würden exaktere Messungen etwa zur Verschiebung der Kontinentalplatten oder auch zum Wettergeschehen in der Atmosphäre möglich.

Am vergangenen Freitag hatte die russische Trägerrakete Sojus-ST im zweiten Anlauf zwei Satelliten des europäischen Weltraumnavigationssystems Galileo vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana erfolgreich in die Umlaufbahn geschossen. Mit Galileo wollen die Europäer dem US-System GPS Konkurrenz machen und ab 2014 Navigationsdaten unter anderem für Autofahrer, Unternehmen und Rettungskräfte liefern. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hatte erklärt, dass Europa durch Galileo unabhängig von anderen Systemen werde.

Für die Potsdamer Forscher steht allerdings nicht nur die Unabhängigkeit sondern vielmehr die wesentlich höhere Messdichte im Vordergrund, die in Zukunft mit Galileo und GPS zusammen erreicht werden soll. „Galileo bringt eine zusätzliche Zahl an Satelliten, das macht zusammen mit GPS die Messungen viel genauer“, erklärte GFZ-Forscher Wickert. Die ersten beiden Galileo-Satelliten Giove-A und -B sind bereits seit längerem im Orbit, allerdings sind sie noch nicht vollends ausgereift und liefern Lücken in den Daten. Das soll mit den neuen Satelliten nun anders werden.

Nach Abschluss des Galileo-Netzes werde sich die Satellitenzahl verdoppeln. Im Endausbau sollen 30 Galileo-Satelliten in der Erdumlaufbahn platziert sein. Galileo habe zudem noch andere Signale als GPS: „Es hat drei Trägerfrequenzen, was die Genauigkeit erhöht“, so Wickert. Das strebe in Zukunft allerdings auch das US-System GPS an.

Das GFZ unterhält ein weltweites Netzwerk von Stationen, die von Potsdam abgefragt werden: Empfangsmodule stehen unter anderem in Spitzbergen, Südamerika, China, Japan, Afrika oder Neuseeland. „Das ist Teil unserer Expertise, ein solches Netzwerk aufbauen und auch zuverlässig betreiben zu können“, erklärte Wickert. Das GFZ sei für dieses weltweite Galileo-Netzwerk verantwortlich. Die Potsdamer Station auf dem Telegrafenberg ist recht klein, sie besteht aus einer Hochleistungsantenne, einem entsprechenden Empfänger, der Auswertungen im Millimeterbereich zulässt, einem Steuerrechner, einer unabhängigen Stromversorgung und einem Internetanschluss. Das lässt sich alles in einem Raum unterbringen, die Zentraleinheit ist gerade mal so groß wie ein Nachtschränkchen. Damit können die Potsdamer Daten in Echtzeit empfangen: „20 Millisekunden nach der Messung haben wir die Daten, egal wo auf der Welt sich die Station befindet“, sagt Wickert.

Potsdam ist die Zentrale: hier laufen die Daten zusammen. „Wir sind die Bodenstation für die wissenschaftliche Auswertung parallel zum ESA-System, liefern aber auch Daten für die ESA selbst.“ Die Analyse der Daten ermögliche es, bis auf wenige Zentimeter genau zu sagen, wo die Satelliten sich gerade befinden. Dies sei von großer Bedeutung für die Funktion des Galileo-Systems. „In dieser Technologie sind wir weltweit führend“, erklärt GFZ-Forscher Wickert. Darüber hinaus liegt am GFZ auch die Verantwortung für vier ESA-Bodenstationen.

Satellitennavigation ist für die Geoforschung ein vielseitiges Werkzeug zur Beobachtung des komplexen Erdsystems. Das Spektrum unserer Forschungsarbeit reicht dabei am GFZ von der hochgenauen Messung der Bewegung von Kontinentalplatten – mit Millimeter-pro-Jahr-Genauigkeit – über die regionale und globale Sondierung der Atmosphäre und Ionosphäre bis hin zur Fernerkundung von Ozean- und Eisoberflächen und Untersuchungen zu zukünftigen satellitenbasierten Frühwarnsystemen.

So ist die Satellitennavigation auch ein wichtiger Bestandteil des Tsunami-Frühwarnsystems. Bei Erdbeben bewegen sich Kontinentalplatten sehr schnell zueinander, beim Erdbeben in Japan betrug die Differenz sogar zwei bis drei Meter. Diese Bewegungen kann man mit der Messung aus dem Weltall sehr genau aufzeichnen und dann zur Analyse des Bebengeschehens und auch für Tsunamiwarnsysteme nutzen. Auch für die Klimaforschung dürfte Galileo neue Erkenntnisse liefern. So messen die Satelliten die Wasserdampfkonzentration und die Temperaturverteilung in der Atmosphäre. Die Daten werden dann vom GFZ dem Deutschen Wetterdienst zur Verfügung gestellt. Von Galileo erhoffen sich die Forscher auch auf diesem Gebiet eine höhere Genauigkeit.

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