
© Andreas Klaer
Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg bezieht in Potsdam neues Domizil: Eine Frage der Verhältnismäßigkeit
Brandenburgs Ärzteschaft eröffnet ihren neuen Verwaltungssitz. Die Mitarbeiter dürfen nicht mitfeiern
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Potsdam - Wenn heute Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB) und die Landesärztekammer Brandenburg (LÄKB) an der Pappelallee ab 15 Uhr die Eröffnung ihres neuen gemeinsames Büro- und Verwaltungsgebäudes feiern, werden Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Ärzteschaft dabei sein. 400 Angestellte sollen in dem viergeschossigen Verwaltungsgebäude arbeiten, es gibt Platz für bis zu 450 Gäste in 16 Konferenz- und Beratungsräumen.
Doch die meisten Mitarbeiter werden nicht mitmachen dürfen. Stattdessen sollen sie während der Feierlichkeiten im Foyer und im großen Saal den Lieferanteneingang nutzen, was ihnen sonst verboten ist. In einer internen Mitteilung heißt es, dass der Parkplatz ab 13 Uhr für alle Mitarbeiter gesperrt ist.
Wenig Verständnis in der Belegschaft
Der Grund für die Nachricht: Anfang September fragte die KVBB beim Sozialministerium des Landes, der zuständigen Aufsichtsbehörde, nach, ob sie für die Mitarbeiter zur Eröffnung des repräsentativen Neubaus eine Feier abhalten dürfe – auf Kosten des Vereinigung. Zwar hätte sie es als Körperschaft des öffentlichen Rechts selbst wissen müssen, ließ es sich aber vom Ministerium noch einmal schriftlich geben: Das Ressort von Sozialministerin Diana Golze (Linke), die auch zur Eröffnung kommt, teilte der KVBB mit, dass sie wie die öffentliche Hand generell den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit verpflichtet ist. Betriebsfeiern auf Kosten der KVBB seien deshalb nicht zulässig.
In der Belegschaft herrscht dafür wenig Verständnis, zumal es bei der Feier für die Führungsriege und die Gäste keine Bedenken gab, ob das alles verhältnismäßig ist. Wie überhaupt alles: Für den Neubau, das Haus der Brandenburger Ärzteschaft, wurde eine Sonderumlage von den KVBB-Mitgliedern erhoben. Die geplanten Kosten von 28,4 Millionen Euro wurden leicht unterboten.
Vorstand bittet um Verständnis
Die KVBB-Vorstandsriege um Hans-Joachim Helming jedenfalls ahnte wohl, dass es unter den Mitarbeitern gärt. Und so baten sie am Dienstag in einer E-Mail um Verständnis. Dem Vorstand sei „untersagt worden, finanzielle Mittel für eine Mitarbeiterveranstaltung zur Verfügung zu stellen“, heißt es in der E-Mail. „Selbst ein kleines Dankeschön an Sie für einen reibungslosen Umzug, sofern es finanzielle Auswirkungen für die KVBB hat, darf der Vorstand nicht gewähren.“ Auch sie habe dieses „Verbot einer Mitarbeiterfeier überrascht. Es ist für uns unverständlich und wir bedauern dies sehr.“
Um des Hausfriedens willen lotete der Vorstand mit dem Personalrat andere Wege aus und befragte die Mitarbeiter, ob sie sich mit 20 Euro an der Feier beteiligen würden, um dabei sein zu können. „176 Mitarbeiter haben uns ihre Meinung mitgeteilt. Davon sprachen sich 54 dafür aus, 122 haben sich jedoch dagegen entschieden“, heißt es in der E-Mail. Um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken, suche man weiter nach Wegen, um den Einzug „gemeinsam feierlich zu begehen“.
Weil die KVBB beim Ministerium nachfragte, fällt auch die Weihnachtsfeier flach. Dabei gab es jedes Jahr Anfang Dezember eine Feier, finanziert vom Arbeitgeber. „Das für uns zuständige Ministerium hat Bedenken zur Verhältnismäßigkeit geäußert“, hieß es vom Vorstand.
Mit Fragen der Verhältnismäßigkeit hat die KVBB ohnehin in diesen Tagen zu kämpfen. Etwa nach PNN-Berichten über die Wohnung von Ex-Minister Rainer Speer in einer Immobilie, die die KVBB 1991 gekauft und zum Jahresende verkauft hat. Speers Miete ist für Potsdamer Verhältnisse mit 3,75 Euro pro Quadratmeter für eine Wohnung in bester Lage extrem niedrig. Die KVBB pocht darauf, dass Speer einen alten DDR-Mietvertrag und die Wohnung selbst modernisiert habe. Fraglich ist, ob die KVBB alles getan hat, um die Miete auf die ortsübliche Höhe zu heben. Für entsprechende Wohnungen werden ab 8 Euro Quadratmetermiete in Potsdam verlangt. Das Sozialministerium prüft, ob die KVBB bei der Wohnung das Gebot zum wirtschaftlichen Handeln eingehalten hat. Und der Fall liegt jetzt bei der Staatsanwaltschaft Potsdam. Die prüft für die Aufnahme von Ermittlungen, ob ein Anfangsverdacht auf Untreue vorliegt. Vorerst gegen unbekannt.
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