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Landeshauptstadt: Einmal Erde und zurück

Tomi Ungerers Kinderbuch „Der Mondmann“ ist ein Klassiker. Jetzt wurde es verfilmt – am Samstag war Premiere im Babelsberger Thalia-Kino

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Die Natur des Mondmanns ist kaum zu beschreiben, selbst ein Genie wie Erfinder Bunsen van der Dunkel muss passen. Zwar ein Meter dreiundfünfzig groß, aber das Gewicht! Nullkommanull Kilo! Und „überhaupt kein Herzschlag“, dazu „keine Knochen, keine Organe, keine Gene“ – kurz: „ein Phänomen“.

1966 betrat er erstmals den Boden der Erde, eingeklemmt zwischen Buchdeckeln. Damals brachte der Diogenes-Verlag Tomi Ungerers Bilderbuch „Der Mondmann“ heraus, dessen kleiner Held aus Langeweile per Komet auf die Erde und nach meist unerfreulichen Erlebnissen mit einer Rakete wieder zum Mond reist – drei Jahre vor Apollo 11! Heute ist das Buch ein Klassiker, wurde 2007 als Kurzfilm mit Schauspielern verfilmt und nun im klassischen Zeichentrick für 4,2 Millionen Euro fürs Kino, als deutsch-französisch-irische Koproduktion.

Das mag man kaum glauben, wenn man in Tomi Ungerers Büchlein blättert: die Handlung nur skizziert, kaum Text, noch weniger Dialog. Und daraus kann man 95 Minuten Kinounterhaltung machen? Man kann, das Team um Stephan Schesch, Autor, Produzent und Regisseur in einem, hat es bewiesen.

Wie der Film entstanden ist, erzählte Schesch am Samstagnachmittag den Kindern und Erwachsenen im Saal 1 des Babelsberger Thalia-Kinos. Dort feierte der „Mondmann“ Zweitpremiere, ein paar Stunden nach der ersten Aufführung in Berlin – und fünf Tage vor Kinostart am 14. März. Ein Junge möchte wissen, wie Schesch auf die Idee gekommen war, ausgerechnet diesen Film zu machen. Ganz einfach, sagte der, „der Mondmann war mein Lieblingsbuch, als ich ein Kind war.“ Zwei Jahre habe es gedauert, bis alles fertig war. Am Anfang arbeitete Schesch mit Ungerer am Drehbuch. Ein kleines Bilddetail – Vater und Tochter im Auto – wurde etwa zum roten Faden ausgearbeitet, das Mondmann-feindliche Ensemble aus Militärs, Politikern und Wissenschaftlern zur Figur des weltbeherrschenden Präsidenten verdichtet. Und der gute Doktor Bunsen van der Dunkel, der im Buch zu Fuß gehen muss, bekam auf Anregung Ungerers ein jo-jo-ähnliches Fahrgerät angepasst.

Dann ging es ins Tonstudio. Für den Mondmann hatte er Katharina Thalbach gewinnen können, die ihre Figur mit, wie Schesch umschreibt, „lunarem Akzent“ präsentiert, auch in der englischen und französischen Version. Ulrich Noethen, der auch ins Thalia gekommen war, sprach den Auto fahrenden Vater, Corinna Harfouch dessen tückische Vertraute. Den Erzähler raunte Ungerer persönlich.

Das Storyboard wurde gezeichnet, abgefilmt, mit Stimmen und Musik verbunden, für Schesch die „wesentliche kreative Arbeit“. Die Animation dauerte noch einmal anderthalb Jahre. Schesch hatte in Berlin-Kreuzberg eine Halle gemietet, 200 Zeichner arbeiteten dort. Vorbild blieb das Buch: eine aufs Wesentliche konzentrierte Bilderwelt, die in knappen Dialogen ihr Gegenstück findet. „Total aus der Zeit“ – so beschreibt Schesch den „Mondmann“, dazu „radikal entschleunigt“. In der Tat: Einen zu Louis Armstrongs „Moon River“ auf einem Bach im Mondlicht dahintreibenden Außerirdischen, von Blütenpracht und sich spiegelnden Sternen umschmeichelt – wo sieht man derlei schon? Ein Kinderfilm ist entstanden, an dem auch Erwachsene Freude finden. „Ein wunderbarer Film“, lobt eine Mutter in Babelsberg: „Die DVD ist schon bestellt.“ A. Conrad (mit SCH)

A. Conrad (mit SCH)

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