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Darf packen. Katherina Reiche soll ab September beim Verband kommunaler Unternehmen als neue Hauptgeschäftsführerin anfangen. Wann sie als parlamentarische Staatssekretärin aufhört, ist derzeit noch unklar.

© dpa

Katherina Reiche an der VKU-Spitze: Einstimmige Wahl

Katherina Reiche ist ab 1. September neue Vorkämpferin für kommunale Unternehmen in Deutschland

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Etwas wird sich nicht ändern für Katherina Reiche, der Weg zur Arbeit: Wenn die 41-Jährige mit dem Zug aus dem brandenburgischen Luckenwalde am Berliner Hauptbahnhof ankommt, werden es für sie weiterhin die gewohnten paar Schritte zur Invalidenstraße sein. Dort sitzt, Hausnummer 44, das Bundesverkehrsministerium, wo sie bislang arbeitet. Und die Zentrale des Verbandes der kommunalen Unternehmen Deutschlands (VKU), wo künftig ihr Büro sein wird, befindet sich schräg gegenüber.

Seit Mittwoch ist der umstrittene Wechsel perfekt. Und damit auch das Ende einer für eine junge Ostdeutsche ziemlich einmaligen, rasanten Karriere, die sie in die Bundesregierung führte. Reiche, noch parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, CDU-Bundestagsabgeordnete, 2013 erstmals direkt gewählt im fast zweieinhalb Jahrzehnte „roten Potsdam“, wird neue Hauptgeschäftsführerin des VKU. Dienstbeginn: 1. September.

Erst hatte das Präsidium des VKU und anschließend am Nachmittag der rund 60-köpfige Bundesvorstand aus Stadtwerkechefs und Oberbürgermeistern der ganzen Republik die Personalie bestätigt. Und zwar dem Vernehmen nach einstimmig, trotz oder vielleicht auch wegen der Schlagzeilen der letzten Tage. Offiziell wurde das Ergebnis nicht mitgeteilt und auch nicht, wie viel die neue Cheflobbyistin für 1400 kommunale Stadtwerke, Entsorgungs-, Stadtreinigungs- und Energiefirmen, verdient. Man äußere sich nie zum Gehalt von Mitarbeitern, heißt es beim VKU, wo man trotzdem unglücklich über die Spekulationen um das angebliche Salär ist, das eine Boulevardzeitung in die Welt setzte. Keine Rede könne davon sein, dass es 50 000 Euro im Monat seien, 600 000 Euro im Jahr.

Klar, es gab Vorschusslorbeeren für die Neue, die künftig die Interessen der Firmen der Städte und Gemeinden gegenüber Bund, Ländern und EU vertreten soll. Man freue sich, nach einer „bundesweiten und intensiven Suche“ mit Reiche eine „ausgewiesene Expertin“ gewonnen zu haben, erklärte VKU-Präsident Ivo Gönner. „Es war uns wichtig, jemanden zu finden, der ein klares Verständnis für die Kommunalwirtschaft und unseren gemeinwohlorientierten Auftrag hat.“ Und, so Gönner in der Erklärung, Reiche kenne „sich in der Bandbreite unserer Themen“ aus, von Energie und Wasser bis hin zur Telekommunikation.

Und genau das ließ auch am Mittwoch die Wogen hochschlagen. Denn diese Expertise hat Reiche aus ihren Karrierestationen in der Bundesregierung. Und die verabschiedete fast zeitgleich einen Gesetzentwurf, wonach für ausscheidende Regierungsmitglieder vor einem Wechsel in die Privatwirtschaft künftig eine Karenzzeit gelten soll. Ein Gesetz, das für Reiche nicht mehr greift. Der zuständige Minister, Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), wurde im Bundestag von der Opposition zum Gesetz mehrfach auch zur „Causa Reiche“ befragt. Und er ließ etwa die Frage offen, seit wann die Bundesregierung vom geplanten Seitenwechsel wusste. Er, als für das Gesetz zuständiger Minister, habe davon „vor ein paar Tagen aus der Presse“ erfahren. Auf die Frage, ob es eine Selbstverpflichtung der Bundesregierung gebe, sich schon bis zum Inkrafttreten des Gesetzes daran zu halten, sagte er: Die Mitglieder der Bundesregierung würden sich anständig verhalten. Einige wie die Grünen-Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock hörten da Kritik an Reiche heraus. Baerbock sieht weitere Fragezeichen, etwa, wann Reiche genau ihren Job als parlamentarische Staatssekretärin aufgibt. „Eigentlich kann sie sofort nicht mehr Staatssekretärin sein.“

Aber es gab auch Verständnis für Reiche. So sagte Michael Stübgen, der Chef der brandenburgischen CDU-Landesgruppe im deutschen Bundestag: „Es kommt eben vor, dass jemand für sich eine andere berufliche Perspektive aufmacht und den Bundestag verlässt.“ Das sei eine persönliche Entscheidung. Er bemühte sich, was den Potsdamer Wahlkreis künftig ohne direkt gewählten CDU-Abgeordneten betrifft, um Schadensbegrenzung. Stübgen versicherte, dass einer der anderen acht CDU-Bundestagsabgeordneten Brandenburgs den Wahlkreis künftig betreuen wird. „Wir werden in der Landesgruppe klären, wer das mit übernimmt.“

In der Potsdamer CDU, wo nun ein neuer Kreisvorsitzender gefunden werden muss, herrscht Ruhe vor dem Sturm. Von den drei möglichen Kandidaten, dem Landtagsabgeordneten Steeven Bretz, Stadtfraktionschef Matthias Finken und der in Potsdam-Golm lebenden Landtagsabgeordneten und Mittelmark-Kreischefin Saskia Ludwig warf keiner seinen Hut in den Ring. Noch warten alle gespannt, wie sich Katherina Reiche selbst erklärt, vor der nun schwere Wochen stehen. Ein Spießrutenlauf? In der VKU-Pressemitteilung wurde Reiche mit folgenden Sätzen zitiert: Die Kommunalunternehmen hätten „ein hohes Ansehen in der Bevölkerung“, und: „Ich freue mich auf den 1.September 2015.“

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