Landeshauptstadt: Engel gegen den Suff
Junge Frauen klärten im Waschhaus über die Gefahren von Alkohol am Steuer auf
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Es ist ein obskurer Start für ein Anti-Alkohol-Projekt. Als die vier als blaue Engel verkleidete Mädchen am Mittwochabend beginnen, mit den Waschhaus-Besuchern über die Gefahren von Bier und Schnaps am Steuer zu reden, läuft gerade die Happy-Hour mit besonders günstigen Getränke-Preisen. 23 Uhr ist es da, die Bars sind dicht umlagert. Und vor den Toiletten stehen an einem Tisch die Engel-Mädchen: Leuchtend blaue Haare, weiße Kleidung, goldene Pappmaschee-Flügel auf den Rücken gebunden. Es ist der zweite Termin ihrer diesjährigen Clubtour „Lieber sicher, lieber leben“, die sie ehrenamtlich im Auftrag des Brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur machen. „Jeder in unserem Alter kennt jemand, der schon einmal einen Unfall wegen Alkohol gebaut hat, viele Jugendliche sterben dabei – das wollen wir ändern“, sagt Kathrin Müller, einer der weiblichen Engel.
Ihre Teilnahme bei der Tour ist ehrenamtlich. Neben dem Waschhaus ziehen die Engel durch elf weitere Diskotheken in ganz Brandenburg. Auch die Engagierten kommen aus der gesamten Mark, Kathrin Müller beispielsweise aus Groß Ziethen bei Oranienburg. Die Hauptaufgabe der 24-Jährigen: Jugendliche in den Diskos dazu zu animieren, auf einem Zettel zu schreiben, warum sich Alkohol, Gaspedal und Lenkrad schlecht vertragen. Dazu werden die jungen Leute zusammen mit den Engeln fotografiert. Text und Bild werden im Internet unter www.liebersicher.de veröffentlicht. „Viele, mit denen wir reden, sehen schnell ein, dass es falsch wäre, noch zu fahren“, sagt Kathrin Müller.
Doch nicht jeder im Waschhaus versteht auf Anhieb den Sinn der Aktion. „Gibt“s bei euch Kondome?“, lallt ein junger Mann die Engel in Blau an. „Nicht hauptsächlich“, fasst ihn Kathrin Müller charmant am Arm und führt ihn an den Tisch, damit er seinen Zettel ausfüllen kann. Es gelingt. 40 Standpunkte und Fotos versuchen die Mädchen so pro Abend zusammen zu bekommen.
Doch ist es nicht immer so einfach. Anfangs stört ein grundloser Feueralarm und stetiges Sirenengeheul jedes Gespräch. Dazu sind einige Besucher schon mehr als nur angetrunken, es gibt Verständnisschwierigkeiten. Doch macht das Vivian Schwirtz aus Kleinmachnow – auch sie trägt eines der auffälligen Engelskostüme – nicht besonders viel aus: „Das Schöne an der Aufgabe ist, dass man mit wenigen Worten schon viel erreichen kann.“ Auch sie hat es schon erlebt, wie es ist, bei älteren Freunden mitzufahren, die zu viel getrunken hatten. „In so einer Situation muss man sich einfach trauen, auch einmal ,Nein“ zu sagen“, so Vivian Schwirtz. Noch Stunden nach Mitternacht blinken ihre Flügel golden im Partygetümmel. Henri Kramer
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