Homepage: Ernst, aber nicht hoffnungslos
Diskussion an der Uni Potsdam über drohende Kürzungen
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Mecklenburg-Vorpommern investiert doppelt so viel in seine Studenten als Brandenburg, das seit Jahren bei den Pro-Kopf Ausgaben für seine Hochschulen auf dem letzten Platz liegt. Vor diesem Hintergrund wollte man sich auf einer Veranstaltung des SPD-Wissenschaftsforums an der Uni Potsdam den geplanten Kürzungen von zwölf Millionen Euro im kommenden Landeshaushalt für die Hochschulen nähern.
Als ernst aber nicht hoffnungslos schätzt Oliver Günther, designierter Präsident der Universität Potsdam, die Lage der Universität ein. Durch den Hochschulpakt mit dem Bund würde es gelingen, Defizite im universitären Betrieb wenigstens im kommenden Jahr abzufedern. „Das Problem ist allerdings, dass die Studentenzahlen wegen der doppelten Abiturjahrgänge weiter steigen und die Gelder eigentlich schon für die bisherigen Studenten nicht ausgereicht haben“, erklärte Günther. Investitionen in die Hochschulen würden sich wegen der Qualifizierung von Arbeitskräften und den damit später verbundenen höheren Steuereinnahmen längerfristig auf jeden Fall rechnen.
„Die Hochschulen haben im Landtag einfach keine richtige Lobby“, versuchte Peer Jürgens, der wissenschaftliche Sprecher der Landtagsfraktion „Die Linke“ die von der rot-roten Landesregierung geplanten Kürzungen zu rechtfertigen. Die Hochschullandschaft des Bundeslandes bestünde in ihrer jetzigen Form erst relativ kurze Zeit und sei deshalb noch nicht besonders stark im Parlament vertreten. Jürgens wies auf den Schuldenberg des Bundeslandes von 18 Milliarden Euro hin, der Zinsen von etwa 700 Millionen Euro im Jahr verursache: „Da wird auch die Wissenschaft gefragt, welchen Anteil sie zu den notwendigen Einsparungen leistet“. Zudem könne nach Ansicht von Jürgens auch durchaus über Streichungen wegen Doppelungen von Studiengängen an den verschiedenen Hochschulen Brandenburgs nachgedacht werden. Dem widersprach Günther deutlich. Wenn es BWL, Architektur und Informatik an verschiedenen Standorten gebe, so zeige dies einen entsprechenden Bedarf. Der müsse bei der Finanzierung der Hochschulen berücksichtigt werden.
Auch der Wissenschaftler Andreas Musil bemängelte, dass in der Politik keine realistische Wahrnehmung des Stellenwertes der Hochschulen existiere. „Sollen wir künftig Wolfs- und Bärengatter errichten und damit Einnahmen erzielen?“ fragte der Jurist. Besonders enttäuscht zeigte sich Musil von Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos), die bis Jahresanfang Unipräsidentin war. Sie habe es bisher versäumt, nach ihrem Wechsel ins Ministeramt Positionen zu vertreten, für die sie sich als Präsidentin der Hochschule noch stark gemacht habe. Jura gehört zu den Fächern, die Kürzungen zum Opfer fallen könnten, da das Fach an mehreren Hochschulen des Landes und in Berlin angeboten wird. Musil sagte, dass einige seiner Kollegen schon darüber nachdenken, um einen Ruf an andere Universitäten zu ersuchen.
Dass nicht nur die Studenten, sondern auch der Mittelbau der Uni gebeutelt sei, unterstrich Jürgens: „Viele notwendige Seminare werden von Honorarkräften gehalten, die auf etwa drei bis fünf Euro die Stunde kommen, wenn sie ihren Aufwand berechnen.“ Der Umfang, in dem prekäre Beschäftigungsverhältnisse an der Hochschule gang und gäbe seien, widerspräche zudem dem Hochschulgesetz.
Ein Student fragte schließlich, ob nicht auch über andere Finanzierungsmodelle der Hochschulen nachgedacht werden müsse. Er habe zuvor in Oxford studiert, Studiengebühren und das Einwerben privater Mittel sei dort üblich. Dem widersprachen die Podiumsteilnehmer aber in seltener Einmütigkeit. Die Bevölkerungsstruktur Brandenburgs unterscheide sich erheblich von derjenigen der englischen Grafschaft Oxfordshire. Und eine Hochschule, in der vorwiegend im Interesse von Geldgeldgebern geforscht wird, wünsche hier niemand. Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
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