Homepage: „Es wird kein einfaches Unterfangen werden“
Der neue Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther, über Einsparungen, seine Ziele, Schwächen der Uni und sein neues Büro
Stand:
Herr Günther, wie fühlen Sie sich als künftiger Präsident der Universität Potsdam?
Ich bin persönlich bewegt und beeindruckt von dem Vertrauen, das mir entgegengebracht wurde. Ich freue mich auf eine große Herausforderung, die ich mit den Kolleginnen und Kollegen hier an der Universität aber getrost angehen kann.
Sie treten ein schweres Amt an.
In der Tat, es wird kein einfaches Unterfangen werden. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam die Universität langfristig noch weiter nach vorne bringen können. Es sind hervorragende Kolleginnen und Kollegen vor Ort. An der Hochschule spüre ich einen Geist, der mich optimistisch stimmt, dass sich trotz der schwierigen Finanzsituation noch viel bewegen lässt. Wir werden das Schiff durch schwere Wasser bringen müssen, aber ich bin davon überzeugt, dass wir uns auf bestem Kurs befinden.
Das Wissenschaftsministerium hat durchblicken lassen, dass es nicht viel Spielraum bei den geplanten Kürzungen gibt.
Da muss nun jeder seinen Part übernehmen. Mein Anliegen ist es, die Kürzungen für die Uni Potsdam zu minimieren. Die Gespräche der nächsten Wochen werden zeigen, was da möglich ist. Dass die Ministerin Sabine Kunst kein Geld drucken kann, weiß ich auch. Ich kann es ebenso wenig. Aber man muss mit konkreten Szenarien arbeiten.
Was werden Sie als erstes nach ihrem Amtsantritt machen, Ihr Büro neu einrichten oder einen Brief an die Ministerin schreiben?
Ich möchte natürlich schon vor meinem Amtsantritt mit der Ministerin detaillierte Gespräche führen. Nach Abschluss dieser Verhandlungen muss dann in die Neustrukturierung eingestiegen werden.
Was hat sie an der Präsidentenstelle an der Universität Potsdam gereizt?
In Brandenburg sehe ich große Gestaltungsspielräume. In Potsdam kann es in den nächsten 20 Jahren stark aufwärts, aber auch stark abwärts gehen. Das ist für mich eine reizvolle Herausforderung. Der Berlin-Brandenburger Raum liegt mir sehr am Herzen. Ich möchte gerne meinen kleinen Teil dazu beitragen, diesen Raum weiterzuentwickeln. Und eine starke Uni Potsdam ist für den ganzen Raum eine Bereicherung.
Sie wollen mit der Uni an die Spitze der deutschen Hochschulen.
Das Spitzencluster der zehn bis zwölf starken Forschungsuniversitäten Deutschlands sollte langfristig durchaus eine Perspektive für die Potsdamer Universität sein. Auf jeden Fall darf aber die Potsdamer Uni nicht aus dem zweiten Cluster der rund 40 weiteren forschungsstarken Hochschulen herausfallen. Darunter wird es bald ungemütlich. Die Herausforderung für die Universität Potsdam ist es, sich in diesem zweiten Cluster fest zu positionieren und mittelfristig zu schauen, in welchen Bereichen man ganz nach vorne kommen kann, etwa in der Kognitionswissenschaft und einzelnen Naturwissenschaften. Das Beispiel Konstanz hat es gezeigt, nur etwa halb so groß wie Potsdam ist es dort gelungen, sich in einigen Bereichen international sehr stark zu positionieren, so dass Konstanz Exzellenzuni wurde. Dabei bedarf es natürlich auch der nachhaltigen Unterstützung durch die Landesregierung, aber das ist langfristig auch für Potsdam möglich.
Welche Schwächen sehen Sie an der Uni Potsdam?
Potsdam hat zu wenige Sonderforschungsbereiche, zu wenige Graduiertenkollegs, DFG-Drittmittel sind unterrepräsentiert. Ich werde mir nun schnell Gedanken darüber machen, wie man das ändern kann. Bestimmte Bereiche und Personen müssen stimuliert werden. Hier liegen noch große Potenziale in Potsdam. Auch in den Geisteswissenschaften, etwa den Religionswissenschaften.
Gibt es auch Gefahren, die Sie sehen?
Die Hochschulen des Landes müssen sich die Frage stellen, wie man sich im Wettbewerb um Fördermittel, gute Studierende und Lehrende behaupten kann. Berlin-Brandenburg hat einen großen Standortvorteil, der auch für Potsdam gilt. Aber sich darauf zu verlassen, dass alle hierher kommen wollen, weil es hier so schön ist, wird auf Dauer nicht ausreichen. Man muss schauen, was Potsdam besonders macht, wie man das Renommee noch steigern kann, um noch mehr Exzellenz anzuziehen. Es geht darum, Forschungsstärken weiter auszubauen, die Drittmitteleinwerbung weiter zu erhöhen, das große Potenzial der außeruniversitären Einrichtungen noch stärker zu nutzen.
Sie sind seit 1993 an der Humboldt-Universität, bringen also viele Kontakte aus Berlin mit. Was bedeutet das für die Potsdamer Universität?
Ich bin sicher, wir werden die guten Beziehungen zwischen Potsdam und den Berliner Hochschulen noch weiter vertiefen und erweitern. Als Potsdamer Präsident muss mir dabei allerdings daran gelegen sein, dass Potsdam noch öfter als bisher die Projektleitung übernimmt, denn das ist für die nationale und internationale Sichtbarkeit oft entscheidend.
Sie schauen aber auch stärker in das städtische Umfeld Potsdams.
Die Frage, wie man sich im Potsdamer städtischen Umfeld besser positionieren kann, ist wichtig: Bei der Wahrnehmung von Wissenschaft und Hochschulen gibt es hier noch ein großes Manko. Viele Potsdamer wissen nicht viel über ihre eigene Universität, die Hochschule könnte sich in das starke städtische Umfeld noch viel intensiver einbringen.
Werden Sie in Berlin wohnen bleiben?
Das entscheide ich nicht alleine, daher muss ich mit der Beantwortung dieser Frage noch etwas warten. Auf jeden Fall plane ich, in der Stadt Potsdam sehr präsent zu sein.
Wie schätzen Sie die beabsichtigten Kürzungen des Landes für die Hochschulen ein?
Ich werde der Politik die Konsequenzen von Kürzungen ausbuchstabieren. Das ist der erste Schritt. Die unterschiedlichen Varianten müssen schnell, noch in diesem Jahr, auf den Tisch, und die konkreten Konsequenzen müssen diskutiert werden. Kürzungen hätten kurzfristige wie langfristige Folgen. Weniger Studierende aufzunehmen, wäre für ein Land wie Brandenburg eine krasse Fehlentscheidung. Wichtige Fächer zu beschneiden, wäre ebenso falsch. Mit einem engeren Fächerspektrum hätte die Potsdamer Uni große Probleme, in dem Konzert der 50 großen Unis mitzuspielen und ich kann mir nicht vorstellen, dass Brandenburg sich aus dem Wettbewerb um universitäre Spitzenforschung gänzlich verabschieden will. Wir müssen der Politik die Frage stellen, was sie überhaupt will. Wenn nach einer solchen Diskussion Kürzungen immer noch nicht ausgeschlossen werden können, dann muss besprochen werden, wie damit umgegangen wird. Dabei ist Transparenz wichtig. Dann muss man fragen, wie die Hochschule dem Steuerzahler am besten dienen kann: Was ist in der Lehre von Studierenden wie auch vom Arbeitsmarkt nachgefragt, welcher Bedarf besteht, was hat sich in der Forschung bewährt?
Was halten Sie von Zusammenlegungen von Hochschulen?
Letztlich bringt dies kaum Einsparungen, solange die Anzahl der Studienplätze konstant bleibt. Konkret wäre es beispielsweise eine krasse Fehlentscheidung, alle Studienplätze der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften nach Frankfurt/Oder zu verlagern, es würde keinen großen Spareffekt haben und wäre für Potsdam außerordentlich schädlich. Bei gleicher Studentenanzahl kann man nicht mit weniger Lehrstühlen operieren. Auch eine Absenkung der Studierendenzahlen in Brandenburg wäre höchst problematisch: Das Ziel muss sein, so viel begabte junge Menschen wie möglich ins Land zu holen. Dabei müssen natürlich die Kapazitätsgrenzen der Hochschulen beachtet werden.
Sie werden nun kaum noch Zeit für Forschung und Lehre haben.
Ich sehe das Präsidentenamt als Vollzeitstelle: Es ist klar, dass dies ein Laufbahnschwenk ist. Lehre und Forschung werden mir natürlich fehlen: Wissenschaftliche Sichtbarkeit, die man als erfolgreicher Forscher haben muss, sind so kaum mehr aufrechtzuerhalten. Andere Aufgaben stehen nun im Mittelpunkt, aber das habe ich mir gut überlegt. Ein Hochschulpräsident sollte immer eine 20-Jahres-Perspektive vor Augen haben. Wenn ich das mache, dann schon richtig. Wichtig sind für mich die Fragen, wo will ich in 20 Jahren mit dieser Uni sein, wie kann sie für Brandenburg am meisten leisten.
Sie haben den Studierenden bei Ihrer Vorstellung die Hand ausgestreckt.
Ich bin ein großer Freund der Mitbestimmung. Bei wichtigen Fragen und Konflikten muss der Dialog gesucht werden. Ich bin ein sehr konsensorientierter Mensch, versuche Kompromisse zu finden. Mit Mehrheiten Dinge durchboxen, kann nur das letzte Mittel sein.
An der Universität sind in jüngster Vergangenheit Stasi-Kontakte von Mitarbeitern bekannt geworden. Wie verhalten Sie sich dazu?
Diese Thematik wird uns noch lange beschäftigen, und man wird nicht darum umhin kommen, jeden kritischen Fall zu diskutieren. Wie mir auch meine Erfahrung an der Humboldt-Universität gezeigt hat, ist jeder Fall anders, da kann man nichts über einen Kamm scheren.
Das Gespräch führte Jan Kixmüller
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