Homepage: Filzpantoffeln für Italien
Die FH-Designstudentin Maike Böhme ist Freiberuflerin. Ihre „Puschn“ verkauft sie demnächst sogar in Australien
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Die FH-Designstudentin Maike Böhme ist Freiberuflerin. Ihre „Puschn“ verkauft sie demnächst sogar in Australien Von Marion Hartig Es gibt sie in verschiedenen Farben und Formen. Ein Modell hat ein Loch, da wo gewöhnlich der große Zeh sitzt und heißt „Pedicure“, über „Cocoon“ spinnen sich glänzende Fäden, „Plie“ ist mit einem rosa Samtband verziert, das man hinter dem Fuß zusammenbindet. In Berlin, Stuttgart, Wien, Mailand und demnächst auch in Australien verkauft Maike Böhme ihre Hausschuhe mit dem Label „Puschn“, traditionelle Pantoffeln im Designerlook, die sie einst mit ihrer Kommilitonin Anja Mielke als „neue Interpretation des klassischen Hausschuhs“ quasi aus dem Filz gestampft hat. Die Puschn sind in einem Projekt an der Fachhochschule entstanden. In einem Seminar ging es darum, Manufakturarbeit mit modernem Design zu verbinden. Das war der Anfang von Puschn. Heute ist Maike Böhme Freiberuflerin und produziert Puschn sogar im Großauftrag, 300 Paare für Italien stehen auf ihrer Liste, Paare für Australien und Stuttgart. Daneben arbeitet sie mit bei „Labor 3“, einer Ende 2002 mit zwei Freunden, Produktdesigner Hauke Reiser und Architekt Rico Hecht, gegründeten Potsdamer Designer-Firma. Die Idee kam den Dreien auf einer Party, erzählt Maike Böhme. Eine PR-Firma könnte sich keinen szenigeren Start für ein jungdynamisches Unternehmen ausdenken. Labor 3 richtete sich im Potsdamer Centrum für Technologie (PCT) nahe der Straßenbahn-Endstation Kirschallee eine Werkstatt ein, nahm Aufträge für Modellbau an und entwarf eigene Produkte. Per Mund-zu-Mund-Werbung schaffte sie sich einen kleinen Kundenkreis, einige Auftraggeber hatten die Jungunternehmer aus Projekten im Studium mitgebracht. Im Januar 2004 ging es weiter nach oben auf der Karriereleiter. Labor 3 wurde Teil von „designlab Potsdam“: Fünf junge, eigenständige Designfirmen schlossen sich im PCT zu einer Firma zusammen. „Jede Firma steht für sich und doch sitzen alle in einem Boot“, erklärt Maike Böhme. Aufträge werden intern weitergegeben, man empfiehlt sich gegenseitig beim Kunden, baut an einem gemeinsamen Netzwerk. „Alles Dinge, die sich im Verbund leichter machen lassen“, sagt die Labor-3-Mitarbeiterin. Modellbauer, Corporate-Design-Produzenten, Produkt- und Webdesigner helfen sich gegenseitig zu vermarkten. „Ein Kunde, der das eine braucht, braucht oft auch das andere“, weiß die Labor-3-Frau. Abgerechnet allerdings wird jede einzelne Firma für sich, finanziell wie auch rechtlich bleiben die kleinen Unternehmen autark. Falls die erhofften Synergieeffekte ausbleiben, kann sich Labor 3 auch so ganz gut über Wasser halten, ist sich Maike Böhme sicher. Dass Akquise derzeit ein Problem sei widerlegt Labor 3 und schreibt schwarze Zahlen; schon im letzten Jahr, berichtet die Existenzgründerin. Und 2004 soll es noch besser werden. Wie macht man das eigentlich, als Student Eigenkapital für eine Existenzgründung zusammen zu bekommen? Das Labor-3-Trio hat immerhin 30 bis 40 000 Euro investiert. Sie hat während des Studiums viel gearbeitet, erklärt die Puschn-Frau, und für die Firma Geld „gesammelt“. Einen Kredit musste sie nicht aufnehmen. Die Geräte für die Werkstatt haben die drei günstig ersteigert, die Abluftanlage bei Cargolifter, die Kreissäge über Ebay. In Zukunft wird sich Labor 3 mehr dem Lifestyle-Bereich widmen. Blumenvasen, Aschenbecher und andere Requisiten zum schöner Wohnen denken sich die kreativen Köpfe aus. Angeboten werden sollen die schicken Produkte als Kunsthandwerk. Die Fachhochschule Potsdam hat sie gut auf den Markt vorbereitet, sagt die Puschn-Designerin. In Seminaren hat sie gelernt, wie man Verträge abschließt, wie man Buchführung macht und Rechnungen schreibt. In der Praxis hat sie damit keine Probleme, sagt sie, ihr fällt es nicht schwer mit dem Manufaktur-Besitzer aus Berlin über Honorare zu verhandeln und sie weiß, welche juristischen Schritte sie gehen muss, um nicht gezahlte Rechnungen einzutreiben. Sogar das ist ihr schon passiert, aber zum Schluss glücklicherweise gut ausgegangen, erzählt sie, schließlich sind die Einnahmen für sie existentiell. Und im Notfall leiht ihr die Großmutter etwas Geld. Schon während des Studiums hat Maike Böhme viel gearbeitet. Sie hat immer gewusst, was sie will. Als Praktikantin sammelte sie in London, Singapur und Hongkong Erfahrungen, heute hilft ihr das, sagt sie. Dass man, wenn Aufträge da sind, auch mal eine Nacht durchmachen muss und freie Wochenenden eine Ausnahme sind, stört sie nicht. Dafür nimmt sie sich hin und wieder eine Auszeit und tourt mit dem Rucksack in die Ferne. Bevor sie sich in diesem Jahr auf den Weg machen kann, ist allerdings im Mai noch ihre Diplomprüfung dran. Die Puschn-Sendung nach Italien muss bis dahin schon lange fertig sein.
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