
© Manfred Thomas
Von Alexander Fröhlich: Freybeuter für die Nische
Die Schaustelle für den Landtagsneubau wird heute wieder eröffnet, eine Potsdamer Agentur hat sie neu bestückt
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Spannung bis zum Schluss, Björn Gripinski hatte am Sonntag noch viel zu tun in der Infobox auf dem Alten Markt, Geräte anschließen, noch einmal Ausstellungsstücke putzen. Sein Kollege Stefan Charné arbeitete derweil in der Werkstatt der Agentur Freybeuter noch am Herzstück der Ausstellung. Woran darf nicht verraten werden. Die Spitze des Landestags hat eiserner Stillschweigen angeordnet.
Denn heute eröffnet Landtagspräsident Gunter Fritsch die neue Ausstellung in der Infobox für den Parlamentsneubau auf dem Alten Markt in Potsdam. Die Anfang September geschlossene Schau war noch vom Schloss-Architekten Peter Kulka bestückt. Die neue Ausstellung geht weit darüber hinaus. Besucher können sich über die Geschichte des Standortes, Berichten von Zeitzeugen, die Zerstörung und Sprengung des Stadtschlosses erlebt haben, die architektonische Idee für den Neubau, künftige Nutzung des Gebäudes sowie über die Institution des Brandenburger Landtag informieren. Neu sind auch interaktive Elemente, mit denen sich der Schlossneubau schon mal erkunden lässt.
Dass ausgerechnet die Potsdamer Freybeuter Anfang des Jahres den Zuschlag für diesen Auftrag bekam, überrascht nicht. Die von Charné, Gripinski und Michael Barth gegründete Agentur, alle drei studierten Design an der Fachhochschule Potsdam, ist bei Auftraggebern der öffentlichen Hand angesehen, „wir sind dort zuhause“, sagt Gripinski. Vor allem immer, wenn es auch politisch wird und Wissenschaft im Spiel ist.
Ihre Werkstatt haben sie ruhig gelegen im Künstlerzentrum in der Puschkinallee am Kapellenberg, wo früher die Potsdamer Kreisdienststelle der Staatssicherheit ihren Sitz hatte. Zufall oder nicht - das Thema liegt den drei Gründern der Agentur. 2003 gestaltete sie im früheren Stasi-Gefängnis in der Lindenstraße zum 50. Jahrestag des Volksaufstandes in der DDR vom 17. Juni 1953 die Ausstellung „Freiheit wollen wir!“. Im Jahr 2006 folgte die Dauerausstellung „für die Opfer politischer Gewalt in der Gedenkstätte, vergangenes Jahr gestalteten die Freybeter den Ort zu einem „Haus der Demokratie“. In Brandenburg/Havel erinnern zwölf Gedenkstelen – erstellt von Charné, Gripinski und Barth – an die wechselvolle Geschichte der Stadt im Dritten Reich und in der DDR. Für die Stasi-Unterlagenbehörde konzipierte die Agentur die Schau „Mit tschekistischem Gruße“. Inga Falkenberg, Projektmanagerin bei den Freybeutern, sagt, es sei spannend, solche Themen zu vermitteln. „Wir wollen auch den intellektuellen Input.“ Gripinski sagt: „Wir haben unsere Nische gefunden.“
Nicht alles ist so hoch politisch. Im Projektkatalog der Freybeuter finden sich auch Ausstellungen zur Bewerbung Potsdams im Jahr 2004 als Kulturhauptstadt, das Heimatmuseum auf der Insel Hiddensee, eine Wanderausstellung zum Strafvollzug in Brandenburg, Messestände, Internetseiten, Öko-Autos und Installationen – alles durchweg innovativ und alles, bloß nicht langweilig. Auch auf rund hundert Quadratmetern in der Infobox für den Landtagsneubau. Es sollten eben nicht nur die üblichen Tafeln mit Texten und Bildern sein, so viel darf verraten werden. Die Freybeuter haben einen eigenen, bunten Zugang gefunden, um Politik zu vermitteln, mit dem Landtag auch wie Demokratie in Brandenburg funktioniert.
Die moderne Ausstellung ist auch ein Bruch zu dem, was wenige Meter weiter in der Baugrube auf dem Alten Markt passiert. Im Frühjahr 2013 soll der Landtag dort stehen – in den Fassaden des alten Knobelsdorff’schen Stadtschlosses. Freybeuter Gripinski hält sich diplomatisch zurück, hier geht es schließlich um seine Auftraggeber. „Mir fehlt zeitgenössische Architektur in Potsdam. Ich hoffe, dass das neue Zentrum mit Leben und angemessen genutzt werden kann.“
Übrigens hat der Name der Agentur keinen tieferen Sinn. Freybeuter, bis ins 19. Jahrhundert auf den Weltmeeren in Staatsauftrag auf Karperfahrt unterwegs, sind die Gründer nicht. Einer von ihnen hat aber ein Boot, dazu ein Faible für Piraten. Und Freybeuter, diesen Namen merkt man sich.
Das Video wurde uns freundlicherweise von PotsdamTV zur Verfügung gestellt.
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