Landeshauptstadt: Friedenssucher
Junge Israelis und Palästinenser in Potsdam
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Wie hat es Deutschland geschafft, innerhalb von nur 60 Jahren zu erreichen, dass seine Menschen trotz der Erinnerung an den Holocaust in der Welt wieder angesehen sind? Es sind solche tiefschürfenden Fragen, die Potsdams Kämmerer Burkhard Exner am gestrigen Vormittag beantworten muss. Die Fragen sind recht überraschend im Vergleich zu manch anderen Protokollterminen in der Vergangenheit, zu denen sich Lokalpolitiker mit Jugendlichen im Stadthaus trafen und sich nicht viel zu sagen hatten. Doch die rund 20 Jugendlichen vor Exner sind auf Kommunikation aus: Sie sind Teilnehmer des „Melting Frontiers“-Projekts des Vereins „Jugend bewegt Europa“, bei dem sich noch bis zum 8. März Jugendliche aus der Türkei, Israel, Palästina und Deutschland in Potsdam einander verstehen lernen sollen.
Die Ursache für die Beliebtheit des Landes ließe sich nicht erklären, sagt Exner, dafür gäbe es viele Gründe. Aus Potsdamer Sicht beschreibt er die Wichtigkeit von Toleranz: „Hier hat man mit dem berühmten historischen Edikt schon früh die Kraft des Anderen entdeckt“. Deswegen fände er auch solche Projekte wichtig, durch die sich junge Leute aus verfeindeten Ländern auf neutralem Boden treffen könnten. „In der Jugend liegt die Hoffnung“, so Exner auf Englisch.
Lio Gilady hört dem Bürgermeister aufmerksam zu. Der 18-Jährige ist zum ersten Mal in Potsdam, stammt aus Israel. Viel sagen kann er noch nicht, weil das Projekt gerade erst begonnen hat. „Ich hoffe natürlich, dass sich hier Probleme lösen lassen“, sagt der Junge und erzählt vom Leben in seiner Heimat, von dem Konflikt mit den Palästinensern, von Selbstmordattentätern. „Die Palästinenser müssen unseren Staat endlich akzeptieren.“ Deswegen hofft er gerade hier auf den Austausch mit den Palästinensern. „Ich möchte Frieden in der Welt, wie wohl alle Menschen.“
Solche Sätze dürften Sven Hätscher gefallen. Er ist Betreuer der Jugendlichen. Sein „Jugend bewegt Europa“-Verein organisiert seit 2003 solche Zusammenkünfte. „Allerdings waren noch nie so viele Nationen wie jetzt dabei“, sagt Hätscher. Die Arbeit konzentriere sich darauf, die wichtigsten europäischen Gedanken weiterzutragen – Menschenwürde, Demokratie. Erfreut zeigt er plötzlich zum Fenster des Raums. Dort stehen ein Junge und ein Mädchen zusammen, werden mit einem Handy fotografiert. Sie ist Israelin, er Palästinenser.
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