Wie ein Reisender Potsdam im Jahr 1749 beschrieb: „Gantz besonders niedlich gebauet“
Eine Online-Edition der Schlösserstiftung widmet sich Samuel Borchwards Reise im Jahre 1749 nach Potsdam und Sanssouci. Der Reisebericht liefert spannende Einblicke und ist nun frei zugänglich.
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Potsdam - Friedrich der Große ging spät zu Bett und stand früh auf. „Er schläfft selten über 4 Stunden.“ So notierte es vor mehr als 250 Jahren Ernst Samuel Jacob Borchward, Resident des Markgrafen zu Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth am preußischen Hof. Um Mitternacht lege sich der Monarch schlafen, gleichwohl stehe er „sehr frühe wieder auf“. Alsdann werde in Landesangelegenheiten bis zehn oder elf Uhr gearbeitet, „worauf die Parade innerhalb der Stadt vor sich geht, der endlich das Mittags-Mahl folgt“. Am Nachmittag lese und studiere der König oder er lasse sich etwas vorlesen, am Abend „ist Concert, und als dann gehet man zur Taffel. Nach der Taffel wird discourirt oder 1 Stunde wieder gelesen“.
Als Schloss Sanssouci noch ein Neubau war
Borchward, als Resident seines Markgrafen am Hof in Berlin so etwas wie ein Vertreter der fränkischen Nebenlinien des Hauses Hohenzollern, besuchte am 4. Mai 1749 die Residenzstadt Potsdam. Gerade einmal zwei Jahre zuvor hatte sich hier Friedrich II. seine Sommerfrische erbauen lassen: Das Schloss Sanssouci, 1747 eingeweiht, war quasi noch ein Neubau, als Borchward Park und Schloss besuchte. Die schriftlichen Aufzeichnungen seiner Potsdam-Tour haben sich als Abschrift erhalten. Erst vor wenigen Jahren wurden die Papiere im Bayerischen Staatsarchiv Bamberg entdeckt.
„Dieser Quellenfund war natürlich ganz großartig“, sagt Kunsthistoriker Carsten Dilba, der bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten als wissenschaftlicher Redakteur arbeitet. Borchwards Aufzeichnungen von seinem Tagesausflug nach Potsdam seien die ältesten bekannten Beschreibungen vom Innern des Sommerschlosses. „Das Tolle ist, dass Borchward durch alle Räume geführt wurde“, erläutert Dilba begeistert. In den bisher bekannten historischen Inventarlisten, so der Kunsthistoriker, würden das Schloss und seine Einrichtung „nicht so lebhaft beschrieben“, wie es Borchward getan habe.
Spannende Einblicke in Borchwards Reise
Zum großen Friedrich-Jubiläum im Jahre 2012, als der 300. Geburtstag des berühmtesten aller Preußenkönige gefeiert wurde, hatte die Schlösserstiftung Borchwards Reiseaufzeichnungen als Buch herausgegeben. In diesem Jahr folgte eine Online-Edition, die im Internet frei zugänglich ist und spannende Einblicke in Borchwards Reise gibt. Überdies finden sich in der Online-Edition begleitende Aufsätze, die – ebenso wie der Bildteil – gegenüber der Buchausgabe erweitert worden sind. Als sehr praktisch bei der Benutzung der Onlineausgabe erweist sich die Mouseover-Funktion, die es ermöglicht, die umfänglichen und oftmals für das tiefere Verständnis sehr hilfreichen Fußnoten direkt neben dem Text der Transkription anzuzeigen.
Borchward beschreibt Friedrichs Sommerschloss als „gantz besonders niedlich gebauet und angelegt“. Einige Zeilen später gerät er geradezu in Verzückung über die Schönheit der Rokokoresidenz: Er wisse kaum, wo er „nur bey dem Uberfluß des Schönen“ eigentlich mit der Beschreibung anfangen solle. Und dann beschreibt Borchward doch quasi Raum für Raum, was er in Friedrichs Schloss gesehen hat. In der Online-Edition, die in Kooperation mit der Plattform perspectivia.net entstanden ist, sind zu den Beschreibungen Borchwards Fotos vom Innern der Sommerresidenz hinzugefügt worden. So werden die Beschreibungen des Reisenden aus dem 18. Jahrhundert zu einem wahrhaft virtuellen Vergnügen. Der vom Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff erschaffene Schlossbau tritt auf diese Weise vor des Lesers Auge.
Noch niedrige Pflanzen im Park Sanssouci
Über die Literatur Friedrichs des Großen in dessen Bibliothek schreibt Borchward: Die „Bücher waren meist in rothem Leder, mit vergoldeten Zierathen, und einem gelben Titel gebunden, und in philosophische, historische, poetische und vermischte Wercke eingetheilet. Es sind lauter frantzösische englische und italiänische Wercke.“ Schriften in lateinischer oder deutscher Sprache suche man vergebens. Der König parlierte bekanntlich auf Französisch. Deutsch mochte er nicht sonderlich.
Auch den Park um das Schloss herum hat Borchward in seinen Reisebeschreibungen festgehalten. Ein kolorierter Kupferstich von Georg Balthasar Probst aus der zweiten Hälfte der 1740er-Jahre – also genau zu der Zeit, als Borchward den Park Sanssouci besuchte – zeigt, wie niedrig die Bepflanzungen um das Schloss herum damals noch waren. Die mächtigen Parkbäume, wie wir sie heute kennen, hat Friedrich so nie gesehen.
Auf seiner Tagestour hatte Borchward, der 1717 in Berlin geboren wurde, auch das Potsdamer Stadtschloss besucht. Seine Beschreibungen hierüber sind in der Online-Edition ebenfalls enthalten. Er habe, so Borchward, zuvor schon Potsdam „öffters besucht“. Vielleicht findet sich in irgendeinem Archiv ja noch manch bislang unbekannte weitere Potsdam-Beschreibung vom 1776 in Berlin verstorbenen markgräflichen Residenten.
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